Umgehung: Veitsbronn sagt Nein

28.5.2019, 06:00 Uhr
Umgehung: Veitsbronn sagt Nein

© Horst Linke

Nein, 2019 gibt es kein Déjà-vu: Weder haben sich die Veitsbronner für die Umgehungsstraße ausgesprochen, noch ist das Ergebnis auch nur annähernd so knapp wie vor 21 Jahren, als die Bürger in der gleichen Sache schon einmal zu den Urnen gerufen wurden und die Befürworter der Straße am Ende gerade einmal einen Vorsprung von 31 Stimmen ins Ziel brachten.

Am Sonntag war alles anders: 69,06 Prozent der Wahlbeteiligten sprachen sich dafür aus, die Planungen für das Millionen-Projekt nicht fortzusetzen, 30,94 Prozent hätten die Umgehung gerne gehabt. Ein klares Ergebnis, das die Wahlbeteiligung noch untermauert. Sie lag bei 69,04 Prozent – und das kam nicht überraschend. Denn, dass das Thema den Ort umtreibt, hatte sich bereits Anfang Mai in einer Informationsveranstaltung der Gemeinde gezeigt.

Bürgermeister Marco Kistner (CSU) war vom Ergebnis jedenfalls nicht überrascht, durchaus aber von dem klaren Ergebnis. "Ich hätte es etwas knapper erwartet", sagte er gegenüber unserer Redaktion. Absehbar war für ihn, das habe sich aus Diskussionen und Gesprächen in den Wochen und Tagen vorher herauskristallisiert, dass die Bürger das Vorhaben mehrheitlich ablehnen würden. Projekte dieser Art seien derzeit nicht gerade in Mode. Positiv bewertet der Rathauschef den großen Abstand zwischen Nein- und Ja-Stimmen. "Denn damit ist der deutliche Wille ausgedrückt, dass die Straße so nicht kommen soll."

Mit der Umgehung, durch die Siegelsdorf und Teile des Kernorts entlastet, Bernbach und Kagenhof aber belastet worden wären, hätte Veitsbronn, wie bereits berichtet, finanziell eine große Last stemmen müssen. Geschätzt 31 Millionen Euro waren für die rund 3,7 Kilometer lange Straße veranschlagt, die südlich des Bahndamms von Bernbach nach Siegelsdorf und weiter unter der Gleistrasse hindurch an Kagenhof vorbei über den Zenngrund hinauf zur sogenannten "Birnbaum-Kreuzung" führen sollte. Zugrunde gelegt waren dabei aber die Baupreise von 2018/2019, Steigerungen also noch nicht mit eingepreist. Mit rund 50 Prozent an Zuschüssen rechnete die Gemeinde zwar, dennoch hätte sich ihre finanzielle Beinfreiheit künftig deutlich eingeschränkt.

Für die Wählergemeinschaft Bürger Handeln (WBH) steht nach dem Votum fest: "Für die betroffenen Anwohner der Seukendorfer und Fürther Straße ist die Ablehnung natürlich eine herbe Enttäuschung. Wir müssen jetzt alles daran setzen", so Gemeinderat Wolf Dieter Hauck, "die von der WBH vorgeschlagenen Maßnahmen zur Entlastung der Ortskerne schnellstens anzugehen." Mittelfristig setzt die WBH darauf, dass die Elektromobilität die Lärm- und Abgasemissionen stark verringern wird. Es müsse aber auch der Individualverkehr reduziert werden. In der Entscheidung der Bürger erkennt Hauck "gleichermaßen die Chance umzudenken, wie auch den Auftrag, eine umweltfreundliche und nachhaltige Mobilität zu gestalten".

Jörg Lehnberger (SPD) hat das Ergebnis des Bürgerentscheids aus der Seele gesprochen. Ihn überraschte weder der Ausgang des Votums noch der große Abstand zwischen Gegnern und Befürwortern. "Ich hätte es noch deutlicher erwartet", sagt der Fraktionssprecher seiner Partei im Gemeinderat. Und was nun? Lehnberger hat sich schon Gedanken gemacht. Ihm schwebt ein kamera- bzw. schwellengesteuertes Verkehrsleitsystem vor, das in der Seukendorfer, Langenzenner und Fürther Straße den Verkehrsfluss geschmeidig halten soll.

Damit ist er nicht so weit entfernt vom Bürgermeister. "Uns kann die Belastung der Bürger nicht egal sein, wir dürfen sie nicht allein lassen", sagt Kistner und will deshalb das Gespräch mit dem Staatlichen Bauamt Nürnberg suchen. Im Fokus steht für ihn die Ampelanlage in Siegelsdorf, die freilich komplett ersetzt werden müsste, um der Forderung nach einer intelligenteren Verkehrssteuerung nachkommen zu können.

Die Umgehung Veitsbronn ist das dritte Straßenbauprojekt dieser Art, das in jüngster Zeit im Landkreis Fürth gescheitert ist: Im April 2016 hatten die Cadolzburger ebenfalls per Bürgerentscheid eine Umfahrung mit 69,17 Prozent abgeschmettert. Im Großhabersdorfer Ortsteil Vincenzenbronn war die geplante Umgehung ebenfalls sehr umstritten. Hier sorgten aber nicht die Bürger, sondern verschärfte Rahmenbedingungen in Sachen Natur- und Artenschutz – konkret das Vorkommen von Fledermaus und Zauneidechse – im Juni vergangenen Jahres für das Aus des Projektes im Bibertgrund.

Ein Jahr ist der Veitsbronner Gemeinderat nun an das Votum der Bürger gebunden. Kistner kann sich aber nicht vorstellen, "dass jemand in absehbarer Zeit die Straße wieder aufgreift". Für ihn steht jedenfalls fest: "Ich werde da nichts forcieren."

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