Von Sibirien nach Veitsbronn: Eine robuste Frau wird 100

8.5.2019, 10:10 Uhr
Von Sibirien nach Veitsbronn: Eine robuste Frau wird 100

© Foto: Marion André

Ein dickes Fotoalbum liegt auf dem Tisch. Familie Wunder und die anderen Gäste erzählen aus dem bewegten Leben einer Jubilarin, die selbst nicht spricht. Denn seit einer Erkrankung im Kindesalter ist das Geburtstagskind taubstumm.

Anna Wunder kam vor 100 Jahren als Anna Welikanowa im sibirischen Bijsk im Altai-Gebirge zur Welt. Politische Unruhen im Land zwangen die junge Frau mit Eltern und Geschwistern zur Übersiedlung nach Kasachstan, wo sie ihrem späteren Ehemann, dem Deutschen Heinrich Wunder, begegnete. Ebenfalls taubstumm, war der junge Mann durch den Besuch einer Gehörlosenschule zum vielseitig interessierten Allround-Handwerker und Fotografen geworden. Mit viel Einsatz baute sich das Paar nach dem Krieg eine Existenz für die sechsköpfige Familie auf.

"Sie ist eine robuste Frau"

Anna arbeitete viel, sie wurde Schneiderin, nähte im Krieg warme Mäntel für Offiziere und kümmerte sich um Kinder, Haus und Garten. "Sie ist eine robuste Frau", beschreibt Sohn Alexander seine Mutter, "immer sehr gerecht mit uns Kindern und auch mit den Enkeln."

Die Verständigung innerhalb der Familie habe übrigens immer gut geklappt, man kommunizierte mit Gebärdensprache und las von den Lippen ab. Später wurden die Treffen der Gehörlosen-Vereinigung zur festen Größe im Leben des Ehepaares Wunder.

Vor rund 30 Jahren wagte die Familie noch einmal einen Neubeginn: in Deutschland. Von vier Kindern der Wunders leben Sohn Alexander, drei Enkel und fünf Urenkel in der näheren Umgebung, die meisten aber noch in Sibirien und Kasachstan.

Selbstständig bis ins hohe Alter

Nach dem Tod ihres Ehemannes vor 20 Jahren führte Anna noch bis vor kurzem selbstständig ihren kleinen Haushalt in Nürnberg. "Der liebe Gott hat sie in ihrem Leben immer beschützt", kommentiert Enkelin Natalie das turbulente und oft entbehrungsreiche Leben ihrer Großmutter. Jetzt ist Familie Wunder dankbar, dass die Oma im Veitsbronner Alten- und Pflegeheim ein neues Zuhause gefunden hat und dort gut betreut wird.

Veitsbronns Bürgermeister Marco Kistner überbrachte der zweitältesten Bürgerin der Gemeinde die besten Grüße, Blumen, ein Geschenk sowie eine Urkunde mit der Unterschrift des Ministerpräsidenten Markus Söder.

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