Vor 25 Jahren: Die US-Armee zieht sich aus Fürth zurück

19.12.2020, 06:00 Uhr
Vor 25 Jahren: Die US-Armee zieht sich aus Fürth zurück

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Es war ein unangenehm feuchtkalter Winternachmittag, Nieselregen fiel, die Temperatur lag knapp über dem Gefrierpunkt – nicht gerade anheimelnde Bedingungen für den historischen Akt, den es an diesem 19. Dezember des Jahres 1995 auf dem Exerzierplatz der William-O.-Darby-Kaserne in der Südstadt zu begehen galt.

Das Sternenbanner wurde hier zum letzten Mal eingeholt, Fürths damaligem Oberbürgermeister Uwe Lichtenberg ein symbolischer Schlüssel für die Liegenschaften übergeben – nach 50 Jahren endete damit die Präsenz der US-Armee in Fürth.

Vor 25 Jahren: Die US-Armee zieht sich aus Fürth zurück

© Foto: Dietmar Bruckner

Von "zwiespältigen Gefühlen" sprach der OB, reichlich Wehmut schwang mit, als US-Brigadegeneral George Harmeyer den Verlust vieler Verbindungen bedauerte: "Wir werden die Möglichkeit vermissen, hier leben und arbeiten zu können." In der Spitze waren 20 000 US-Soldaten in Fürth stationiert, sie prägten mit ihrer Infrastruktur, darunter Kino, eigene Wohnviertel und Einkaufsmärkte, Stadtbild und Alltag mit. Durchaus hoffnungsvoll wählte Harmeyer als Abschiedsformel ein "Auf Wiedersehen".

Heute erstreckt sich dort, wo vor 25 Jahren die Abschiedszeremonie über die Bühne ging, der schmucke Südstadtpark, kaum jemand verschwendet hier noch einen Gedanken an Besatzung, Militär oder gar Krieg: Eine Musikschule gibt den Ton an, eine Hochschule ebnet jungen Menschen den Weg, Väter kicken mit ihren Kindern, Familien lassen sich in der warmen Jahreszeit zu Picknick oder Sonnenbad nieder. "Make love, not war" – der Hippie-Wunsch der 60er Jahre scheint hier sich hier zu erfüllen.


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Das ehemals deutsche und später amerikanische Kasernenareal ist mit seinen zahlreichen Wohnungen in Armeegebäuden und dem bewusst weitläufig gestalteten Park ein Paradebeispiel für gelungene Konversion, wie man die Nutzung von Militärflächen für zivile Zwecke nennt. Das vielleicht strahlendste, aber beileibe nicht das einzige in Fürth.

Die Konversion war ein Kraftakt, unter dem die Kleeblattstadt oft ächzte und der sie zeitweise zu überfordern drohte, aber natürlich auch eine Jahrhundertchance für die Stadtentwicklung; sie wurde schlussendlich weidlich genutzt: 270 Hektar Militärflächen, das sind fast 400 Fußballfelder, standen Fürth auf einen Schlag zur Verfügung – ein gewaltiges Potenzial.

Wohnen und Gewerbe

In der Kalb-Siedlung und in der Dambacher Offizierssiedlung wurden über tausend neue Wohneinheiten geschaffen, in den beiden anderen Kasernen, den Monteith-Barracks bei Atzenhof und den Johnson-Barracks tief im Fürther Süden, entstand eine Mischung aus Wohnen und Gewerbe. In die High School an der Fronmüllerstraße zog die Hans-Böckler-Schule ein, daneben die Volksbücherei; im US-Einkaufszentrum an der Waldstraße ist heute ein Mix aus Shopping und Gastronomie zu finden.

Das Stöbern in historischen Aufnahmen, von denen einige auf dieser Seite zu sehen sind, wird zur Reise in eine Zeit, die gerade Jüngere zum Staunen bringt: Panzer auf den Straßen, ein Wachturm in der Kaserne, Soldaten beim Spaziergang im Stadtpark, ein DJ in Militärkluft am Mischpult und, auch das gehört zur Wahrheit, immer wieder mal betrunken randalierende GIs in Kneipen – das alles gab’s in Fürth?

Ja, das gab’s in Fürth – bis zu jenem nasskalten Nachmittag am 19. Dezember vor 25 Jahren.

 

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