Vorwurf: Zensurversuch im Langenzenner Rathaus

23.11.2019, 16:00 Uhr
Vorwurf: Zensurversuch im Langenzenner Rathaus

© Anestis Aslanidis

Nach zum Teil heftiger Kritik aus den Parteien ist der Beschluss nun vorgestern Abend in der Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses entscheidend entschärft worden.

Der Bürgermeister hatte zu Beginn der Diskussion vor einigen Monaten die Position vertreten, jedwede politische Äußerung bedürfe eines Plazets der Stadträte, berichten Mitglieder des Seniorenrats. In der Vollversammlung des Seniorengremiums am 14. November präzisierte Habel seine Meinung dahingehend, dass speziell Veröffentlichungen zu Langenzenner Themen im Mitteilungsblatt der Stadt zuvor abgesegnet werden müssten.

Dem widersprach Hans Klinner, der Vorsitzende des Seniorenrats, schon in der Vollversammlung entschieden. Tenor: Gerade lokalpolitische Fragen stünden auf der Tagesordnung der Seniorenvertretung naturgemäß ganz oben. Jeder Zensurversuch werde entschieden bekämpft. Dieser zeitraubende Konflikt behindere und lähme die Arbeit des Seniorengremiums nun bereits seit vier Monaten.

Eigenständige Meinungsäußerung

Vorwurf: Zensurversuch im Langenzenner Rathaus

© Foto: privat

In die Sitzung des Verwaltungsausschusses im Rathaus brachte Klinner jetzt einen eigenen Beschlussvorschlag ein: "Seniorenpolitische Verlautbarungen des Seniorenrates der Stadt Langenzenn unterliegen keinerlei Zensur der Stadt und sind als eigenständige Meinungsäußerung jederzeit möglich und als solche zu kennzeichnen."

Doch diese Alternative wurde gar nicht mehr diskutiert. Bürgermeister Habel wies den Zensurvorwurf zurück, rückte aber von der Maximalforderung ab, politische Meinungsäußerungen würden der Genehmigung des Stadtrats bedürfen. Der Beschlusstext der Stadtverwaltung lautete nun: "Der Verwaltungsausschuss beschließt, dass der Seniorenrat auf eigene Kosten eine Veröffentlichung mit den fachlichen Ergänzungen der Verwaltung durchführen darf. Die Veröffentlichung muss die klare Kennzeichnung enthalten, dass es sich um eine Veröffentlichung des Seniorenrats und nicht der Stadt Langenzenn handelt."

Der Seniorenrat sei eine Einrichtung der Stadt, so die Einschätzung der Rathausverwaltung; jeweils eine Seite im Mitteilungsblatt steht der Seniorenvertretung kostenlos zur Verfügung, presserechtlich ist der Erste Bürgermeister verantwortlich. Im konkreten Fall will der Seniorenrat einen vierseitigen Flyer beilegen mit seinen "Erwartungen an die Kommunalwahl 2020 — Mittendrin statt nur am Rand" (über das Papier berichteten die FN bereits im April). Er werde dafür nicht mit seinem Namen geradestehen, so Habel.

Der Seniorenrat reagierte empört: Eine Zensur oder Genehmigung durch den Stadtrat schränke die Interessenvertretung in ihrer Meinungsfreiheit ein und behindere ihre Arbeit. Man betrachte den Zwist als groben Verstoß gegen die freie Meinungsäußerung. Die Kosten für das Beilegen des Papiers in Höhe von 520 Euro werden nun aus Spendengeldern finanziert, sagt Klinner.

CSU-Fraktionschef Manfred Durlak nahm in der Ausschuss-Sitzung die Schärfe aus der Debatte, indem er beantragte, im Beschluss auch komplett zu streichen, dass das Rathaus eine Meinungsäußerung des Seniorenrats "mit fachlichen Ergänzungen" garnieren darf. Stefan Spano (SPD) sah das genauso, denn "Umgestaltung jeglicher Form ist Zensur, und Zensur ist nicht statthaft".

Grünen-Fraktionschefin Margit Ritter forderte, auch den Passus "auf eigene Kosten" zu streichen; Kommentare der Stadt hätten zu unterbleiben, sonst handle es sich um Zensur. Auch Markus Vogel (FDP) befürwortete die "freie Meinung" und lobte den seniorenpolitischen Leitfaden im Papier des Seniorenrats. Zweiter Bürgermeister Erich Ammon (Freie Wähler) würdigte die Arbeit des Seniorenrats; mit dem nun abgefassten Beschluss könnten alle gut leben.

Bürgermeister Habel hatte auch mit Verweis auf einen schweren Rüffel, den er vor sechs Jahren kassiert hatte, vor einer Verletzung der Neutralitätspflicht der Stadt und ihrer Organe gewarnt. Damals hatte die Kreistagswahl wiederholt werden müssen. 

Keine Kommentare