„Wennsd was brauchsd, gehsd zum Götz“

3.3.2011, 09:00 Uhr
„Wennsd was brauchsd, gehsd zum Götz“

© Edgar Pfrogner

Es soll Menschen geben, die diese Schaufenster nie betrachten. Dabei haben die so viel zu zeigen, dass es mitunter eng wird darin: Lampen, die stehen; Lampen, die hängen; Stapel von Kartons mit Elektrokleingerät und, auch Anfang März, daumengroße Christbäumchen und Lagerfeuerchen für heimelige Weihnachtskrippen. Dass einem Irrtum aufsitzt, wer glaubt, Krippenschmuck habe im Frühjahr keine Saison, ist im Laden zu erfahren. „Das Krippenzeug“, versichert Dieter Mund im Brustton der Überzeugung, „das geht immer.“

Der 57-Jährige muss es wissen, er ist lang genug im Geschäft, auch wenn der Laden, den er mit Ehefrau Jutta (53) betreibt, noch länger läuft. Firmengründer war ein gewisser Georg Götz. Elektro-, Gas- und Wasserinstallationen bot er an, in der Schwabacher/Höhe Marienstraße. Es war das Jahr 1917, die Zeit der Gaslaternen, deshalb hieß der Laden wohl nicht von Anfang an ,Elektro Götz‘, meint Mund. Zwei Umzüge folgten, in die Schwabacher Straße 34 (heute: Vodafone), und 1960 — Inhaber war nun Dieter Munds Vater, der Elektromeister Hans Mund — ums Eck in die Mathildenstraße. 1973 starb Hans Mund. Als angehender Elektromeister übernahm sein Sohn den Laden — und den Namen Götz. „Denn der war damals schon ein Begriff in Fürth.“

Mund sagt eigentlich nicht Fürth, er sagt Fädd. Wenn er aber in schönster Mundart erklärt, dass in seiner Branche die „Leuchdn in die Lambm kommt“ und schelmisch grinsend hinzufügt, dass „fürn Fädder die Leuchdn halt immer a Lambm“ bleibt, wird klar: Mund ist tief verwurzelt in seiner Stadt, und verwurzelt ist auch das Geschäft. Samt Schaufenstern. „Der Kunde“, meint Mund, „muss sehng, was mir ham. Täten wir da a anzigs Trumm neistelln und mords beleuchdn, der Kunde wär’ verschreckt.“

Während seine Frau im Laden immer neue Kunden bedient, fummelt Dieter Mund hinten in der Werkstatt ein Kabel in eine Hängelampe hinein. Eine Verlängerung, Altbau. Der abgewetzte Tisch dient als Schreibtisch und als Werkbank. Ringsum in den Regalen stapeln sich hoch hinauf, bis unter die Decke, teils vergilbte Schachteln. Was drin ist, steht handgeschrieben drauf: Tulpenstecker, Winkelstecker, Gummistecker. Mund blickt auf. „Die Leut’ song: ,Wennsd was brauchsd, gehsd zum Götz, der machd a Schachtel auf und find’ scho wos.’ Und mir sin’ die Götz.“

Und die sehnen die vieldiskutierten blühenden Einkaufstempel City-Center und Breitscheidstraße herbei. Denn: Der Umsatz geht zurück, sagt Mund, der Laden lebt vom Handwerksbetrieb, von den Reparaturen und Installationen. Obwohl Menschen wie Anni Wild genau wissen, was sie an „ihrem Götz“ haben. Gestützt auf einen Gehstock, betritt die zierliche 89-Jährige das Geschäft, schmettert ein überraschend kraftvolles „Grüß Gott, Frau Mund“ in den Raum und klagt sogleich: „Ich brauch a neue Lampe über Herd und Spüle, Frau Mund. Für das Rumgekraxel beim Birnwechsel bin ich zu alt, und bittschön, wenn’s was hätten, dass ich zum Ein- und Ausschalten net immer mit’m Kochlöffel nauflangen muss...“ Jutta Mund, eigentlich gelernte Schuhverkäuferin, nickt, grübelt kurz, greift hierhin, dorthin, und hat schon die Lösung in der Hand: einen Zweifachstrahler. Nur, sagt sie: „Da müsst’ mer halt a Löchle neibohrn, für’n Zugschalter. Und damit Sie die Schnur erwischen“, fügt sie hinzu und nimmt die zarte Dame augenzwinkernd in den Arm, „häkel mer halt a Verlängerung.“ Anni Wilds besorgte Miene ist wie weggeblasen. „Jawoll, so mach mer des“, ruft sie kichernd. „Und der liebe Mann, der macht’s mir dann wieder auf? Ach, Frau Mund, Sie wissen ja nicht, wie glücklich ich bin...“