Wie viele Sozialwohnungen braucht Fürth?

21.1.2019, 06:00 Uhr
Wie viele Sozialwohnungen braucht Fürth?

© Foto: Anestis Aslanidis

Erstmals lagen den Stadträten belastbare Zahlen vor. Die Grünen hatten sie vom Sozialreferat angefordert. "Wir wollten eine konkrete Datengrundlage und nicht weiter im Nebel stochern", lässt die Fraktion wissen. Demnach gibt es in Fürth derzeit 2200 Sozialwohnungen, für die dank staatlicher Förderung besonders günstige Mieten zu gelten haben. Im Jahr 2010 waren es noch 2597.

Zwar wurden seitdem rund 136 neue Sozialwohnungen gebaut, allerdings fielen im selben Zeitraum 528 bestehende aus der sogenannten Mietpreisbindung. Diese ist grundsätzlich befristet, läuft sie aus, dürfen Eigentümer theoretisch marktübliche Mieten verlangen.

Die Zahlen nennen die Grünen "besorgniserregend", zumal sich der Bestand in den kommenden zehn Jahren um weitere 810 Wohnungen verringern wird. Der "Handlungsbedarf" sei deshalb "unübersehbar". Weil der freie Markt das Problem offenbar nicht lösen könne oder wolle, müsse das Rathaus den Bauträgern eben "bauplanungsrechtliche Vorgaben" machen – so wie andere Städte auch, darunter Erlangen und Nürnberg. Schon 2017 hatten die Grünen für Fürth gefordert: Wenn ein Bauprojekt mindestens 24 Geschosswohnungen hat, müsse eine Quote von wenigstens 25 Prozent der Flächen für Sozialwohnungen reserviert bleiben.

Die hiesige SPD, allen voran Oberbürgermeister Thomas Jung, lehnt das ab. Der Bedarf sei nicht so groß, wie manche glauben. Viel drängender sei es, günstigen Wohnraum für diejenigen zu schaffen, die zwar ebenfalls einen schmalen Geldbeutel, aber kein Anrecht auf eine Sozialwohnung haben.

Auch Jung untermauerte seine Position mit Daten. So habe sich die Zahl derer, die mit amtlichem Berechtigungsschein auf der Suche nach einer Sozialwohnung sind, deutlich verringert. Waren es im Herbst 2017 über 900, so seien auf der Liste jetzt nur noch 564 Anträge verzeichnet; 406 stammen von Menschen aus Fürth, 158 von Auswärtigen. SPD-Fraktionschef Sepp Körbl betonte: Dass in den kommenden Jahren mehrere hundert Wohnungen aus der Mietpreisbindung fallen, sei kein Grund zur Sorge. "Das heißt nämlich nicht, dass gleich die Mieten steigen."

Rathauschef Jung pflichtete ihm bei. 95 Prozent dieser Wohnungen sind ihm zufolge im Besitz von Baugenossenschaften und die würden – anders als viele private Träger – die Preise auch ohne Bindung stabil halten.

Grünen-Stadtrat Kamran Salimi platzte daraufhin der Kragen. Der Bedarf an zusätzlichen Sozialwohnungen sei definitiv vorhanden, konterte er und beharrte, der freie Markt werde das nicht regeln. "Ich fasse es nicht, dass ich das ausgerechnet Sozialdemokraten erklären muss."

Jung und Körbl führten unisono noch ein weiteres Argument ins Feld: das angebliche Anspruchsdenken der "Klientel" mit Berechtigungsschein; davon würden sie immer wieder aus dem Mund von Verantwortlichen der Wohnungsbaugenossenschaften hören, allen voran der städtischen WBG. Beispiel: Zur Besichtigung einer Sozialwohnung werden fünf Bewerber eingeladen, davon blieben dann drei unentschuldigt dem Termin fern – und die zwei anderen hätten irgendetwas auszusetzen. "Die Sozialwohnungen liegen teilweise da wie Blei, während sich vor Normalwohnungen lange Schlangen bilden", so Jung.

Für ihn sei es nicht wichtig, ob irgendwo das Etikett "Sozialwohnung" pappe. Entscheidend sei, weiter bezahlbaren Wohnraum in Fürth zu schaffen.

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