Zirndorf: Opfer des Sparzwangs?

10.3.2015, 06:00 Uhr
Zirndorf: Opfer des Sparzwangs?

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Es wäre an den zweiten Bauabschnitt geknüpft. Doch den hat der Stadtrat in seiner letzten Sitzung 2014 ausgebremst — aus Kostengründen. Nach der Entscheidung standen Gabi Bohrer die Tränen in den Augen. Während der Sitzung hatte die FZ-Vorsitzende keine Gelegenheit erhalten, sich vor dem Stadtrat zu äußern. Was der eingetragene Verein, der vor 19 Jahren aus einer Elterninitiative entstand, am neuen Standort vorsah, hatte Bohrer in einem Konzept zusammengefasst. Es war den Stadträten mit den Sitzungsunterlagen zugegangen, offengebliebene Fragen hätte sie gern geklärt. Aus der Debatte noch im Ohr hat sie zum Beispiel die Aussage, weshalb die Stadt für eine Einrichtung aufkommen solle, „in der ein paar Leute ihren privaten Interessen nachgehen“. Eine Einschätzung, die, so Bohrer, die Arbeit des FZ völlig verkenne.

Denn über die institutionalisierte Betreuung hinaus — 330 Kinder zwischen wenigen Monaten und zehn Jahren betreut das FZ an vier Standorten in Zirndorf inzwischen — ging es von Anfang an um mehr. Mit zielgruppenorientierten offenen Treffs, Freizeit-, Bildungs- und Beratungsangeboten hat sich die Einrichtung in der Bahnhofstraße 33/35 längst als gute Adresse für die ganze Familie etabliert.

Neben der Kindergartengruppe, einer stundenweisen Betreuung für unter Dreijährige und der Mittagsbetreuung für Grundschüler baute der Verein ein Ehrenamtlichen-Netzwerk auf, das auch Bayerns Sozialministerium anerkennt und unterstützt — im Vorjahr mit 12 800 Euro. Berechnungsbasis sind die Stunden, die sich Ehrenamtliche mit Hilfsangeboten von Bürgern für Bürger einbringen.

Gebunden ist das jedoch daran, dass auch die Stadt ihren Anteil beisteuert. Und der beschränkt sich bei der Ehrenamtsarbeit, so erklärt Bohrer, auf die Miete für die Räume. Die Überlegung, diese Kosten einzusparen, waren Anlass für die Stadtverwaltung, 2011 selbst vorzuschlagen, im neuen Kinderhaus auch das offene Angebot des FZ unterzubringen.

Alles unter einem Dach

Folglich war klar, dass nicht nur die FZ-Verwaltung, sondern auch das in den bisherigen Liegenschaften untergebrachte offene Café, das Kursangebot, das Büro der Freiwilligenagentur der Stadt, die Zentrale der Familienpaten oder der Second-Hand-Laden mit umziehen würden — erweitert um zusätzliche Sparten. Angedacht wäre die Einbindung der Seniorenhilfe Zirndorfs oder der Schülercoaches im Landkreis. Neu installieren wollte man einen Mittagstisch für Ältere, einen Tauschladen und ein Repair-Café, in dem jemand mit einem kaputten Toaster auf jemanden treffen könnte, der das repariert. Ein Projekt, bei dem, wie Bohrer von großstädtischen Vorreitern weiß, gern Rentner ihren Sachverstand einbringen.

So würden Ältere automatisch mit Kindern in Berührung kommen, von Klein bis Groß fänden sich alle unter einem Dach. Nur in der Deutlichkeit, sagt Bürgermeister Thomas Zwingel, sei das beim Stadtrat offensichtlich nicht angekommen. Anders kann er sich die Überraschung der Stadträte über betreuungsfremde Angebote im Neubau nicht erklären, den er in der Dezember-Sitzung ausmachte, als die Mehrheit die städtische Unterstützung auf den 4,4 Millionen Euro teuren Trakt für die Kinderbetreuung begrenzt sehen wollte. Dabei wird das Großprojekt seit Jahren diskutiert. Ob der zweite, 1,75 Millionen Euro teure Bauabschnitt gebaut wird, entscheidet sich bei der Etat-Sitzung am 25. März. Der Ausgang ist nach Einschätzung Zwingels völlig offen.

Derweil sind die Kinder von ihrer neuen Unterkunft absolut begeistert. Dass Außenanlagen und Fassade noch als Baustelle daherkommen und das Personal mit der Haustechnik kämpft, berührt die Kinder nicht. Vom Platzangebot bisher nicht verwöhnt, genießen sie einen großen Turnraum zum Toben und geräumige Spielflächen vor den Gruppenräumen. Der Hit ist eine riesige Hängematte, die im ersten Stock in einer meterlangen Aussparung im Boden verankert ist und den Blick aufs Erdgeschoss öffnet. Selbst das Essen, sagt die frisch bestellte Kinderhaus-Chefin Yvonne Busse, schmeckt den Kindern im neuen Haus besser, obwohl es aus der gleichen Küche kommt.

Im lichten Neubau ist Platz nicht nur für eine, sondern für zwei Kindergartengruppen und für drei Krippengruppen (36 Plätze). Mit 36 Schülern sind die 50 neuen Hortplätze gut gefragt. Allerdings hat sich damit, entgegen der Prognosen, die Mittagsbetreuung der Grundschüler bis 14 Uhr nicht erledigt. Nach wie vor werden 41 Kinder betreut — am alten Standort in der Bahnhofstraße, wo auch die Geschäftsstelle untergebracht ist.

Hier sitzen Edith Brütting, Sonja Löffelmann, Heike Kähny und Bohrer in einem Mini-Büro eingepfercht wie in einer Sardinenbüchse. „Ganz schade“ fänden sie es, wenn das Mehrgenerationen-Projekt Sparzwängen geopfert würde. „Mir ist klar“, so Bohrer, „dass irgendwo gespart werden muss, wenn kein Geld da ist.“ Bei aller Freiwilligkeit der Mehrgenerationen-Arbeit, gibt sie sich jedoch überzeugt, „sie wäre ein Riesen-Gewinn für die Stadt“.

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