Zwischen zwei Übeln

11.11.2009, 00:00 Uhr
Zwischen zwei Übeln

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Dr. Aysen Aksungur aus Fürth richtet sich nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission der Bundesrepublik Deutschland und impft vorrangig chronisch kranke Kinder ab sechs Monaten. Nicht chronisch kranke Kinder ab 3 Jahren impft sie nur auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern und «natürlich auch nur dann, wenn wir Impfstoff haben». Der aber sei derzeit nur begrenzt verfügbar. Neugeborene schützt Aksungur, wie sie sagt, indirekt, indem sie auf Wunsch deren Eltern impft.

Die Neue Grippe hält die Ärztin für eine «ernst zu nehmende Krankheit, aber es besteht kein Grund zur Panik, denn meist verläuft sie eher harmlos mit etwas Husten, Schnupfen, Kopf- und Gliederschmerzen». Aksungur rät ausdrücklich davon ab, «gesunde Kinder in die Praxen zu bringen, nur weil ein anderes Kind in der Schule oder in der Klasse die Schweinegrippe hat». Denn naturgemäß bestehe in jeder Arztpraxis ein erhöhtes Ansteckungsrisiko.

Dr. Michael Hubmann aus Zirndorf hält eine Impfung gegen die Schweinegrippe bei Risikopatienten, also bei Kindern, die etwa unter Herzerkrankungen, Diabetes, Asthma oder anderen chronischen Erkrankungen leiden, für sinnvoll. Ansonsten weist der Arzt vor allem darauf hin, «dass es bei diesem Thema keine Entscheidung ohne Risiko gibt». Während auf der einen Seite heftige Impfreaktionen auftreten könnten, aber nicht müssen, könne die Krankheit auf der anderen Seite milde, im Einzelfall aber eben auch schwer verlaufen. «Wenn jemand eine Impfung so wie ich grundsätzlich als sinnvoll erlebt, dann macht sie auch in diesem Fall Sinn», meint Hubmann. Er halte aber nichts davon, Patienten zu diesem Schritt zu überreden, wenn diese dem Impfen ablehnend gegenüber stünden.

Dr. Cornelia Wischer aus Fürth impft herz- oder chronisch kranke Kinder zwar gegen die Wintergrippe und sie kämpft dafür, dass Kinder gegen Tetanus geimpft werden. Bei der Neuen Grippe aber winkt die Ärztin ab: «Zu heikel.» Sie halte nichts davon, einen Impfstoff zu verabreichen, «der so unerprobt ist wie der gegen das H1N1-Virus». Schließlich wisse man bei Kindern nie, wie deren Immunsystem reagiert. Sollten Eltern dennoch auf einer Impfung ihrer Kinder bestehen, müsste Wischer sie an andere Kollegen verweisen. Denn: In ihrer Praxis gibt es keinen Impfstoff. «Wir haben uns bewusst nicht beliefern lassen.»

Dr. Ingrid Hiller steht auf dem Standpunkt, dass «unangenehme Impfnebenwirkungen Peanuts sind gegen eine echte Grippe-Erkrankung». Man müsse «ein Übel gegen das andere abwägen», meint die Fürther Ärztin. Und da seien eine Woche Fieber, Gliederschmerzen, Kopfweh und lokale Reaktionen relativ leicht zu verkraften. Hiller, soeben selbst geimpft, spürt das am eigenen Leib: «Ich hab zurzeit einen dicken Arm.»

Die Medizinerin plädiert für individuelle Entscheidungen, tendiert aber zur Impfung, gerade wenn es um Kinder geht, die Schule, Hort, Kindergarten oder Krippe besuchen und dadurch viel Kontakt mit anderen Menschen haben. Kinder mit Vorerkrankungen sollten sich nach Hillers Überzeugung «auf jeden Fall impfen lassen - und zwar gegen die Schweinegrippe und die saisonale Grippe».

Dr. Bernhard Heeren aus Langenzenn legt angesichts all der Spekulationen rund um die Neue Grippe Wert auf Fakten. Tatsache sei, dass die Gefahr, an einer Grippe zu erkranken, «in diesem Winter zigmal höher ist als sonst, weil dieses neue Virus grassiert». Die Grippefälle indes, mit denen er und seine Kollegen bisher zu tun hatten, seien bei sonst gesunden Kindern harmlos verlaufen. Zur Impfung rät Heeren Eltern chronisch kranker Kinder. «Ansonsten muss das jeder selbst entscheiden.» Derzeit stehen 40 Personen auf der Langenzenner Warteliste, sagt Heeren. Das Problem sei, den Impfstoff herzukriegen.