Fürth: Streit um S-Bahn-Verschwenk flammt wieder auf

24.1.2014, 05:41 Uhr
Fürth: Streit um S-Bahn-Verschwenk flammt wieder auf

© Winckler

Der Streit tobt seit Jahren und von außen betrachtet könnte man ihn als Provinzposse abtun. Augenscheinlich geht es schließlich "nur" um S-Bahn-Gleise. Ein paar Kilometer, die Planer der Deutschen Bahn hinter der Stadt Fürth in einer Kurve über das flache Land führen wollen, wogegen sich die Kommune und ihr OB Thomas Jung mit aller Macht wehren.

Die Gutachten und Schriftwechsel zum sogenannten "Verschwenk“ und der Frage, ob die Strecke Richtung Bamberg nun entlang bestehender Gleise oder abseits davon ausgebaut werden soll, füllen inzwischen unzählige Ordner. Verkehrspolitiker aller Parteien haben sich damit beschäftigt, dazu der Petitionsausschuss des Bundestags. Und alle Beteiligten schauen seit Monaten nach Bonn, wo das zuständige Eisenbahnbundesamt (EBA) über die Pläne der Bahn und damit über das Baurecht der DB zu entscheiden hat.

Auskunft über Projekte

So war das auch auf der "Verkehrskonferenz Mittelfranken“ in Nürnberg, bei der Staatsminister Joachim Herrmann Auskunft über anstehende Straßen- und Schienenprojekte gab. Der Tenor: Alle Beteiligten müssen sich in Geduld üben. Frühestens Ende des ersten Quartals sei mit einer Entscheidung des EBA zu rechnen.

Es gibt allerdings noch eine andere Version dieser Geschichte. Führungskräfte der Bahn versichern unabhängig voneinander, dass das EBA den Planfeststellungsbeschluss für den Verschwenk bereits vor Weihnachten getroffen hat. Warum er jetzt erst in ein paar Monaten ergehen soll, kann sich niemand erklären. Der Verdacht: Das EBA sei von politischer Seite im Interesse Fürths überzeugt worden, sich mit dem Beschluss noch etwas Zeit zu lassen — zumindest bis nach den Kommunalwahlen am 16. März.

Die Bonner Behörde geht darauf in ihrer Antwort auf eine Anfrage nicht ein und erklärt sich auch nicht zu der Verzögerung. Nur so viel: Das Verfahren sei "sehr weit fortgeschritten", man befinde sich "in der Schlussabstimmung". Thomas Jung versichert, dass ein EBA-Beschluss keinerlei Bedeutung für die Wahlen hätte. Aus einem Bescheid "pro Verschwenk“ könne keine Partei in Fürth "Honig saugen“, weil alle unabhängig von der politischen Färbung gegen das Projekt seien. Was er jedoch verlangt und auch erreicht hat, seien Nachberechnungen des Freistaats, die der frühere Wirtschafts- und Verkehrsminister Martin Zeil stets verweigert habe.

Vertrauliche Gespräche

Kurz vor Weihnachten hat sich Jung deshalb vertraulich mit Joachim Herrmann getroffen und ihm auch in einem Brief nochmals die Einwände der Stadt Fürth gegen die Verschwenk-Planungen dargelegt. Dabei geht es vor allem um die Kosten-Nutzen-Analyse. Die Stadt Fürth unterstellt der DB, den Ausbau der Bestandsstrecke vorsätzlich unwirtschaftlich gerechnet und unter anderem Kosten für den Lärmschutz zu hoch angesetzt zu haben. Die Punkte würden noch einmal von seiner Behörde geprüft, bestätigt Herrmann. Wobei auch er am Ende nicht mit einem neuen Ergebnis rechnet.

Bei der Bahn und auch beim VGN reagiert man verschnupft und verweist darauf, dass es hier mitnichten um eine rein kommunale Angelegenheit gehe, sondern um den Schienen-Nahverkehr im kompletten Großraum Nürnberg. Ende 2017 wird das letzte und mit zehn Milliarden Euro teuerste "Verkehrsprojekt Deutsche Einheit“ weitgehend abgeschlossen und die Neubaustrecke Ebensfeld—Erfurt— Berlin komplett in Betrieb gehen. Auch der viergleisige Ausbau zwischen Ebensfeld und Bamberg soll dann stehen. Mit Blick auf den verzögerten EBA-Beschluss und eine im Raum stehende Klage Fürths gegen den Verschwenk vor dem Verwaltungsgericht in Leipzig befürchten die Planer, dass erst 2015 angefangen werden kann, die S-Bahn-Gleise zwischen Fürth und Bamberg zu bauen.

Eine Fertigstellung bis 2017 ist in den Augen von VGN-Verkehrsplaner Dirk Domhardt so gut wie unmöglich. Der Fern-, Regional- und Güterverkehr würde sich in der Folge auf nur zwei Gleisen weiterhin gegenseitig behindern. Und für einen vernünftigen Takt der S-Bahn-Linie 1 zwischen Hartmannshof und Bamberg würde erst recht der Platz fehlen.

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