Gaffer filmen Lkw-Wrack auf A6: Polizist rastet aus

21.5.2019, 15:25 Uhr
Der Stau, der sich direkt an der Einsatzstelle gebildet hat, sei "ausschließlich durch Gaffen und Schaulust begründbar", so die Polizei.

© Screenshot: News5 Der Stau, der sich direkt an der Einsatzstelle gebildet hat, sei "ausschließlich durch Gaffen und Schaulust begründbar", so die Polizei.

"Nimmst du endlich dein Handy aus der Hand, sonst komm' ich rüber und hol dich raus! Haben wir uns verstanden? Wer glaubst du denn, wer du bist?" Stefan Pfeiffer von der Verkehrspolizei Feucht steht aufgebracht neben dem Wrack des Lkws, während auf der Gegenfahrbahn der Verkehr nur zähfließend an dem Unfall vorbei läuft. Der Fahrer, den er gerade ermahnt hat, zeigt sich uneinsichtig, schüttelt nur den Kopf, während er weiterfährt.

Szenen, die sich so heute auf der A6 zwischen Roth und dem Kreuz Nürnberg/Süd abgespielt haben und die in einem Video, das nordbayern.de vorliegt, zu sehen sind. Ein 47-Jähriger Lastwagenfahrer hatte ein Stauende vor sich übersehen und war vermutlich ungebremst in einen bereits zum Stehen gekommenen Sattelschlepper gekracht. Für den Mann kam jede Hilfe zu spät, er verstarb noch an der Unfallstelle.

"Stau ausschließlich durch Gaffer"

Die Polizei hatte so bald wie möglich den linken Fahrstreifen an der Unfallstelle wieder geöffnet, wie Pfeiffer erzählt. "Wir bemühen uns, schnell den Verkehr wieder ins Rollen zu bringen, weil wir Sorge haben, dass sonst am Stauende etwas passiert", erklärt er. Doch das Vorhaben gestaltete sich als schwierig, denn vor allem auf der Gegenfahrbahn waren die Verkehrsteilnehmer viel mehr damit beschäftigt, die Unfallstelle zu filmen und zu fotografieren, als auf die Aufforderungen der Polizisten zu hören.

"Leider ist es wieder so, dass die Leute mit dem Handy aus dem Fahrzeug herausfilmen", kritisiert Pfeiffer. Er merkt zwar an, dass sich die Unfallstelle auch in einem Baustellenbereich befindet, was sicherlich für stockenden Verkehr sorge, aber der Stau, der sich direkt an der Einsatzstelle gebildet hat, sei "ausschließlich durch Gaffen und Schaulust begründbar". Das Problem sei, dass die Polizei in dieser Situation machtlos ist. "Auf der Gegenfahrbahn kann ich niemanden anhalten", begründet der Verkehrspolizist. Denn ansonsten würde er die Kräfte gefährden, die über die Straße müssen. Außerdem würde er den Verkehr so noch mehr zum Stehen bringen.

"Es ist frustrierend"

Alles, was die Polizei daher tun kann, ist die Gaffer zu ermahnen. Allerdings können sie in so einem Fall unbehelligt die Szenerie verlassen. Laut Pfeiffer sollen aber auch die Verkehrsteilnehmer auf dem linken Fahrstreifen, die hier vorbeifuhren, gefilmt haben. "Es ist frustrierend, das immer immer wieder zu erleben", sagt Pfeiffer. Er und seine Kollegen versuchten es schließlich mit der direkten Konfrontation: Sie hielten zehn Wagen, deren Fahrer beim Gaffen erwischt wurden, an. "Wir hatten einige, denen wir gesagt haben, wenn sie wollen, dann können sie an die Unfallstelle kommen, um den Toten anzuschauen. Das wollten sie dann doch nicht", berichtet Pfeiffer.

Auf einem Video ist deutlich zu sehen, wie Gaffer mit ihren Handys und Tablets Fotos machen und den Unfallort filmen.

Auf einem Video ist deutlich zu sehen, wie Gaffer mit ihren Handys und Tablets Fotos machen und den Unfallort filmen. © Screenshot: News5

Man merke, dass den Leuten dann bewusst wird, wie tragisch das Ereignis hier ist, das sie so unbedarft fotografieren und filmen. Dann erst realisieren sie, dass hier jemand gestorben ist und dass das kein Spaß ist. Für die Beamten sei dieses Vorgehen durchaus eine Möglichkeit, um die Leute mit ihrem Verhalten zu konfrontieren. Der Bußgeldkatalog sieht bei so einem Verhalten 128,50 Euro vor und einen Punkt in Flensburg.