Früher SEL

Gunzenhausen: 50-jähriges Jubiläum der Sanmina SCI

7.10.2010, 15:38 Uhr
Gunzenhausen: 50-jähriges Jubiläum der Sanmina SCI

180 Mitarbeiter sind derzeit dort beschäftigt. Am Sonntag feiern sie das 50-jährige Bestehen des Werks. Geehrt wird das heutige Management von Sanmina-SCI, dass mit ihrer Zeitrechnung nicht 2002 beginnt, als das kalifornische Unternehmen die Reste von Alcatel in Europa und somit auch das Gunzenhäuser Werk übernommen hat, sondern mit dem Jahr 1960. Damals war die Grundsteinlegung (am 11. April) mit dem seinerzeitigen Postminister Richard Stücklen. Der Weißenburger war damals Stimmkreisabgeordneter. Er engagierte sich stark und gilt als der Initiator für die Industrieansiedlung in Gunzenhausen in den sechziger Jahren. Die Firma nannte sch damals noch „Standard Elektrik Lorenz - Mix & Genest“ und hatte ihren Sitz in Stuttgart-Berlin.

Hohe Innovationsbereitschaft bereits in den Anfangsjahren

In einer vorläufigen Fertigungsstätte in Schlungenhof began im Mai die Produktion, am 5.September 1960 war die feierliche Einweihung. Ein Meilenstein war die Übernahme der zentralen Relaisfertigung für die gesamte SEL-Vermittlungstechnik. Der technologische Fortschritt lässt sich am Werk gut ablesen, denn schon 1972 folgte der Aufbau der Leiterplattentechnik (elektromechnische Technik mit Flachbaugruppen). Der große Umbruch kam 1977 mit der Fertigung vollautomatischer und rechnergesteuerter Vermittlungsanlagen („Unimat“). Damals wurden schon die ersten Mikrocomputer eingesetzt. Das für SEL-Gunzenhausen wichtigste Signal aus der Zentrale in Stuttgart kam 1985: Fertigung des digitalen Vermittlungssystems („System 12“) ausschließlich in Franken. Bis in das Jahr 2004 hinein wurde diese Technologie in Gunzenhausen produziert.

Im ITT-Verbund war das eine ganz starke Stellung für Gunzenhausen. 1987 wurde der ITT-Mischkonzern, zu dem die SEL gehörte, an das französiche Partnerunternehmen Alcatel verkauft. Dieser Schritt erwies sich für Gunzenhausen als verheerend. Fortan gings bergab. Alcatel hat in der Folgezeit alle Telekommunikationsaktivitäten nach China transferiert. Die SEL als eine hundertprozentige Tochter von Acatetel musste zusehen, wie sich die Situation von Jahr zu Jahr verschlechterte.

Im Jahr 2002 kam es zum Verkauf der drei europäischen Werke von Alcatel an Sanmina-SCI, von denen die in Frankreich und Spanien inzwischen schon geschlossen wurde. Der kalifornische Konzern hatte 1998 rund hundert Werke in Europa, heute sind 2.500 Mitarbeiter europweit tätig, weltweit 46.000. Die Sanmina-SCI hat damals das Gunzenhäuser Werk mit 620 Leuten übernommen. „Wir sind quasi über Nacht von einem Werk in einem großen Unternehmensverbund zu einer eigenständigen Firma geworden“, sagt Dietmar Günther, der noch die SEL-Zeiten erlebt hat. Der Konzern hat in den folgenden fünf Jahren (bis 2008) drastisch restrukturiert. Zeitweise waren nur mehr 136 Beschäftigte (2005) in der Lerchenstraße tätig.

Technologischer Anspruch wächst weiter

Die weltweiten Fertigungskapazitäten wurden umgeschichtet, so dass heute nur mehr 30 Prozent der Fertigung in den europäischen Werken vorgenommen wird. Sanmina-SCI produziert in Finland, Schweden, Ungarn (zwei Werke) Irland und Israel (zwei Werke). Das Werk in Gunzenhausen ist breit aufgestellt. Für die Kunden aus der Telekommunikation, der Industrieelektronik und der Automobilindustrie bietet es individuelle Lösungen für Design und Prototypenbau, Bestückung und Baugruppenfertigung, Gerätefertigung und Systemintegrtation, Transfersercices zu low-cost-Fertigungsstätten, Logistikdienstleistungen und Test- sowie Reparaturdienstleistungen. Vom kleiner Volumina und hohen Typenvielfalt reicht das Angebot bis hin zu großen Stückzahlen durch automatisierte Fertigungs- und Montageprozesse.

Den größten Teil der Produktion machen die sogenannten Automotive aus, das sind kleine Steuerungsteile, die sich beispielsweise in der Lenkradelektronik von Personenwagen befinden. Früh in die Entwicklung von elektonischen Baugruppen für den „Aibus“ ist Gunzenhausen eingebunden. Wie Europachef Dietmar Günther und der im hiesigen Werk leitend tätige Operativdirektor Helge Müller sowie Personalchef Ottomar Grimm dem Altmühl-Boten im Vorfeld des Jubiläums erklärten, arbeiten die 180 Mitarbeiter in drei Schichten, auch samstags. Es gibt flexible Arbeitszeiten für alle. Im Werk werden zwei junge Leute im kaufmännischen Sektor ausgebildet, zwei weitere junge Männer werden Industrieelektroniker (mit zweijähriger Ausbildung). Ottomar Grimm, der seit 34 Jahren an Bord ist: „Wir haben seit 2002 alle Lehrlinge übernommen. Es ist ein großer Vorteil, denn wir können sie leicht integrieren.“

Generell hat es Sanmina-SCI aber schwer, geeigneten Leute zu finden. Vorausgesetzt wird eine hohe Intelligenz, gepaart mit handwerklich diffiziler Arbeit.“ Zu den Kunden zählen u.a. große Konzerne wie Continental, Philips oder Valeo. Wie alle Fertigungsdienstleister in Deutschland so klagt auch das Gunzenhäuser Werk über geringe Gewinnspannen. Zu den Stärken gehört aber eine fast nicht mehr zu überbietende Flexbilität. Die beginnt schon bei der Auftragsannahme. Immerhin hat sich Gunzenhausen als einziger deutscher Sanmina-SCI-Produktionsstandort bis heute gut halten können. Von den monatelangen Produktionsvorlaufzeiten, die es in den sechziger und siebziger Jahren gab, können sie indes heute nur noch träumen.

Als ein „Familienfest“ für alle Mitarbeiter ist das 50-jährige Jubiläum am Sonntag, 10. Oktober, organisiert worden. Bereits gestern gratulierte das IHK-Gremium Weißenburg-Gunzenhausen. Dessen Vorsitzender Andreas Gebhardt aus Treuchtlingen („Alfmeier“) und Vize Olaf Pattloch aus Gunzenhausen (ingenieurgeologisches Büro) überreichten eine Urkunde und sprachen sich anerkennend über den hohen technologischen Standard aus, der das Werk bestimmt.