Amtsgericht führte 24 neue Schöffen in ihr Amt ein

14.1.2014, 16:02 Uhr
Amtsgericht führte 24 neue Schöffen in ihr Amt ein

© Patrick Shaw

„Sie verkörpern das Volk bei Strafprozessen der Schöffen- und Jugendschöffengerichte“, schwor Amtsgerichtsdirektor Dieter Hubel die neuen Schöffen gleich zur Begrüßung auf ihr Ehrenamt ein. Dieses bringe „nicht nur Ehre, sondern vor allem ein gehöriges Maß an Verantwortung“. Denn das Wort der Laienrichter hat im Verfahren dasselbe Gewicht wie das des Berufsrichters. Und zumindest am Amtsgericht sind die Schöffen zwei zu eins in der „Überzahl“.

Schöffen sind in Deutschland bei allen Prozessen Teil des Gerichts, in denen es um „Straftaten von erheblicher Bedeutung“ geht. Lediglich über Bagatelldelikte urteilt der Berufsrichter allein, ansonsten stellt ihm das Amtsgericht stets zwei Laienrichter zur Seite. Stehen allerdings eine Haftstrafe von mehr als vier Jahren, eine psychiatrische Unterbringung oder Sicherheitsverwahrung zu erwarten, befasst sich stattdessen das Landgericht mit dem Fall. Dessen Großen Strafkammern gehören meist mehrere Berufsrichter an, sodass die Schöffen dort etwas weniger Einfluss haben. Ausschließlich mit Berufsrichtern besetzt sind im Bereich des Strafrechts lediglich Revisionsgerichte, die sich mit rein formellen Fragen befassen.Am Amtsgericht dagegen „geht es in aller Regel nicht um juristische Spitzfindigkeiten, sondern um Tatsachenentscheidungen“, beruhigte Direktor Dieter Hubel die neuen Weißenburger Schöffen. „War er’s oder war er’s nicht?“, „Vorsatz oder nicht?“, über solche Fragen hätten die ehrenamtlichen Richter zu befinden. Dafür müssen sie keine studierten Juristen sein, sondern vor allem „ihre Lebens- und Berufserfahrung, ihr vernünftiges Urteil, ihren Gemeinsinn und ihre Bewertungen in die Entscheidungen einbringen“, wie es das Justizministerium formuliert. Ziel dieses jahrhundertealten Konzepts ist laut Hubel „eine lebensnahe Rechtsprechung“.

Richter kann überstimmt werden

Oberste Prämisse im Schöffenamt ist die Unabhängigkeit. So sind die Laienrichter „nur ihrem Gewissen sowie Recht und Gesetz verpflichtet“, wie Jugendrichter Christian Eichhorn zur Einführung erläuterte. Sie dürfen keine Weisungen annehmen – weder vom vorsitzenden Richter noch von Familie oder Freunden –, und können den Vorsitzenden nötigenfalls sogar überstimmen.
Anders als dem Berufsrichter stehen den Schöffen allerdings vor dem Verfahren nicht alle Gerichtsakten zur Verfügung. Der Vorsitzende führt seine Mit-Richter lediglich unmittelbar vor dem Prozess kurz in den Sachverhalt ein. Dies soll laut Eichhorn gewährleisten dass die Schöffen möglichst unvoreingenommen an den Fall herangehen. Außerdem dürfen sie den Angeklagten zwar während der Sitzung befragen, außerhalb des Gerichtssaals aber keine eigenen Ermittlungen anstellen.

Streng sind auch die Pflichten der Schöffen. In den nächsten fünf Jahren dürfen sie „ihren“ Verhandlungen nur in besonderen Ausnahmefällen fern bleiben. Dann springt einer der Hilfsschöffen ein. Fehlen sie unentschuldigt, drohen ihnen ein Ordnungsgeld und eine Rechnung über die Gerichtskosten. Darüber hinaus verpflichten sich die Laienrichter strikt zur Verfassungstreue und zur Verschwiegenheit, auch über ihre Amtszeit hinaus.

Das Richteramt ablehnen können Schöffen allerdings wegen Befangenheit. Das ist der Fall, wenn sie mit dem Beschuldigten oder dem Opfer verwandt oder dessen Vormund, selbst geschädigt, Zeuge oder Sachverständiger im Verfahren sind. Bisweilen genügen auch eine enge Freundschaft oder eine als parteiisch auslegbare Äußerung in der Öffentlichkeit, um in „Besorgnis der Befangenheit“ zu geraten. Laut Richter Eichhorn gibt es „ganze Verteidigungsstrategien, die genau darauf abzielen“. Am kleinen Weißenburger Amtsgericht komme so etwas jedoch eher nicht vor.

Aus der Mitte der Gesellschaft

Wie aber wird man Schöffe? Ende vergangenen Jahres hatten die Kommunen im Einzugsbereich des Weißenburger Amtsgerichts die Bürger in ihren Mitteilungsblättern und in der Tageszeitung um Vorschläge gebeten. Sich bewerben oder benannt werden konnten deutsche Staatsbürger zwischen 25 und 70 Jahren, die ausreichend Deutsch sprechen, länger als ein Jahr in ihrer Gemeinde wohnen und „besonders verfassungstreu“ sind. Die Kommune leitete dann eine vom Stadt- oder Gemeinderat beschlossene Auswahl an das Gericht weiter, das die Endauswahl traf.

Wer nun Haupt- oder Hilfsschöffe ist, entschied das Los, wobei im Jugendbereich laut Direktor Hubel stets beide Geschlechter vertreten sein müssen. Zudem achte das Gericht auf eine möglichst breite Mischung bei Bildung und Berufen. Als Entschädigung für ihre Tätigkeit, die unter Umständen mehrere Dutzend Termine im Jahr umfasst, erhalten die Schöffen neben den Fahrtkosten und einem eventuellen Verdienstausgleich lediglich sechs Euro pro Stunde – es ist eben ein Ehrenamt.

Das Beste für ihre Zeit am Weißenburger Amtsgericht wünschte den neuen Schöffen neben Hubel und Eichhorn auch der zweite Berufsrichter Gunter Hommrich. Außerdem bedankten sich die drei Richter und das übrige Gerichtspersonal herzlich bei den 19 ausscheidenden Laienrichtern der vergangenen Amtsperiode. Sie erhalten demnächst noch eine Dankesurkunde des Justizministeriums.

Die neuen Hauptschöffen am Weißenburger Amtsgericht sind Helmut Eisen, Birgit Fischer, Karl Gutmann, Dieter Käfer, Manfred Mühling und Maria Schneller. Hilfsschöffen sind Gerhard Börner, Anita Dollinger, Horst Otto Geiger, Daniel Hinderks, Matthias Lacher, Ruth Lechner, Helga Maria Link, Günter Müller, Walburga Rudingsdorfer und Erika Schatz.

Hauptschöffen am Jugendschöffengericht sind Karl Barthe, Dagmar Buchner, Philipp Otto Prosiegel und Brigitte Schiel. Jugendhilfsschöffen sind Josef Dengler, Thomas Geyer, Hannelore Stuhr und Siglinde Weigl.

Aus dem Schöffenamt scheiden aus: Angelika Bruhn, Wilfried Cramer, Gerlinde Durst, Klaus Geyer, Michael Geyer, Helga Gördel, Elisabeth Grimm, Franziska Kübler, Ursula Kugler, Hans Müller, Gerhard Naß, Karl-Heinz Oberhuber, Andreas Rößler, Werner Röttenbacher, Karl Schwenk, Michael Wachter, Gudrun Walter-Hörner, Cristine Wägemann und Herbert Wagner.

Keine Kommentare