Bei den Gastwirten kehrt Vorfreude ein

9.5.2020, 17:27 Uhr
Bei den Gastwirten kehrt Vorfreude ein

© Reinhard Krüger

Einen normalen Betrieb wird es vorerst nicht geben, doch die letzten Zahlen in der Coronakrise gaben den Ausschlag, dass die Staatsregierung jetzt auch das "Go" für Restaurants, Straßencafés und Gasthäuser gegeben hat. Angela Inselkammer, Bayern-Präsidentin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DeHoGa), spricht von "einem wichtigen Signal an die Branche und deren Mitarbeiter". Jeden Tag, den man früher öffnen könne, bedeute etwas mehr Hoffnung, schreibt sie in einer Pressemitteilung. Dabei spricht sie von der "schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg".

Ministerpräsident Markus Söder bezeichnet das Öffnungskonzept für die Gastronomie als "atmende Strategie", will heißen, "dass es nicht nur in eine Richtung gilt". Es könnten also bei ansteigenden Infektionszahlen Lockerungsmaßnahmen wieder zurückgenommen werden. Von der "Seele Bayerns" spricht Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, wenn er an die bevorstehende Öffnung von Biergärten und Gasthäusern denkt.

Und wie sind die Gastwirte in Gunzenhausen und im gesamten Fränkischen Seenland auf die baldige Lockerung eingestellt? Wir haben uns umgehört und durchaus Unterschiedliches gehört. Den Anfang macht Berta Jäger vom gleichnamigen Jägerhof in Absberg. "Juhu, wir sind jetzt auch wieder dabei", lautet ihre erste fröhlich-frohe Reaktion. Die DeHoGa-Kreisvorsitzende führt das moderne Gasthaus im fränkischen Baustil mit seinen rund 100 Plätzen zusammen mit ihren zwei Kindern Sybille und Johannes. Kaum ein Tag in der Krise, wo es keine Tipps oder Empfehlungen von ihrem Verband gab. Allerdings glaubt sie, dass lediglich ein Drittel aller Gastronomen in der DeHoGa organisiert ist. Ihr ist es "total wichtig", dass die Saison im Fränkischen Seenland nicht ganz an die Wand gefahren wird. Ostern als "ganz wichtiges Geschäft" fiel aus, dafür steht jetzt Pfingsten vor der Tür, deshalb denken wir vorwärts, sagt sie – und freut sich "auf jede Vorgabe der Politik". Reservierungen können deshalb ab sofort angenommen werden, betont die 58-jährige Gastwirtin aus Leidenschaft. Das, so sagt sie, könnte der Trend für die Zukunft werden.

Robert Krug vom gleichnamigen Gasthof in Frickenfelden ist hingegen "nicht zufrieden", weil seiner Ansicht nach die logistischen Herausforderungen zu groß sein werden. Konkret nennt er die einzuhaltenden Abstände der Tische und "dass nur die Hälfte belegt werden dürfen". Lieber sähe er es, wenn die Politik noch etwas gewartet hätte und dafür "alle komplett und ohne Einschränkungen aufmachen könnten". Zusammen mit seiner Frau Brigitte führt der 58-jährige den Gasthof. Während er in der Küche das Regiment hat, managt die Gattin den Service. Rund 140 Plätze hat "der Krug" zur Verfügung, davon entfallen etwa 30 auf den dazugehörigen Biergarten. Noch bemängelt der Wirt die anfangs fehlenden Informationen des Verbandes, während Wirtin Brigitte über den langen und schmalen Stammtisch laut nachdenkt: "Wie kriegen wir denn alle an den Tisch?" Die Eheleute konnten einigermaßen überleben, "weil wir außer Haus verkauft haben". Sie sind voll des Lobes über ihre treuen Stammgäste. Diese holten sich auch in diesen Zeiten ihren Schweinebraten oder ihr Schäufele an der Lokaltür ab. "Einfach super, unsere Leut", sagen sie unisono.

Beim Lehner in der Weißenburger Straße gibt sich der Wirt ganz pragmatisch. Michael Probach: "Wir sind froh, wieder Umsätze generieren zu können". Er verfolgte, wie viele andere Wirte auch, live vor dem Fernseher das Statement von Ministerpräsident Söder und atmete danach tief durch. Vor seinem geistigen Auge sieht er seinen Biergarten mit den rund 160 Plätzen, dazu die rund 100 weiteren Plätze in seinen unterschiedlich großen Räumlichkeiten. Da lässt sich einiges machen, denkt er laut nach und nennt "eine gute Durchmischung der Tische" als wichtiges Argument. Im Biergarten werde es nur Einzeltische geben, ein eigener Ein- und Ausgang wäre keine Problem, und auch die geforderten Hygienestandards bereiten dem 55-jährigen Gastronomen, der mit seiner Lebensgefährtin Manuela Schwestak den Betrieb führt, keine großen Kopfzerbrechen. Der Lehner war während der Krise komplett zu, die Beschäftigten in Kurzarbeit geschickt. Jetzt hofft Probach, wie alle anderen auch, auf biergartentaugliches Wetter und setzt ausschließlich auf telefonische Vorbestellungen. Keine Mails, keine spontanen Besuche.

 

Komplett in Kurzarbeit

 

Den "Adlerbräu" im Zentrum von Gunzenhausen führt Gerhard Müller seit 2008. Er war "emotional sehr aufgewühlt", als er die frohe Kunde der baldigen Öffnung auch seines Restaurants und Hotels vernahm. "Jetzt tut sich was", sagt er und verspricht, "sich gut vorzubereiten". 100 Plätze fasst sein Restaurant, und im Hotel warten genau 111 Betten, verteilt auf 57 Zimmer, auf Gäste. Die 71 Angestellten mit ihren unterschiedlichen Zeiten wurden komplett in Kurzarbeit geschickt. Der Chef lobt den Zusammenhalt seiner Familie, besonders die aktive Hilfe seiner Eltern, die den Betrieb früher gestemmt haben. Trotz aller Freude bleibt der 47-jährige vorsichtig: "Hoffentlich halten sich alle an die Vorgaben und machen keinen Blödsinn." Eine zurückgenommene Lockerung wäre so das Allerletzte, was Müller und seine Kollegen gebrauchen könnten. Seit 20. April ist das Hotel wieder geöffnet, "aber Frühstück gab es nur auf dem Zimmer". Nur ganz wenige Geschäftsreisende machten davon Gebrauch, der Umsatz ging um 97 Prozent zurück im Vergleich zum Monat des Vorjahres.

Noch zurückhaltend gibt sich Hans Jungmeier aus Schlungenhof. Obwohl er schon immer Essen zum Mitnehmen ("vor allem in der Karpfenzeit") anbot, "muss man erst noch abwarten, was wir alles beachten müssen". Das Wetter spiele hier bei seinem Biergarten (40 bis 50 Plätze) ebenso eine große Rolle wie die Frage, ob seine Gäste auch gerne wiederkommen wollen. Platz für rund 100 Menschen wäre da. Jungmeier genießt bei Monteuren und Montage-Arbeitern einen guten Ruf. 15 Betten in sieben Zimmern stehen bei ihm zur Verfügung. Probleme bereitet dem 59-Jährigen allerdings die Maskenpflicht. "Man sieht nichts, keine Mimik, das ist ganz schlecht für uns", sagt er. "Wir leben den Kontakt". Die Krisenzeit hat die Wirtsfamilie genutzt, um die Tische und Polster der Stühle und Bänke im Saal auf Vordermann zu bringen. "Wir hatten keine Minute Langeweile."

Wenn Josef Arnold an Corona denkt, fallen ihm vor allem die Ostertage ein. Der Chef des Gasthofs "Linde" und des ehemaligen Hotels "Zur Post" schwärmt vom phantastischen Wetter an jenen Feiertagen und beklagt das dadurch entgangene Geschäft. "Das wäre der ideale Saisonstart, wir wurden arg ausgebremst." Das ist Geschichte, er schaut lieber nach vorne: "Die 50 Mitarbeiter brennen darauf, endlich wieder zu arbeiten". 90 Gäste nimmt die "Linde" auf, in der "Post" gehen noch einmal 100. Dank seiner eigenen Metzgerei lief auch die "warme Theke" zur Mittagszeit, DasMaskentragen sind die Angestellten gewohnt, jetzt setzt der 46-Jährige auf das Pfingstgeschäft. Der Shutdown wäre damit quasi beendet.

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