Bestatterin berichtet: "Wir haben wesentlich mehr Corona-Tote"

27.1.2021, 06:02 Uhr
Bestatterin berichtet:

© Foto: Jürgen Eisenbrand

Ja, sagt Birgitt Bajorek, sie und ihre Mitarbeiter hätten derzeit schon mehr zu tun als üblich. Aber im Gegensatz zu Kollegen in anderen Regionen, etwa in Sachsen oder auch im Raum Nürnberg, "werden wir nicht überrannt", so die Geschäftsführerin des Gunzenhäuser Bestattungsunternehmens Heidemarie Bauer.

Und doch hat sich das Arbeiten in der Branche, in der Bajorek seit fast 40 Jahren tätig ist, grundlegend geändert. Der Grund dafür ist, natürlich: die Corona-Pandemie.


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Es beginnt damit, dass Beratungsgespräche mit Hinterbliebenen nur noch mit Maske und maximal zu dritt stattfinden – und zur Sicherheit in der großen Aussegnungshalle des Familienunternehmens (zwei Söhne und eine Tochter Birgitt Bajoreks arbeiten seit 15 beziehungsweise sieben Jahren in der Firma mit), die mit einer Frischluft-Lüftungsanlage ausgestattet ist.

Vier Meter Abstand zu Pfarrer und Trauerredner

Die Zahl der Trauergäste in dieser Aussegnungshalle und am Friedhof ist auf maximal 25 beschränkt, Mindestabstände sind selbstverständlich auch hier einzuhalten. "Wir fragen dafür extra die Namen und die Hausstände der Trauergäste ab und reservieren dann die Sitzplätze bei uns oder in den Aussegnungshallen der Friedhöfe namentlich", schildert Birgitt Bajorek den enormen Aufwand, der für einen rechtlich einwandfreien Ablauf einer Trauerfeier zu betreiben ist. Wichtig auch: Der Abstand zum Pfarrer oder Trauerredner muss vier Meter betragen, "damit er ohne Mund-Nase-Schutz sprechen kann".


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Für das Geschehen am Friedhof gilt: Weihwasserbecken und Erdschaufel stehen allein dem Pfarrer zur Verfügung, Einwerfschalen, in denen die Blumen stecken, die Trauergäste ins Grab werfen, gibt es derzeit gar nicht, auch Kondolenzlisten oder -bücher solle man nicht auslegen.

"Aber das sind alles nur Empfehlungen der Politik", bedauert Birgitt Bajorek, "uns wären klare Vorschriften lieber." Denn derzeit könne jede Gemeinde eigene Regeln erlassen, und das wiederum könne für erheblichen "Wirrwarr sorgen". Sie habe deshalb schon zweimal ans zuständige Ministerium geschrieben und um klare und vor allem auch verständlich formulierte Vorgaben gebeten – ohne Reaktion.

Corona-Tote müssen in Bergungshülle bleiben

Ganz besondere Maßnahmen gelten natürlich, wenn ein Mensch beerdigt werden soll, der mit dem Coronavirus infiziert war. Solche Verstorbene werden schon in den Krankenhäusern in desinfizierte Tücher und Bergungshüllen gepackt – und werden auch nicht mehr aus diesen herausgeholt. "Wir betten den Toten pietätvoll auf eine Matratze mit Seidenlaken, dann wird der Sarg verschlossen und einschließlich der Griffe desinfiziert", schildert die erfahrene Bestatterin.

Bestatterin berichtet:

© Foto: Jürgen Eisenbrand

Bei der Einbettung arbeiten die Bestatter mit einem Vollschutzanzug und kommen so der Empfehlung ihres Berufsverbandes nach. Denn wenn man einen infizierten Toten bewege, könne es sein, dass aus dessen Lunge über den Mund noch infektiöse Aerosole entweichen, an denen man sich anstecken könne. Der Umgang mit an Covid Verstorbenen birgt also durchaus ein gewisses Risiko, wobei Birgitt Bajorek mit einem Gerücht, das ihr zuletzt immer wieder begegnet ist, aufräumen möchte: "Es ist nicht so, dass für solche Leichen eine Feuerbestattung Pflicht ist. Sondern es sind natürlich auch Erdbestattungen möglich."

Liegt der Verstorbene im Sarg, und ist der desinfiziert, wird er mit Aufklebern gekennzeichnet: "COVID" und "infektiös" ist darauf in leuchtend roter Warnfarbe zu lesen – was auch bedeutet: nicht mehr öffnen. Und ein Aufbahren sowie das Abschiednehmen am offenen Grab unmöglich macht.

Probleme mit Masken-Verweigerern

Immer mal wieder haben die Bajoreks auch Probleme mit Maskenverweigerern. "Zuerst sagen sie, sie hätten die Masken im Auto vergessen, dann nehmen sie sie während der Trauerfeier wieder ab", schildert die Geschäftsführerin ihre Erfahrungen. "Das stört die ganze Feier und den schönen Rahmen, den man für die Trauernden geschaffen hat", kritisiert sie ein solches Verhalten.

Überhaupt hat sie für Corona-Leugner wenig bis gar kein Verständnis: "Das ist doch Blödsinn", sagt sie. "Wir sehen doch jeden Tag, was hier passiert." Die Kühlungen in den Kliniken seien voll, die Bestatter müssten deshalb Tote auch an den Wochenenden dort abholen, um Platz zu schaffen. Und auch wenn sie für Altmühlfranken nicht von einem "Chaos" sprechen will, wie es andernorts herrscht, stellt sie doch klar: "Wir haben derzeit wesentlich mehr Corona-Tote als noch im Frühjahr."

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