Bitterer Rückschlag: Kinos und Bäder müssen schließen

1.11.2020, 08:21 Uhr
Bitterer Rückschlag: Kinos und Bäder müssen schließen

© Foto: Stadtwerke Gunzenhausen

Auch Fitnessstudios und Schwimmbäder trifft es wieder, die bereits beim ersten Lockdown wochenlang zusperren und massive Umsatzeinbußen hinnehmen mussten. Schulen, Kitas sowie der Einzelhandel dürfen dagegen offen bleiben und medizinische Behandlungen wie Physiotherapie oder Fußpflege sind weiter erlaubt sind.

"Die Hygienekonzepte im Bad und der Sauna haben gut funktioniert, und die Gäste haben sich gut daran gehalten", sagt Roland Dücker, der kaufmännische Geschäftsführer der Gunzenhäuser Stadtwerke. Er findet es sehr schade, dass das Juramare ab Montag schließen muss: "Das trifft uns kräftig – auch die Mitarbeiter, die jetzt wieder in Kurzarbeit müssen." Selbst wenn das Bad unter Normalbetrieb ein Defizitgeschäft ist, bleibt die Frage, was die beiden Corona-Lockdowns am Jahresende bedeuten.

Denn das viel gebrauchte Sprachbild des "Rattenschwanzes" erstreckt sich auch auf die Industrie und somit insgesamt auf die Einnahmen der Stadtwerke, mit denen sie die Defizitgeschäfte ausgleichen. So hofft Dücker, dass sich die Lage bis Dezember wieder normalisiert.

Schließung sogar günstiger

"Wenn ich mir das Geschäft der letzten Wochen anschaue, dann kommt es sogar günstiger, wenn ich ab Montag zumache", sagt Johannes Böhm. Ihm gehören die Movieworld-Kinos in Gunzenhausen und Nördlingen. Die steigenden Fallzahlen machten den Leuten Angst, weshalb sie nicht so aus dem Haus gehen. Seit der Wiederöffnung der Kinos dümple er auf einem Niveau von etwa 30 Prozent herum – mehr dürfe er ja auch nicht reinlassen. Insgesamt hat er wegen Corona bisher 70 Prozent weniger Umsatz gemacht, und Böhm rechnet, dass das Defizit durch den zweiten Lockdown weiter wächst: "Wenn es so weitergeht, habe ich durch die Öffnung draufgezahlt."

Dennoch hätte er ohne die erneute Zwangsschließung nicht ans Zusperren gedacht. "Ich fände es auch sinnvoller, die Kinos offen zu lassen, um zu verhindern, dass privat gefeiert wird. Weltweit gibt es keinen nachweislichen Corona-Fall durch einen Kinobesuch", beteuert Böhm. Nun hofft er, dass die Regierung die vier Wochen nutzt, um danach alles besser zu regeln. Denn Johannes Böhm tut sich durch die gesamte Situation schwerer als etwa Restaurants: "Eine Gaststätte kauft ein und kann am nächsten Tag wieder öffnen, vereinfacht gesagt. Doch was ist ein Kino ohne neue Filme?"


Das Movieworld war im Sommer ganz langsam neu gestartet


Richtig dick kommt es auch für Marc Rehne und sein Wassertrüdinger Puppentheater: "Wir hoffen, dass sich die Lage im Dezember wieder bessert. Dann werden wir versuchen, den Spielbetrieb wieder aufzunehmen", sagt er. Das werde ihm aber nicht gerade leicht gemacht, denn: "Leider ist uns die finanzielle staatliche Förderung, auf die wir schon seit März gehofft haben, verweigert worden." Unterstützt werden könnten nur Theater der darstellenden Kunst, heiße es in einem Bescheid der Bezirksregierung. "Unser Theater fällt ,nur‘ unter die Rubrik Kleinkunst, und die ist nicht förderbar", beklagt Rehne. Ein Sachbearbeiter habe ihm gesagt, er habe "zu viel Kasperle-Theater im Programm".


Erst im Juni hatten Bäder und Saunas wieder geöffnet


Was generelle Förderungen in der Corona-Krise angeht, falle er mit seinem kleinen Figurentheater durch fast alle Raster: "Es werden nur fixe, gleichbleibende Kosten gefördert, die den Theaterbetrieb betreffen, also etwa Mieten und Personalkosten. Die aber fallen bei mit nicht an." Aber man müsse schließlich mit seinem künstlerischen Schaffen auch seinen Lebensunterhalt bestreiten können, sagt Rehne. "Auch der kostet Geld, etwa für Krankenversicherung, Kredite oder die Versorgung meiner vier Kinder. Dieses Geld fehlt jetzt einfach!"

Es trifft wieder die Falschen

Uwe Rohn, Inhaber des Fitnessclubs Brombachsee, macht aus seiner Meinung über die Corona-Politik der Bundes- und Landesregierung schon lange kein Geheimnis mehr. Der Fitnesstrainer denkt, dass es wieder einmal die Falschen trifft. "Zwölf Millionen Wähler trainieren in 8800 Fitness-Einrichtungen für sich und ihre körperliche Gesunderhaltung. Und in diesen Anlagen in ganz Deutschland ist bisher so gut wie kein Corona-Fall nachweisbar. Warum sollen wir jetzt wieder unnötig geschlossen werden? Das ist Inkompetenz pur!"

Vorläufige Daten einer großangelegten Studie belegten Rohn zufolge ein extrem geringes Covid-19-Risiko in Fitness- und Gesundheits-Anlagen in ganz Europa. So ergab die Analyse von mehr als 62 Millionen Besuchen lediglich 487 positive Fälle (sowohl Mitglieder als auch Personal) oder eine durchschnittliche Infektionsrate von 0,78 pro 100 000 Besuchen.

Kein geeigneter Indikator

Rohn denkt, dass die 7-Tage-Inzidenz nicht der geeignete Indikator ist, um den erneuten Lockdown zu rechtfertigen: "Meiner Meinung nach muss die Politik samt Robert-Koch-Institut die kompletten Zahlen vorlegen, auf die sich der Lockdown begründet. Es dürfen nicht nur die Zahlen der positiv Getesteten veröffentlicht werden. Es muss die Anzahl der schweren Krankheitsverläufe offengelegt werden und die der Patienten, die intensivmedizinisch versorgt werden. Und zuletzt müssen die Zahlen ins Verhältnis gesetzt werden, auch ins Verhältnis der jährlichen Grippewelle."

Nur so könne die Bevölkerung letztlich nachvollziehen, ob das Ganze noch gerechtfertigt sei, glaubt Rohn. In der Fitness-Branche seien bereits jetzt viele Existenzen bedroht, da die Rücklagen nach dem ersten Lockdown meist aufgebraucht waren. Der zweite könnte nun für viele Fitnessstudios das endgültige Aus bedeuten.

Und nicht nur für die.

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