Blick in Gunzenhausens Bahn-Historie

30.9.2015, 09:00 Uhr
Blick in Gunzenhausens Bahn-Historie

© Erich Neidhardt

Die Wiege des Eisenbahnwesens steht in England. Hier wurde 1830 die erste Fernbahn von Liverpool nach Manchester eröffnet. Die Bahneuphorie begann sich auf der Insel auszubreiten und schwappte bald darauf nach Deutschland über. Ein Meilenstein war hier die Verkehrsfreigabe der nach dem bayerischen König Ludwig I., ein der neuen Technik zugetaner Regent, benannte Ludwigs-Süd-Nord-Bahn.

Die erste Fernbahnlinie Bayerns, geht aus den Recherchen Hubers hervor, hatte auch für Gunzenhausen herausragende Bedeutung. Sie wurde von den Königlich Bayerischen Staats-Eisenbahnen als erste Staatsbahnstrecke zwischen 1843 und 1854 gebaut und abschnittsweise eröffnet.  Die Strecke führt von Lindau über Immenstadt, Kempten, Augsburg, Donauwörth, Nördlingen, Nürnberg, Bamberg und Kulmbach nach Hof.

Lange gestritten wurde damals um das Teilstück Donauwörth – Nürnberg. Zwei Vorschläge kamen in die engere Wahl: über Treuchtlingen und Weißenburg oder über Nördlingen, Oettingen, Gunzenhausen. Leopold von Klenze, der Chef der Obersten Baubehörde, plädierte für eine direkte Verbindung über den Hahnenkamm und den Fränkischen Jura, da seiner Meinung nach Haupteisenbahnen möglichst gerade verlaufen und abseits liegende Städte nicht durch Umwege, sondern durch Zweigbahnen erschlossen werden sollten.
Lange wurde geplant und gestritten, ob die Strecke den Umweg über Nördlingen und Gunzenhausen nehmen soll, wie es die Eisenbahnbau-Commission vorschlug, oder die gerade Verbindung über Weißenburg. Diese war zwar um ein Drittel kürzer, wegen technischer Probleme aber weitaus teurer als die Umfahrung des Hahnenkamms über Nördlingen. Entscheidend waren letztlich die geringeren Kosten sowie der geplante Anschluss an die Württembergische Bahn in Nördlingen. Ludwig I. entschied sich daher für den Umweg über Nördlingen und Gunzenhausen.

Erster Zug fuhr 1849

Im August 1849 erfolgte dann die Eröffnung des Teilstücks Oettingen – Gunzenhausen und im darauffolgenden Oktober die Freigabe der Strecke Gunzenhausen – Schwabach. Damit war die Schienenverbindung Augsburg – Hof durchgehend befahrbar.

Während von Ludwig I. kaum Fahrten mit der Eisenbahn überliefert sind, weiß Jürgen Huber in seiner Dokumentation Interessantes von seinem Nachfolger Max II. zu berichten. Dessen erste Eisenbahnfahrt ist aus dem Jahr 1850 überliefert – und zwar von Gunzenhausen nach Donauwörth.

Um die Hochbauten entlang der neuen Strecke hatte sich damals die bayerische Eisenbahnbau-Commission zu kümmmern. Von den Architekten der Ludwigs-Süd-Nord-Bahn war Friedrich Bürklein für die Bahnhöfe im
Abschnitt Harburg – Nördlingen – Gunzenhausen – Pleinfeld – Roth zuständig. In diesem Bereich kamen 1848/49 zuerst Provisorien, sogenannte interimistische Bahnhofsgebäude, zur Ausführung. Sie wurden in den Folgejahren durch definitive Stationsgebäude ersetzt. „Aus heutiger Sicht lässt sich bestätigen, dass die Hochbauten der Ludwigs-Süd-Nord-Bahn die ältesten erhaltenen Eisenbahnhofbauten Bayerns sind“, resümiert Jürgen Huber.

In der Stadt Gunzenhausen, die im Jahr 1840 2748 Einwohner zählte, wurden die Arbeiten zum Bau des Hauptgebäudes des Bahnhofs 1864 um 20 284 Gulden vergeben. Aus Sicht Jürgen Hubers scheint allerdings unklar zu sein, wann genau das definitive Stationsgebäude errichtet worden ist. „Bei dem Datum 1865 kann es sich um den Bau handeln oder auch um eine Erweiterung“, geht aus den Ermittlungen des Historikers hervor. Die Daten seien spärlich und müssten durch weitere Quellenforschung noch belegt werden.

Zehn Jahre nach der Eröffnung der Ludwigs-Süd-Nord-Bahn in Gunzenhausen wurde die Stadt an weitere Bahnlinien angeschlossen. Im Juli 1859 fiel der Startschuss für die Strecke Ansbach – Gunzenhausen und weitere zehn Jahre später für die Linien Pleinfeld – Weißenburg – Treuchtlingen und Ingolstadt – Treuchtlingen – Gunzenhausen. Nun war Gunzenhausen Knotenpunkt von vier Eisenbahnlinien.

Ein schmerzlicher Einschnitt war  für die hiesige Region die Stilllegung einer Teilstrecke der Ludwigs-Süd-Nord-Bahn im Jahr 1985: Der letzte Personenzug zwischen Nördlingen und Gunzenhausen fuhr damals am 27. September. Dem Güterverkehr der Deutschen Bundesbahn sollte es wenige Jahre später auf dieser Strecke nicht besser gehen. Er endete 1994. „Löblicherweise“, so Jürgen Huber, „hat das Bayerische Eisenbahnmuseum beziehungsweise die BayernBahn GmbH Nördlingen den Museumsbetrieb sowie den regulären Güterverkehr wieder aufgenommen.“ Gespannt dürfe man sein, wann der Personenverkehr folgen wird.

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