Brombachsee: Nürnberger retten Frau vor dem Ertrinken

1.9.2015, 09:00 Uhr
Brombachsee: Nürnberger retten Frau vor dem Ertrinken

© Jürgen Eisenbrand

Am späten Nachmittag dieses heißen August-Sonntags stand Andrea S. auf, um sich im Wasser ein wenig abzukühlen. Die 52-Jährige aus Ellingen, die sich selbst als „gute Schwimmerin“ bezeichnet, war – wie schon öfter in diesem Sommer – mit ihrem Mann nach Ramsberg geradelt: „Ich habe eigentlich eine gute Kondition und schwimme seit meiner Kindheit regelmäßig“, sagt sie im Gespräch mit dem Altmühl-Boten. „Und ich konnte bis zu diesem Tag nie begreifen, wie Menschen eigentlich ertrinken können.“ Jetzt, sagt sie, wisse sie es besser. Und hofft, ihr Beispiel könne eine Warnung für andere sein.
Sie sei ins Wasser gegangen und losgeschwommen; eine Route, die sie drei Wochen zuvor schon einmal bewältigt habe, „ohne irgendwelche Probleme“, wie sie sagt. Der Unterschied: Damals war es windstill, die Wasseroberfläche spiegelglatt. Diesmal jedoch blies ein frischer Wind, und auf dem Brombachsee hatten sich kräftige Wellen gebildet.


„Auf dem Hinweg ging noch alles gut“, erinnert sich Andrea S., „doch auf dem Weg zurück ans Ufer war ich plötzlich total erschöpft. Ich sagte mir immer wieder, ,reiß dich zusammen’, aber meine Arme und Beine waren schwer wie Blei.“ Sie legte sich auf den Rücken, um etwas auszuruhen und neue Kräfte zu sammeln. „Aber da hat mich eine Welle überrollt, ich habe Wasser geschluckt und eingeatmet, habe angefangen zu hyperventilieren – und geriet schließlich in Panik.“


„Jesus, hilf mir!“

Etwa zehn bis 15 Minuten, so schätzt Andrea S., habe sie, zunehmend verzweifelt, um ihr Leben gekämpft. Und die sehr gläubige Frau ist überzeugt davon, dass sie dann etwas ganz Entscheidendes getan habe. „Ich habe gebetet und gefleht: ,Jesus, hilf mir!’“


Und tatsächlich: In diesem Moment wurde Valon Halaci, der mit seiner Frau Raba (33) und den drei Kindern (13, 11, 16 Monate) auf einem Tretboot unterwegs war, auf die Ertrinkende aufmerksam: „Ich habe eine Person gesehen, die wild mit den Armen ruderte und immer wieder unterging“, erinnert sich der Nürnberger Auto­händler. „Ich habe sofort gemerkt, dass da etwas nicht stimmt; Gott sei Dank, dass wir gerade da in der Nähe waren.“


Dieser glückliche Umstand war einer ganzen Reihe von Zufällen zu verdanken: Eigentlich hatte Halaci gar nicht aufs Land fahren wollen, dann hatte ihn sein Weg zum Brombachsee geführt, „obwohl ich sonst immer an den Rothsee fahre. Aber diesmal, ich weiß nicht warum, bin ich am Rothsee vorbeigefahren. Ich wollte meiner Familie dort einen Platz zeigen, wo ich als Kind immer mal wieder war“. Diesen Platz fand der gebürtige Albaner, der mit neun Jahren nach Franken kam, nicht und fuhr stattdessen – der nächste Zufall – nach Ramsberg.
 Weil die Kinder sich eine Fahrt mit dem Tretboot wünschten, ging die Familie zum Bootsverleiher. „Eigentlich hatte ich gar keine Lust auf so eine Fahrt“, erinnert sich Halaci, „und als ich sah, dass gerade kein Boot da war, wollte ich schon gehen.“ Weil aber die Kinder quengelten, gab er nach und reservierte das nächste einlaufende Tretboot für sich und seine Familie. „Als der Verleiher dieses Boot aus Versehen aber an andere herausgab, war ich echt sauer und wollte abhauen“, sagt er. „Erst im letzten Moment hab ich aus den Augenwinkeln heraus ein weiteres einlaufendes Boot bemerkt.“ Damit sollte es schließlich
auf die denkwürdige, lebensrettende Fahrt gehen.


„Sie war so unglaublich schwer“


Brombachsee: Nürnberger retten Frau vor dem Ertrinken

© Jürgen Eisenbrand

„Mein Großer und ich saßen an den Pedalen, und als ich die Frau im Wasser gesehen hatte, fuhren wir so schnell wie möglich zu ihr hin“, sagt Halaci. Seine Ehefrau hielt er davon ab, in den See zu springen: „Ich hatte Angst, dass die andere Frau sich an ihr festklammern würde und sie dann beide untergehen.“ Also steuerte er das Boot direkt auf Andrea S. zu, packte sie in letzter Sekunde an den Unterarmen – und zog ihren bereits erschlafften Körper ins Boot. „Sie war so unglaublich schwer“, sagt der kräftige junge Mann, „und ich dachte nur: Hoffentlich berge ich da nicht gerade eine Tote!“

Dass dem nicht so ist, war schnell klar: „Die Frau hat immer ganz leise gesagt, ,ich kriege keine Luft’ und ,ich habe keine Kraft’“, erinnert sich Raba Halaci, die den Kopf der Geretteten während der Rückfahrt im Arm hielt und beruhigend auf sie einsprach. Ihr Mann hatte inzwischen die Rettungskräfte alarmiert, die am Ufer die weitere medizinische Versorgung von Andrea S. übernahmen. „Sie hat sehr viel Wasser ausgehustet“, sagt Valon Halaci. Und: „Ich bin tausendprozentig sicher: Wenn wir nicht zufällig vor Ort gewesen wären, wäre die Frau jetzt tot.“

Die Ellingerin wurde vom Notarzt untersucht, ins Krankenhaus gebracht und dort eine Nacht lang auf der Intensivstation behandelt. Ihr Mann, der das ganze Drama von seinem Platz am Ufer aus nicht sehen konnte, wurde von der DLRG informiert: „Der war ziemlich platt“, sagt Andrea S., „er saß die ganze Zeit am Strand und hat sich überhaupt keine Sorgen gemacht. Er wusste ja, dass ich eine gute Schwimmerin bin, und dachte einfach, ich genieße das Wasser.“
 

Der Lebensretter wird am Sonntag von der DLRG Pleinfeld für seinen Einsatz geehrt.

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