Bürgermeister: Entscheidung war richtig

10.1.2015, 07:00 Uhr
Bürgermeister: Entscheidung war richtig

© Wolfgang Dressler

Bei Josef Weiß, seit 1993 Bürgermeister von Gnotzheim, will aber in diesen Tagen keine rechte Freude aufkommen. Die Erweiterung des Baugebiets „An der Brachgasse“ ist in die Mühlen der Justiz geraten. Weiß kann derzeit nicht abschätzen, wann das Baugebiet Realität werden könnte.

22 Parzellen sind geplant. Derzeit gibt es zehn Interessenten. „Das sind überwiegend junge Leute aus der Gemeinde“, berichtet der Bürgermeister. Er kann ihnen aktuell keine verbindliche Auskunft geben über die Erschließung und die Bebaubarkeit der Grundstücke, die sich alle in Gemeindehand befinden. Der benachbarte Landwirt Werner Seefried lässt vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof klären, ob der Bebauungsplan unwirksam ist, weil die neuen Häuser zu nahe an seinen Schweinezucht- und -mastbetrieb heranrücken würden (wir berichteten gestern).

Inzwischen hat sich die Gemeinde Gnotzheim einen Rechtsbeistand besorgt. Auf Empfehlung des Bayerischen Gemeindetags wurde die Nürnberger Rechtsanwaltskanzlei Eißfeld & Negendanck beauftragt, die Interessen der Gemeinde vor Gericht zu vertreten.

In der Sache selbst ist Josef Weiß überzeugt, dass er selbst und der Gemeinderat – alle wichtigen Beschlüsse zum Bebauungsplan seien einstimmig gefasst worden – richtig und vernünftig gehandelt haben, und zwar über einen langen Zeitraum hinweg. Der Bebauungsplan „An der Brachgasse“ sei aus dem 1994 fortentwickelten Flächennutzungsplan heraus entwickelt worden. Der erste Bauabschnitt habe ordentlichen Zuspruch gefunden, im Moment verfüge die Gemeinde in diesem ersten Teil nur noch über ein Grundstück, das sie verkaufen könne. Der Bedarf nach weiteren Bauparzellen sei groß. Deshalb solle jetzt der zweite Bauabschnitt an die Reihe kommen. All das sei bereits frühzeitig über den Flächennutzungsplan anvisiert worden. Der Gemeinderat habe damals vor der Frage gestanden, wo eine bauliche Entwicklung sinnvoll möglich sei.

Wie der Bürgermeister weiter schildert, ist diese Frage gar nicht so leicht zu beantworten. Im Behördendeutsch: „Der Planungsspielraum ist durch äußere Randbedingungen stark eingegrenzt.“ Im Osten des Dorfes befindet sich das Trinkwasserschutzgebiet der Gnotzheimer Gruppe mit engerer Schutzzone. Im Norden (Richtung Gunzenhausen) machen die topografischen Gegebenheiten – das Gelände ist teils abschüssig – und die Vorgabe des Landesamts für Denkmalpflege, die freie Sichtbeziehung auf Schloss Spielberg zu bewahren, die Sache nicht einfacher. Im Westen gibt es ein römisches Bodendenkmal. Zu beachten ist auch der Überschwemmungsbereichs des Wurmbachs. Nicht zuletzt musste die Gemeinde berücksichtigen, ob bestehende Bauernhöfe im Norden und Süden des Ortes durch Neubaugebiete tangiert würden (Imissionsschutz), und die Kläranlage spielte ebenso eine Rolle wie die B 466.

Nah bei zentralen Einrichtungen

Bei der Abwägung wurde auch klar, dass die gemeindlichen Einrichtungen alle im Süden liegen: Kirche, Schule, Kindergarten, Mehrzweckhalle, Sportanlagen). Der Weg von den künftigen Wohnhäusern zu diesen Einrichtungen sollte kurz sein. Eine Entwicklung im Norden hätte dem widersprochen, und außerdem wäre die Kompaktheit des Dorfes nicht mehr gegeben gewesen.
Aus all dem heraus strebte die Gemeinde bereits in den 90er-Jahren die bauliche Entwicklung im Süden an, und Josef Weiß hält das auch heute noch für absolut sinnvoll. Er kommt zu dem Schluss, dass auch der zweite Abschnitt der „Brachgasse“ rechtlich haltbar sei und in dieser Form umgesetzt werden dürfe. Das Allgemein­interesse müsse auch in diesem Fall vor einem Einzelinteresse gehen.

Weiß verweist dabei auch auf die geplante ökologische Ausgleichsfläche zwischen dem Rand des neuen Baugebiets und dem Betrieb Seefried. Im Übrigen müsse man die Lebenswirklichkeit sehen: Ein Bauernhof bewirke nun einmal Emissionen, etwa Gerüche. Das sei jedem in Gnotzheim klar, und die Bewohner des ersten Abschnitts der „Brachgasse“ hätten bisher gut mit dem Bauernhof der Familie Seefried leben können. Das werde auch im Fall des zweiten Bauabschnitts nicht anders sein. Wer dort bauen wolle, wisse um die Gegebenheiten, einschließlich einer möglichen Vergrößerung des Bauernhofs.
Den neuen Bauabschnitt um die äußersten vier Parzellen zu verkleinern, hält der Bürgermeister für falsch. Die Gemeinde müsse hier die wirtschaftlichste Lösung verfolgen, und die wäre dann eben nicht mehr gegeben.

Dabei hätte die Gemeinde am liebsten eine andere Lösung gehabt. An der Kreisstraße Richtung Spielberg befindet sich linkerhand ein großes Grundstück, das sehr gut für die Erweiterung des Baugebiets hätte verwendet werden können. Es befindet sich allerdings in Privatbesitz – und der Besitzer hat es an Landwirt Seefried verpachtet. Alle Bemühungen, dieses Gelände zu erwerben, schlugen fehl. „Ansonsten hätten wir den Bebauungsplan noch am 18. September letzten Jahres umgeschmissen“, betont der Bürgermeister. Es sei aber wirklich nichts zu machen gewesen. Bei einem Kauf hätte man ohne Weiteres auf die erwähnten vier Parzellen, die künftig dem Bauernhof am nächsten liegen werden, verzichtet.

Konflikt sitzt tief

Die Entfremdung zwischen Gemeinde und Familie Seefried sei weit fortgeschritten. Die Fronten seien verhärtet, merkt der Bürgermeister auf Nachfrage an. Er erwähnt einen umfangreichen Schriftverkehr und diverse Streitfragen, die zum Teil gar nichts mit dem Baugebiet zu tun hätten. Er selbst habe mehr und mehr das Gefühl gehabt, bei Werner Seefried gegen eine Wand zu laufen, berichtet Weiß. Die Hoffnung, dass dieser zu einem Einvernehmen mit der Gemeinde bereit sei, habe irgendwann nicht mehr bestanden.

Den Vorwurf, die Baulücken und die Leerstände im Ort ignoriert zu haben, lässt der Bürgermeister nicht auf sich sitzen. Er habe hier über Jahre hinweg intensive Gespräche geführt. Tatsache sei, dass so mancher Besitzer einer Baulücke keine Neigung verspüre, das Grundstück zu verkaufen. Und die Besitzer von nicht mehr genutzten Wohnhäusern könne man nicht zwingen, eine Änderung herbeizuführen. Da fehle nicht nur der Gemeinde Gnotzheim ein wirksames Instrument. Im Übrigen sei es ja auch so, dass viele Bauwillige gar nicht im Innenbereich renovieren oder neu bauen wollten, sie hätten viel lieber ein Häuschen im Grünen. Diesem Wunsch dürfe und wolle sich die Gemeinde nicht verschließen.

Doch „An der Brachgasse II“ droht jetzt wegen der Klage erst einmal auf Eis zu liegen. Der Bürgermeister betont zwar den politischen Willen, das Baugebiet so schnell wie möglich zu realisieren und die Erschließung in Auftrag zu geben. Im Moment könne er aber keinem Interessenten guten Gewissens eine Parzelle verkaufen. Dabei sei das Baugebiet ungemein wichtig, ja geradezu lebensnotwendig für die Gemeinde, die nur noch 835 Einwohner zähle. Weiß erwähnt Kindergarten, Schule und Vereinsleben. Seine Gedanken kreisen vor allem um den Schulstandort. Wenn ein Großteil der Bauinteressenten abspringen würde, wäre das mehr als ein Verlust. Es bleibe nur die Hoffnung, dass die Verwaltungsrichter in München „möglichst zeitnah“ entscheiden werden, und zwar im Sinne der Gemeinde.

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