Dittenheimer Rathaus-Chef muss zahlen

22.2.2020, 12:30 Uhr
Dittenheimer Rathaus-Chef muss zahlen

© Jürgen Eisenbrand

"Ich muss leider sagen: Das stimmt", räumte Ströbel damals die Verantwortung der Gemeinde für die Zerstörung der Kalktuffrinne nahe dem Dittenheimer Ortsteil Sammenheim ein. "Wir haben einen Beauftragten, der sich um den Wald hier kümmert", sagte Ströbel damals. Und der habe leider auch diese Aktion als "sich kümmern" verstanden.

Das Wasser habe sich mitunter gestaut, der Gemeindearbeiter habe es kanalisieren wollen – und dabei die Tuffrinne behandelt wie einen ganz gewöhnlichen Wasserlauf. Sprich: ausgebaggert. "Das haben wir ganz klar falsch eingeschätzt", gestand Ströbel.

Kalktuffquellen entstehen dort, wo sich versickerndes Regenwasser einen Weg durch kalkhaltiges Sedimentgestein bahnen muss und anschließend wieder ans Tageslicht tritt, erklären Fachleute das spektakuläre Phänomen. Das leicht saure Regenwasser löse dabei den Kalk aus dem Untergrund. Gelangt das Wasser dann wieder an die Oberfläche, verschieben sich die chemischen Verhältnisse durch die geänderten Druck- und Temperaturverhältnisse, und Kalkablagerungen entstehen. Die können dann kleine Wasserläufe auf bisweilen meterhohe Dämme "heben".

"Quellen sind gesetzlich geschützt, es ist also verboten, diese Biotope zu zerstören", sagte damals Eva Schubert als Begründung für die Anzeige des Landesbundes für Vogelschutz. "Zudem handelt es sich bei Kalktuffquellen um einen besonders geschützten Lebensraumtyp nach FFH-Richtlinie, wir haben also eine besondere Verantwortung für ihren Erhalt", so die Quellschutzbeauftragte des Verbandes. Die Quelle befinde sich noch dazu in einem Natura 2000-Gebiet. Für das gelte, dass der Zustand mindestens so erhalten bleiben muss, wie er zum Zeitpunkt der Unterschutzstellung war.

Der LBV erinnerte daran, dass an dieser Stelle nicht zum ersten Mal ein Umweltdelikt begangen worden war. Knapp zehn Jahre zuvor wurde derselbe Bach, jedoch an einem Abschnitt weiter bachaufwärts, durch Grabungen beschädigt. Dies führte damals zu erheblichen Beeinträchtigungen des Quell-Ökosystems, weshalb sich der LBV damals einschaltete und eine Wiederherstellung des ehemaligen Quellabflusses durchsetzte." Durch den erneuten Eingriff sei ein jahrzehntealtes Naturphänomen zerstört worden.

Eine Nachfrage bei der Staatsanwaltschaft in Ansbach ergab nun: Das Verfahren um die "Steinerne Rinne" wurde gegen den Gemeindearbeiter wegen Geringfügigkeit eingestellt. Wie auch das gegen den Verantwortlichen, also Bürgermeister Günter Ströbel – allerdings gegen eine Geldauflage von 1000 Euro, die Ströbel an die Bayerische Krebsgesellschaft überweisen musste.

"Es macht eben einen Unterschied, ob einem ein Bürgermeister etwas anordnet", erklärt Michael Schrotberger, der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft. 1000 Euro seien, so Schrotberger, für eine Geldauflage "relativ viel. Normalerweise bewegen wir uns da im Bereich zwischen 200 und 500 Euro". Ein vierstelliger Betrag sei "eher außergewöhnlich". Bei LBV-Fachfrau Eva Schubert hinterlässt dieser Ausgang der Affäre ein schales Gefühl. "Ich hätte mir gewünscht, dass das Verfahren durchgezogen worden wäre, dass es also einen Prozess und eine echte Strafe gegeben hätte", sagte sie auf Anfrage des Altmühl-Boten. Die 1000 Euro Geldauflage hält sie "für relativ niedrig, wenn man bedenkt, wie lange die Entstehung einer Kalktuffrinne dauert".

Ihr Verband nehme den Sammenheimer Naturfrevel jedenfalls zum Anlass, "Kontakt mit dem Bayerischen Umweltministerium aufzunehmen". Dort wolle man besprechen, "wie der Schutz dieser Kalktuffquellen dauerhaft gesichert werden" könne.

Allerdings: Schon jetzt sind die Quellen geschützte Lebensräume nach dem Bundesnaturschutzgesetz. Und Kalktuffrinnen sind sogar durch ein EU-Gesetz europaweit geschützt. Was nicht verhindern konnte, dass sich ein Gemeindearbeiter und ein Bürgermeister verhängnisvoll darum "gekümmert" haben.

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