Ein Unterasbacher Optimist setzt auf Elektromobilität

7.12.2017, 05:50 Uhr
Ein Unterasbacher Optimist setzt auf Elektromobilität

© Foto: privat

Mit dem Elektroauto mal eben nach Hamburg fahren? "Träum weiter", mögen die Besitzer heutiger Stromer da rufen. Für Davide Di Bella ist das jedoch alles andere als Zukunftsmusik. Spätestens in rund zwei Jahren werden entsprechende Elektroautos von deutschen Herzstellern auf dem Markt sein, ist der 29-Jährige überzeugt.

Und der Unterasbacher weiß, wovon er spricht: Er ist bei Valeo-Siemens in Erlangen für die Entwicklung und Produktion ganzer Antriebsstränge für Elektroautos zuständig. Vor rund einem Jahr haben mit Siemens und Valeo elektrisches Know-how und "automobiler Charakter" zusammengefunden, und das offensichtlich genau zum richtigen Zeitpunkt: Seit dem Zusammenschluss verzeichnet das Unternehmen Aufträge in Milliardenhöhe.

Die Bestellungen der Automobilhersteller landen unter anderem bei Davide Di Bella auf dem Tisch. Ganze Produktionslinien entstehen derzeit unter anderem in Erlangen, und von daher kennt der Elektroingenieur den Markt natürlich aus dem Effeff. "Ich weiß, dass in nächster Zeit sehr viele Elektroautos produziert werden", erzählt der 29-Jährige im Gespräch mit dem Altmühl-Boten.

Auch die deutschen Automobilhersteller setzen - kurz bevor der Elektrozug ganz abgefahren ist - voll auf die Stromer. VW beispielsweise will 2019 ein komplett neues Elektroauto mit einer Reichweite von 700 Kilometern auf den Markt bringen. Selbst Audi plant einen Elektrowagen, bisher hatte sich der Ingolstädter Konzern in Sachen Stromer dezent zurückgehalten. Daneben arbeiten Firmen wie Sono Motors an pfiffigen Ideen. Das Münchner Start-up-Unternehmen hat seinen Prototypen eines Solar-Elektroautos bereits der Öffentlichkeit vorgestellt, der Van soll laut Di Bella für 20 000 Euro zu haben sein und 2019 in Serie gehen. Vorbestellungen werden - da macht das Beispiel Tesla Schule - bereits jetzt entgegengenommen.

Wollen die Unternehmen ihre Elektroautos aber auch wirklich an den Mann bringen, dann muss in Sachen Ladesäulennetz in nächster Zeit einiges passieren. Un hier ist tatsächlich Abhilfe in Sicht. Die großen deutschen Autobauer Mercedes, BMW, Ford und VW wollen bis 2020 ein bundesweites Schnellladesystem mit 400 Stromtankstellen auf die Beine stellen. Die Schnellladesäulen sollen, wie der Focus berichtet, mit dem Einheitsstecker CCS (Combined Charging System) ausgestattet werden. Mit einer Ladeleistung von bis zu 350 Kilowatt wird das Stromtanken unterwegs so zu einer zügigen Angelegenheit.

Dazu kommen Neuerungen wie autonomes Fahren und selbst elektronisches Fliegen wird bereits getestet. Für Di Bella steckt der Markt voller Herausforderungen und Chancen. Gerade die Bereiche Stromspeicherung sowie Standardisierung und Vereinfachung von Lade- und Bezahlsystemen böten jede Menge Möglichkeiten für findige Startup-Firmen.

Firma macht mit

Wer im Bereich Elektromobilität aktiv wird, betreibt zudem auch kräftig Imagepflege. Di Bellas Arbeitgeber beispielsweise hat seine Anregung aufgegriffen und fünf Ladesäulen für die Mitarbeiter errichtet. Die stehen nun gut sichtbar vor der Firma, sind meistens belegt und geben ein deutliches Signal an die Kunden.

In der Regel hängt an einer der Säulen der i3 Range Extender des Unterasbachers. Vor gut zwei Jahren hat er sich für den Stromer von BMW entschieden und würde um nichts in der Welt mehr tauschen wollen. Denn, das werde meist gar nicht bedacht, mit dem Elektroauto zu fahren "macht auch einfach Spaß". 100 000 Kilometer hat er mit dem Wagen bereits zurückgelegt und fährt immer noch mit den ersten Akkus. Überhaupt sei das Fahrzeug extrem wartungsarm, lediglich ein Filter musste bisher ausgetauscht werden. Mit einer "Praxisreichweite" von 100 bis 130 Kilometern ist die tägliche Fahrt nach Erlangen für ihn kein Problem, aber auch nach Italien, Holland oder Hamburg ist der 29-Jährige mit seinem E-Auto gereist. Nach dem Abitur am Platen-Gymnasium in Ansbach absolvierte Di Bella in Stuttgart ein duales Studium zum Elektroingenieur und war bei Siemens in der Automatisierung tätig. Seine nächste Station führte ihn zu Siemens nach Hamburg. Doch die Programmierung von Schiffen war nicht das, was der Unterasbacher auf Dauer wollte. "Wenn ich einmal nach 30 Jahren zurückblicke, möchte ich zu dem stehen können, was ich getan habe." Deshalb wollte er mit sauberen Energien arbeiten. Die Elektromobilität ist für den umweltbewussten Fachmann die perfekte Lösung.An der führt nach Di Bellas Überzeugung kein Weg vorbei. Denn selbst wenn in Deutschland am Verbrennungsmotor festgehalten werden sollte, auf dem Weltmarkt werde er nicht mehr lange bestehen können. Mit Jammern, etwa um die Arbeitsplätze, muss man dem sympathischen Optimisten dabei nicht kommen. In der neuen Technologie stecken jede Menge Jobs drin, ist sich Di Bella sicher. Allein sein Arbeitgeber werde in den kommenden Jahren über 2000 neue Stellen einrichten.

Wo künftig getankt wird

Die Tankstellen, wie wir sie heute kennen, werden künftig wohl ausgedient haben. Wer seinen Stromer für längere Zeit an die Steckdose hängen muss, der möchte diese Zeit sinnvoll nutzen, etwa Einkäufe erledigen oder sich wenigstens in ein hübsches Café setzen. Doch der überwiegende Teil der Autos wird wohl zu Hause und am Arbeitsplatz aufgeladen werden. In Gunzenhausen parken viele Arbeitnehmer ihre Autos auf dem Parkplatz Oettinger Straße. Der könnte beispielsweise, schildert Di Bella mit leuchtenden Augen, mit einer Photovoltaikanlage überdacht und die einzelnen Parkbuchten mit Steckdosen ausgestattet werden. Wer sein Fahrzeug dort den ganzen Tag stehen lässt, dem reicht ein herkömmlicher Schuko-stecker, für die Eiligen müssten auch ein paar Supercharger dabei sein. Über solche und ähnliche Ideen würde sich Di Bella gerne mit anderen Interessierten, die die Elektromobilität in und um Gunzenhausen voranbringen wollen, im Rahmen eines Stammtisches austauschen und vielleicht ein kleines lokales Netzwerk aufbauen.

"Wenn man nicht anfängt, kann man nichts verbessern", ist Di Bellas Devise. Das Ziel "100 Prozent erneuerbare Energien" könne man entsprechend nicht erreichen, wenn man die Hände wartend in den Schoß lege. "Man muss jetzt damit beginnen!"

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