Er half unzähligen Gunzenhäusern auf die Welt

27.4.2019, 18:14 Uhr
Er half unzähligen Gunzenhäusern auf die Welt

© Tina Ellinger

Dabei hatte sich der heute 67-Jährige nach Abschluss des Windsbacher Gymnasiums zunächst für ein Physikstudium entschieden. Nach dem Vordiplom schwenkte Holzberger dann auf Medizin um. Sein Studium absolvierte er in Saarbrücken und Erlangen, die Facharztausbildung führte ihn an die städtische Frauenklinik in Nürnberg. "Das war zu dieser Zeit eine der größten Frauenkliniken in Deutschland", erinnert er sich.

Mit dem Facharzt Gynäkologie in der Tasche bewarb er sich um die Belegbetten am Gunzenhäuser Kreiskrankenhaus, die Dr. Helmut Natalis 1987 aus Altersgründen abgeben musste. Seine Praxis richtete er im Ärztehaus ein und hatte bald alle Hände voll zu tun. Schnell war klar, dass das Arbeitspensum aus Praxisalltag sowie Abend- und Wochenenddiensten alleine nicht zu stemmen ist. Von Anfang an begleitete er die Geburten seiner Patientinnen selbst – Tag und Nacht, auch wenn es damals üblich war, dass das der gerade diensthabende Internist oder Chirurg übernahm.

Mit Dr. Herbert Goerk holte er sich 1991 einen Kollegen in die Altmühlstadt, den er bereits aus seiner Zeit in Nürnberg kannte. Gemeinsam führten sie die Praxis weiter, teilten sich die Dienste auf der Geburtsstation teilweise mit den beiden weiteren in Gunzenhausen niedergelassenen Frauenärzten.

Etwa 400 bis 500 Babys erblickten im Krankenhaus auf dem Reutberg jedes Jahr das Licht der Welt, der Rekord von 750 Geburten wurde im Jahr nach der Wende aufgestellt. Doch es wurde zunehmend schwieriger, Hebammen und Ärzte für die Geburtshilfe zu finden, sodass 2010 die Entbindungsstation in Gunzenhausen geschlossen wurde. Davor hatten Holzberger und Goerk zwei Jahre lang das Angebot aufrecht erhalten und sich zusammen mit der Krankenhausleitung intensiv bemüht, einen dritten Arzt dafür zu finden, der dann auch in die Praxis hätte einsteigen können. Jedoch vergeblich.

"Geht an die Substanz"

"Die Belastung war einfach zu groß", blickt Holzberger mit einem weinenden und einem lachenden Auge auf diese Entscheidung zurück. "Das geht schon an die Substanz", weiß er aus seiner langjährigen Erfahrung und verweist auf die physische und psychische Anstrengung, die nicht nur das nächtliche Aufstehen mit sich bringt. Dazu kommt der Stressfaktor, den eine Entbindung mit sich bringe, könne sich doch die Situation von einer auf die andere Sekunde komplett verändern.

Verändert haben sich im Laufe seines langen Berufslebens auch so manche Rahmenbedingungen: Der Bürokratismus hat zugenommen, schon allein beim Mutterpass sei viel mehr Dokumentation notwendig als früher. "Am Anfang hatten wir noch nicht einmal einen Computer", schmunzelt er. Heute sind Diagnoseverfahren wie 3-D-Ultraschall, Geburten unter Wasser oder die endoskopische Entfernung der Gebärmutter Standard. "Früher mussten die Frauen nach einer solchen OP zwei Wochen im Krankenhaus bleiben, heute dürfen sie nach zwei bis drei Tagen nach Hause."

Und noch etwas ist anders geworden: Mehr und mehr wurde es üblich, dass die Männer im Kreißsaal dabei sind, was in aller Regel gut gelaufen sei. "Ab und an mussten wir mal einen rausschicken oder einen Stuhl hinstellen", plaudert der Frauenarzt ein bisschen aus dem Nähkästchen.

Wie vielen Kindern er auf die Welt geholfen hat, kann er gar nicht zählen. Etwas besonderes sei es aber immer gewesen, wenn eines dieser Kinder dann wiederum selbst bei ihm entbunden hat – sozusagen in zweiter Generation. Dass seine Praxis – wenn auch aus Platzgründen an einem anderen Standort – weitergeführt wird und er zunächst mit Dr. Jennifer-Lisa Schnell einen dritten Partner und jetzt mit Dr. Peter Kuhn einen qualifizierten Nachfolger gefunden hat, erfüllt ihn durchaus mit Stolz und Zufriedenheit. Auch Tochter Daniela ist dort mit eingestiegen und arbeitet in der gynäkologischen Onkologie, einem Schwerpunkt von Dr. Schnell, mit.

Der langjährige Mediziner kann es also beruhigt etwas langsamer angehen lassen, und er hat fest vor, sich wieder mehr seinem Hobby, der Modelleisenbahn, zu widmen. Auch im Garten in der Gunzenhäuser Südstadt warten so einige Arbeiten, die in den letzten Jahren liegen geblieben sind, auf den Ruheständler. Und dann sind da noch die beiden Enkelkinder Domenico und Pierra, die sicher auch dazu beitragen, dass dem Opa nicht langweilig werden wird.

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