Schnell und gefährlich

Fußballer Selz: Der Arjen Robben vom Brombachsee

13.11.2020, 06:03 Uhr
Fußballer Selz: Der Arjen Robben vom Brombachsee

© Dominik Mayer

Am liebsten mag er den Zander. Ein launischer Fisch sei das, sagt Thomas Selz. "Der ist schwierig zu überlisten, da freut man sich umso mehr, wenn man ihn dann mit nach Hause nehmen kann." Der Raubfisch ist ein kluges Tier. Man braucht ein bisschen Ehrgeiz, um einen Zander zu fangen.

Eine Eigenschaft an der es Selz nicht mangelt. Seit 2015 spielt der Hobbyangler, der seine Jugend beim TSV Spalt verbracht hat, beim FV Dittenheim. Sein Name ist inzwischen zu einem Synonym für den gesamten Verein geworden. Der Stürmer trifft beinahe nach Belieben, hat in der laufenden Saison in 20 Spielen 18 Tore erzielt. In den Vorjahren war seine Anwesenheit ähnlich unangenehm für die gegnerische Defensive.


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Vom TSV Absberg ist er vor fünf Jahren nach Dittenheim gewechselt. Nach einem Vorbereitungsspiel erkundigte sich der damalige Trainer Rainer Eisenberger nach Selz’ Handynummer. "Ich muss wohl einen guten Eindruck hinterlassen haben", sagt der heute 26-Jährige und grinst verschmitzt.

Im Zentrum blüht er auf

Dabei ist ihm der Wechsel nicht leicht gefallen. Schließlich konnte er in Absberg zusammen mit seinen Cousins spielen. Doch der Aufstieg des FV in die Bezirksliga hat etwas in ihm ausgelöst. "Das war so ein Kick, da habe ich dann gesagt, ich probiere es." Es folgen zwei durchwachsene Jahre im neuen Verein. Selz muss meistens auf der linken Außenbahn ran, eine Position, die er nur widerwillig bekleidet.

Fußballer Selz: Der Arjen Robben vom Brombachsee

© Foto: Dominik Mayer

Dazu die neue Liga, in der Fehler deutlich schneller bestraft werden als in der Kreisklasse, wo Selz mit seinen Absbergern aufgelaufen ist. Viele Kleinigkeiten fehlen ihm zu diesem Zeitpunkt noch zu einem guten Bezirksliga-Spieler: die Laufwege, das taktische Verständnis, die körperliche Härte.

Die Wende kommt auch mit dem neuen Trainer Martin Huber, der in der Saison 2017/2018 die Regie an der Seitenlinie übernimmt. Als sich Top-Stürmer Philipp Unöder verletzt, lässt Huber Thomas Selz im Zentrum auflaufen. Eine richtungsweisende Entscheidung, weil Selz auf dieser Position seine Stärken perfekt ausspielen kann. Den unwiderstehlichen Antritt, die schnellen Tempodribblings, die technische Raffinesse, die Laufwege in die Tiefe. Mit dem damals verletzten Unöder bildet er längst ein ebenso gefürchtetes wie geniales Sturmduo. "Die beiden passen perfekt zusammen", sagt Coach Huber. "Der Unni macht die Bälle vorne fest und der Thomas rennt schnell in den tiefen Raum."

Kein Lust auf Ballgeschiebe

Selz braucht einen wie den wuchtigen Unöder an seiner Seite weil der seine eigenen Schwächen perfekt ausgleicht. "Zweikampfführung, Körperspiel und die Bewegung in der Defensive kann ich sicherlich nicht so gut", berichtet Selz. Und sein Trainer ergänzt: "Es liegt ihm nicht, Bälle mal länger zu halten. Und in den eigenen Sechzehner geht er nur, wenn es unbedingt sein muss." Schnelle Pässe, Zug zum Tor, volle Offensive – das ist sein Spiel. Auf kontrolliertes Ballgeschiebe hat Selz keine Lust. Und er macht daraus auch kein Geheimnis.

"In der Vorbereitung im Sommer war er zwei Wochen verletzt", erzählt sein Coach. "Genau in der Zeit haben wir Tiefenpässe trainiert. Als er dann wieder da war, standen Querpässe auf dem Programm. Da hat er ziemlich gejammert." Selz bestätigt die Anekdote. Die Übungen seien halt eher was für Sechser und Innenverteidiger gewesen, findet er.

Trotzdem: Die beiden schätzen sich sehr. Und wenn es Huber im Training mit den Querpässen übertreibt, wird er zum Ausgleich mal wieder Opfer eines Kartentricks seines Stürmers. Der genießt es, seine Teamkollegen "ab und zu ein bisschen zu verarschen".

Mehr als ein "Bauernverein"

"Ich musste mir mal eine Karte aus einem Kartenstapel aussuchen, dann hat der Thomas gemischt und mir gesagt, ich soll meine Karte suchen. Die war aber nicht mehr da. Dann hat er gemeint, ich soll mal in das Buch schauen, das neben mir liegt, ob die Karte vielleicht dort ist. Und da war sie natürlich auch. Ich weiß nicht, wie der das macht, ich saß ja die ganze Zeit daneben und habe zugeschaut", berichtet Huber hörbar fasziniert. Vor zwei Jahren hat Selz begonnen, sich mit Zauberei zu beschäftigen. "Wenn man sich ein bisschen einliest, ist das eigentlich ganz einfach", findet er. Nur ein paar kleine Tricks seien das.


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Fußballer Selz: Der Arjen Robben vom Brombachsee

© Foto: Dominik Mayer

Wie lange sie den (Ball-)Zauberer Selz noch in Dittenheim bewundern dürfen, ist ungewiss. Dabei liebt er den Verein. "Komplett lässig" ist das Umfeld dort, sagt er. Die ruhige, familiäre Atmosphäre unterscheidet den FV von manch anderen Vereinen, in denen es eher rau zugeht. Selz weiß das zu schätzen. Und genießt es, wenn mal wieder ein Gegner geknickt vom Platz schleicht, der vorher allzu laut über den "Bauernverein" Dittenheim gespottet hat.

Trotzdem weckt seine fußballerische Klasse natürlich Begehrlichkeiten. Anfang des Jahres war er zum Probetraining beim Regionalligisten VfB Eichstätt. Zwei Jahre haben die Verantwortlichen dort Selz schon auf dem Zettel. Noch ist die Corona-Krise im Weg, danach könnte der Wechsel vollzogen werden. Es wäre ein großer Schritt. Weg aus der FV-Familie hin an die Schwelle des Profifußballs. Ein Wagnis, ein Neuanfang als einer von vielen, ohne den Status, den er in Dittenheim genießt.

Unruhig wird nur der Zander

Sollte es dennoch ernst werden zwischen Selz und dem VfB würde man ihn aber wohl ziehen lassen. Beim FV wären sie stolz, einen von ihnen in der vierthöchsten deutschen Liga zu sehen. "Ich habe schon den Ehrgeiz, meine Grenzen auszutesten", sagt Selz. Das Streben nach dem maximalen Erfolg, zeichnet ihn aus. Ein Charakterzug, den er mit seinem Vorbild Arjen Robben teilt. Ebenso wie die Anfälligkeit für Verletzungen.


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Momentan konzentriert sich Selz – zwangsläufig – auf das Leben außerhalb des Fußballs. Seinen Beruf als Vertriebsmitarbeiter, den er nach seinem Bachelor-Abschluss in Erneuerbare Energien angetreten hat, seine Freundin – und natürlich das Angeln. Wenige hundert Meter sind es von seinem Elternhaus in Enderndorf ans Ufer des Brombachsees, den er gerne auch per Boot erkundet.

Neben ihm sitzt dann oft Pascal Schärtel, Spielertrainer des TSV Absberg. "Thomas ist ein lustiger Typ mit dem man sich auf Anhieb gut versteht", sagt Schärtel. Gemeinsam philosophieren sie auf dem Wasser über Fußball und die Welt. Als "Ruhesport" bezeichnet Selz das Angeln. Ein angenehmer Kontrast zum Spektakel auf dem Platz. Nur der Zander hat allen Grund, nervös zu werden.

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