Gesamtes Seenland leidet unter der Algenplage

6.8.2010, 17:12 Uhr
Gesamtes Seenland leidet unter der Algenplage

© Wolfgang Dressler

Es liegt vor allem am Algenproblem, dass die Einrichtungen direkt am Ufer derzeit so leiden. Im vorigen Sommer hatte es besonders früh und heftig den Altmühlsee erwischt, dort herrschte zur allerbesten Urlaubszeit Katastrophenstimmung. Siegfried Kipfmüller, der erfahrene Geschäftsführer des Zweckverbands Altmühlsee, sagte damals: „Noch so eine Saison mit den Algen bei  uns im See können wir nicht überstehen.“

Die Blaualgen machten sich auch heuer im Altmühlsee breit. Vor wenigen Wochen ging ihr Bestand aber auf geradezu wundersame, wissenschaftlich jedenfalls nicht genau erklärbare Weise zurück. Dafür schwappt in Teilen des Kleinen Brombachsees und des Igelsbachsees eine grüne Brühe, die zu einer Badewarnung des Gesundheitsamts führte und nicht nur bei den Urlaubern, bei den Kiosk­betreibern und beim Zweckverband Brombachsee (ZVB) für schlechte Stimmung sorgt. Letztlich muss sich das gesamte Seenland betroffen fühlen, wenn es erneut ungünstige Algen-Schlagzeilen gibt, an erster Stelle der Weißenburg-Gunzenhäuser Landrat Franz Xaver Uhl, zugleich Vorsitzender des ZVB und des Seenland-Tourismusverbands.

Algenproblem zeichnete sich schon voriges Jahr ab

Klaus Amende verweist darauf, dass die Algenvermehrung nicht ganz überraschend gekommen ist. Bereits im August 2009 waren auch Igelsbachsee und Kleiner Brombachsee „infiziert“. Damals rückte das Ende der Saison näher, und die Blicke der Öffentlichkeit waren auf den Altmühlsee gerichtet. Am Igelsbachsee schien alles nicht so schlimm zu sein, auch der  Strand war erstaunlicherweise noch recht gut gefüllt. Doch bereits im Winter hatte Amende ein ungutes Gefühl, als es unter dem Eis des Igelsbachsees grünlich schimmerte. In stillen Buchten und am Damm ließen besorgniserregende Algenteppiche im zeitigen Frühjahr nichts Gutes ahnen.

Gesamtes Seenland leidet unter der Algenplage

© Wolfgang Dressler

Die Kioskbetreiber, dem das nahe Gasthaus „Zum Hochreiter“ gehört und der auch Ferienwohnungen vermietet, alarmierte damals Spalts Bürgermeister Udo Weingart und den Zweckverband. Für ihn war längst klar: „Das ist kein Blütenstaub, der sich von oben aufs Wasser legt. Das kommt von unten.“
Jetzt sitzt Klaus Amende – und nicht nur er – im Schlamassel. Er berichtet im Gespräch mit Franz Xaver Uhl von einem Umsatzrückgang von 60 Prozent im Vergleich zu 2009. Der Verlust an Badegästen liege bei 100 Prozent. Und den Bootsverleih, für den der Kioskpächter auch zuständig ist, bleibt längst geschlossen. Es fehlen einfach die Besucher.

"Es ist einfach keine Normalität mehr da"

Amende weiß, dass das nasskalte Frühjahrswetter seinen Teil zu den schlechten Zahlen beigetragen hat. Für die Hochsaison hatten er und die vielen anderen Gastronomen auf klingelnde Kassen gesetzt, um das Jahr 2010 ordentlich abschließen zu können. Jetzt aber kommen Anrufe von Leuten, die sich nach Ferienwohnungen erkundigen. „Als Erstes wollen sie wissen, ob noch was frei ist. Dann fragen sie, ob es Algen im Wasser gibt. Und dann legen sie auf.“
Dabei geht es dem Pächter am Enderndorfer Zweiseenplatz noch besser als manchem Kollegen. Er kann auf sein Hauptstandbein, den „Hochreiter“, zurückgreifen. Seine Existenz hängt nicht gänzlich vom erfolgreichen Kioskbetrieb ab. Dort allerdings weiß er inzwischen gar nicht mehr, wie er mit dem Personal planen soll – „es ist einfach keine Normalität mehr da“.

Ausflügler und Feriengäste, die den Igelsbachsee ansteuern, werden zum nahen Großen Brombachsee verwiesen. Dieser ist algenfrei. Beruhigen kann das aber niemanden. „Alle haben Angst, dass vielleicht auch für den großen See noch eine Badewarnung kommt“, betont Klaus Amende, und ZVB-Vorsitzender Uhl muss etwas gequält zustimmen. Außerdem glaubt Amende, dass Gäste, die den grünen Algenteppich gesehen haben, in Zukunft das ganze Seenland meiden werden, egal ob einer der Seen noch algenfrei ist oder nicht. Die unvermeidlichen Medienberichte, nicht zuletzt die überregionalen Beiträge im Fernsehen, täten ein Übriges, um das Image des Seenlands zu beeinträchtigen. Letzte Meldung: Auch für den Altmühlsee gilt wieder eine Badewarnung.

Wasserflächen als Hauptkapital des Seenlands

Gehe es so weiter, seien die Aussichten düster. Die Anstrengungen aller Investoren, gewerblich wie privat, für den Fremdenverkehr drohten vergeblich gewesen zu sein, befürchtet Amende. Nach seiner Meinung hätte das Algenproblem schon vor drei, vier Jahren („damals wusste man längst Bescheid“) angepackt werden müssen. Jetzt sei es fünf nach zwölf. Die Wasserflächen seien nun einmal das Hauptkapital des Seenlands. Deshalb: „In erster Linie brauchen wir sauberes Wasser.“ Hier müsse sofort etwas getan werden. Um das Ruder herumzuwerfen, sollte der Igelsbachsee als Versuchsobjekt dienen. Er sei quasi eigenständig, beziehe sein Wasser eben nicht aus dem Altmühlsee. Gastronom Amende, und auch Landrat und ZVB-Chef Uhl könnten sich den Einsatz von Chemie vorstellen, um hier die Algen zumindest für einige Jahre zurückzudrängen. Diese Phosphatfällung würde wohl rund 600000 Euro kosten. Eine Gewähr, dass der Versuch gelingt, gibt es nicht. In solchen Größenordnungen wurde bisher nicht geforscht.

Gesamtes Seenland leidet unter der Algenplage

Der Landrat, seit Mai 2008 im Amt, kann in vielen Punkten Kioskpächter Amende nicht widersprechen. Und kurzfristige Erfolge kann er nicht herbeireden. Er erinnert an die Seenkonferenzen und die Absicht, die Kläranlagen im Einzugsgebiet des Altmühlsees mit einer wirksamen Phosphatfällung auszustatten. Das wird aber dauern, trotz der staatlichen Gelder. Jede Gemeinde muss für sich entscheiden.
Auch gegen Uhls Vision, den Fremdenverkehr unabhängiger vom Wasser zu machen, und sein Ziel, noch mehr die Radler und Ausflügler in der Werbung anzusprechen, gibt es von niemandem Einwände. Uhl weiß aber genau, dass es auf den Freistaat ankommt, wenn die Wasserqualität verbessert werden soll. Mit dem Wasserwirtschaftsamt Ansbach läuft die Kooperation sehr gut. Uhls Appell geht in Richtung München, denn: „Was in 25 Jahren aufgebaut wurde, wird jetzt auf die Probe gestellt.“

Die Tatsache, dass der Zweckverband Brombachsee geringere Einnahmen hat, wenn die Kioskpächter weniger Geld einnehmen (die Pacht ist an den Umsatz gebunden), stellt für Franz Xaver Uhl derzeit nur ein kleineres Problem dar. Er regt an, im Herbst mit den Pächtern Bilanz zu ziehen und über Vorschläge, Ideen und Kritik offen zu sprechen. Das Thema Algen wird dann garantiert zur Sprache kommen. Und die Erkenntnis, dass auch viele andere Gebiete unter den Blaualgen leiden, von der Ostsee bis nach Oberbayern, kann in diesen Tagen, da das Tourismusgeschäft im Seenland brummen müsste, niemanden trösten.