Gunzenhausen: Ansturm auf Baumärkte und Gärtnereien

20.4.2020, 16:31 Uhr
Gunzenhausen: Ansturm auf Baumärkte und Gärtnereien

© Reinhard Krüger

"Endlich", sagte BayWa-Baumarkt-Chef Erwin Wittmann, und "endlich" sagten die Kunden, die ihre Wagen genüsslich durch die Gänge schoben. Schon um sieben Uhr morgens standen zwei Männer an, erzählte Wittmann, doch als sie lasen, dass erst eine Stunde später geöffnet wird, zog der eine ab, der andere verharrte freilich in seiner Pole-Position: Warten auf das Startsignal.

Derweil bereitete die BayWa-Mannschaft die veränderten Öffnungsbedingungen minutiös vor. Nur 45 Besucher dürfen sich gleichzeitig im Baumarkt aufhalten, "deshalb haben wir auch nur diese Anzahl von Wagen bereitgestellt", erklärte der 59-jährige Wittmann. Seit 43 Jahren ist er in der Firma, seit 26 Jahren Baumarkt-Chef. Da sitzen alle Handgriffe, die Kommandos, die Sicherheit, auch in der Krise das Richtige zu tun.

Eigens abgestellte Mitarbeiter des 28-köpfigen Teams desinfizierten nach jedem Einstellen die Griffe, nur durch eine "Schleuse" gelangte der Kunde ins Innere. Mund- und Gesichtsmasken in Geschäften zu tragen wird erst in einer Woche zur Pflicht, die Kür gibt es jetzt schon: Im Eingangsbereich stehen Mitarbeiter, die den Kunden Masken anbieten "und es ihnen nahelegen", so Wittmann.

Trotz der vielen Auflagen und Vorschriften, "bin ich erleichtert ohne Ende", dass es endlich, endlich, wieder losgeht, gibt Wittmann einen Einblick in seine Gefühlswelt. Vier harte Wochen liegen jetzt hinter ihm und seiner Mannschaft.

Für gewerbliche Kunden hatten sie zwar beschränkt geöffnet, auch ein Lieferservice wurde aufgebaut, das hält aber keinem Vergleich mit einigermaßen normalem Kundenbetrieb stand. 23 Mitarbeiter wurden in Kurzarbeit geschickt, "denn Homeoffice geht bei uns nicht".

Ist sonst der Schreibtisch der bevorzugte Arbeitsplatz von Erwin Wittmann, saß der Chef in der Krise an der Kasse, um Handwerker abzurechnen, am Telefon, teilte Lieferungen ein und beantwortete jede Menge E-Mails. "Wir wurden alle mehr oder minder ins kalte Wasser geschmissen", resümierte er und beklagte, wer kann es ihm verdenken, den Zeitpunkt: "Die Hälfte der Gartensaison ist bereits gelaufen." Am Sonntag wurden die letzten Pflanzen per Lkw angeliefert.

Jetzt können sie wieder loslegen, auch wenn alle die ungewohnte (und ungeliebte) Maske tragen müssen. "Ich schwitze ganz schön darunter", gesteht Wittmann und fühlt damit auf einmal mit den Beschäftigten in den Krankenhäusern, die das schon seit vielen Wochen mitmachen.

Damit jede und jeder der Angestellten in den "Genuss" des Verkaufens und Beratens kommt, gibt es bei der BayWa eine A- und eine B-Schicht. Um 14 Uhr wird einmal komplett durchgewechselt, heißt die Order aus der Chefetage.

Und was kaufen die Kunden so ein? Eng beschrieben stehen die Wünsche auf einem Zettel: Blumenerde, Werkzeug, Pflanzen steht bei einem Kunden geschrieben. "Das ist aber erst der Anfang", sagt der Mann und lacht. Für Matthias und Hannelore Krogoll aus Pfofeld war vor allem überraschend, "dass nicht so viel los ist". Doch der Parkplatz füllte sich noch am Vormittag, erwartungsvoll stiegen die Menschen aus – und los ging es mit dem Vergnügen, endlich ein anderes Geschäft als den Supermarkt besuchen zu können.

Gunzenhausen: Ansturm auf Baumärkte und Gärtnereien

© Reinhard Krüger

Ein ähnliches Bild ergab sich bei Branche Nummer zwei: die Gärtnereien. Der Parkplatz vor der alteingesessenen Gärtnerei Kuck in Unterwurmbach war am Vormittag knackevoll. Kaum ein Durchkommen, langsam schoben sich die Karossen in Richtung Lücke. Es herrschte ein Kommen und Gehen. Auffallend: die mit Pflanzen prall gefüllten Einkaufswagen.

So wie bei Wolfgang und Ursula Mohr aus Bechhofen. Seit vielen Jahren kaufen die Eheleute beim Kuck, "weil die haben alles frisch, und die beraten gut", sagen sie. Auch hier fällt sofort das Wort des Tages: "Endlich!"

"Heute geht’s los!"

Die letzten Wochen seien schlimm für sie gewesen, "weil wir so gerne garteln". Jetzt stapelten sich Blumenerde, Sträucher, Pampasgras und Gemüsepflanzen in ihrem großen Einkaufswagen. "Heute Nachmittag geht’s los", rufen sie und packen alles in ihr Auto.

Das hört sicher auch Tobias Kuck gerne. Der 32-Jährige führt das Familienunternehmen seit Jahresbeginn, doch der Start verlief Corona-bedingt natürlich alles andere als zufriedenstellend. Jetzt aber ist er nur "happy", sagte der Gärtnermeister lächelnd.

Beide Eltern arbeiten noch aktiv mit, insgesamt 24 Beschäftigte sind auf dem weitläufigen 4000-Quadratmeter großen Areal unterwegs. Wir verkaufen Pflanzen aller Art, vom Gemüsebeet bis hin zu Bäumen, sagte die Seniorchefin. Ein ausgeklügelter Lieferservice verhinderte die Kurzarbeit, sodass sie einigermaßen gut durch die Krise kamen.

Doch auch hier hat Tobias Kuck eine einfache Rechnung offen: Im April beginne die Saison, da verdiene er das Geld fürs gesamte Jahr. Ein umstrukturierter Kassenbereich, Einbahnstraße, Sicherheitsabstand, Security-Personal und strikte Einlasskontrolle (nur 60 Personen dürfen hier gleichzeitig unterwegs sein) zeugen vor allem von einem: Normal sieht anders aus.

Dennoch, die Gesichter strahlten, das Wetter auch, so langsam ist der Weg aus der Krise geebnet. Wenn auch vorerst nur bei zwei Branchen.

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