Gunzenhausen: Badespaß in der Altmühl

4.8.2018, 07:00 Uhr
Gunzenhausen: Badespaß in der Altmühl

© Stadtarchiv Gunzenhausen

Um es gleich vorneweg zu sagen: Das Badevergnügen war früher nur den Männern vorbehalten, für Frauen galt es lange Zeit als nicht schicklich: "Keine Gunzenhäuserin darf und kann es sich damals erlauben, sich in aller Öffentlichkeit spärlich bekleidet in die Fluten zu stürzen", betont der Stadtarchivar.

Deshalb ist es aber auch nicht verwunderlich, dass unter den Ertrunkenen — Schwimmunterricht gibt es noch lange nicht — in den Kirchenbüchern ausschließlich Knaben und Männer zu finden sind: Zum Beispiel: Lienhart Grimm, ertrunken 1611, 21 Jahre alt, Melchior Ammon, ertrunken 1613 im Alter von 13 Jahren. Von 1614 stammt dieser Eintrag: "Sixt Hundsdörfer, ein Knab bey 16 Jaren, in Diensten bey Wolf Deuerlein, hatt in der Altmühl gebadet und in einen Dümpfel (tiefe Stelle in einem Fluss oder See) kommen der 2 Mann tief, darinnen er ertruncken ist."

Platz für Badelustige

Auch in den folgenden Jahrhunderten tauchen immer wieder solche Einträge auf. Zur ersten Reglementierung des (Nackt-)Badens in der Altmühl kommt es 1838. Das königliche Landgericht (vergleichbar mit dem heutigen Landratsamt) schreibt an den Stadtmagistrat: "(...) Es ist ein alle Sittlichkeit verletztender Übelstand, daß den Kindern gestattet wird, sich bey der Brücke und andern häufig begangenen öffentlichen Plätzen zu baden. Der Stadtmagistrat hat dies daher unter namhafter Strafe durch öffentlichen Ausruf zu verbieten, zugleich aber auch in der Altmühl bestimmte Badeplätze auszuwählen, sie über die Gefahrlosigkeit untersuchen zu lassen, ihre Grenzen mit Pfählen an beiderseitigen Ufern zu bezeichnen und die Badelustigen dorthin zu verweisen (...)".

Daraufhin befahren Bürgermeister Wucherer und Magistratsmitglied Dreßler zusammen mit Stadtfischer Köderer die Altmühl, um zwei geeignete Badeplätze auszuwählen. Laut den Unterlagen von Werner Mühlhäußer entscheiden sie sich für einen Badeplatz oberhalb der Stadt am Langweidwasen, den sogenannten Kleinen Dümpfel beziehungsweise Herrendümpfel. Der zweite Badeplatz lag südlich der Stadt am unteren Schießwasen. Doch auch in den Folgejahren bleibt das "wilde Baden" an nicht genehmigten Stellen ein ständiges Ärgernis für die Aufsichtsbehörden.

Vom 13. Mai 1857 datiert dieses Schreiben des Landgerichts an die Stadt: "Die Errichtung einer Badeanstalt dahier hat sich schon lange als dringendes Bedürfnis dargestellt und es kann solche in dem Altmühlfluß ohne besondere Schwierigkeit und Kostenaufwand bewirkt werden (...)". Und es scheint wirklich dringend gewesen zu sein, sorgt die Stadt doch umgehend für die Umsetzung. Schon einen Monat später errichtet Zimmermeister Schlennert direkt südlich an der Altmühlbrücke ein "Flußbadehaus" für 281 Gulden (etwa 11 000 Euro).

Nach Geschlechtern getrennt

Die hölzerne, relativ große Badebaracke wird auf schwimmenden Luftkästen aufgebaut, die im Flussbett verankert sind. Die Holzhütte verfügt über mehrere Kabinen, von denen aus man nach Geschlechtern getrennt, direkt in die Altmühl steigen kann. Eine Plankenwand schirmt die Badenden — nun haben auch endlich Frauen die Möglichkeit, baden zu gehen — vor neugierigen Blicken ab. Da Ebbe in der Stadtkasse herrscht, werden drei Kreuzer pro Nase Eintrittsgeld verlangt.

Gunzenhausen: Badespaß in der Altmühl

© Stadtarchiv Gunzenhausen

Im Winter 1880/1881 zerstört ein Hochwasser das Badehaus. Da die Stadtverwaltung bis Juni 1881 noch nicht für Ersatz gesorgt hat, macht sich Unmut in der Bevölkerung breit. In Leserbriefen fordern die Bürger, "doch ein klein wenig Rücksicht zu haben für die große Zahl jener insbesondere unter der weiblichen Einwohnerschaft, welche nicht in der Lage sind, weder im Hause noch im Freien sich durch ein Bad erfrischen zu können". In einem anderen Kommentar wird angeregt, bei der neuen Badehütte, die Frauenbäder durch Doppelwände abzutrennen, "damit der Anwendung des Nagelbohrers vorgebeugt ist".

Die Badeanlage an der Altmühlbrücke existiert bis 1920, als die Stadt an der oberen Altmühl ein eigenes Flussbad errichtet. Im August 1933 wird dem jüdischen Kaufmann Adolf Bergmann das Schwimmen im städtischen Flussbad verwehrt. Er beschwert sich daraufhin schriftlich beim Stadtrat, der letztlich zu dem Schluss kommt: "Infolge der vorgekommenen Unzuträglichkeiten wird zwecks Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung mit sofortiger Wirksamkeit den Juden der Zutritt zum städt. Flußbad untersagt." Mit derselben Begründung wird 1935 auch das Gesuch der Leitung der jüdischen Schule in Gunzenhausen abgelehnt, den jüdischen Schülern das Altmühlflussbad zum Schwimmen zu überlassen.

Wegen der häufigen Beeinträchtigung durch Hochwasser wird der Badebetrieb 1937 an den Heid- oder Fallweiher verlegt. Ein Jahr später entschließt sich der Stadtrat, das vom Kneippverein errichtete Kneippbad an der Leonhardsruhstraße zu übernehmen. Dessen geplante Erweiterung verhindert jedoch der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Das Kneippbad ist 1932 auf einem von der Stadt gepachteten Grundstück eingeweiht worden. Auch Nichtmitglieder durften es besuchen, eine Tageskarte war für 25 Pfennige zu haben und sogar Dauerkarten gab es bereits: für 4,50 Mark erhielt man unbegrenzt Eintritt.

Auf nach Eichenberg

Nach 1945 wird der Eichenberger Weiher zum beliebten Badestrand Gunzenhausens, Groß und Klein pilgern im Sommer dorthin. Die Besucherzahlen schnellen derart in die Höhe, dass die Wasserwacht Gunzenhausen dort eine eigene Station einrichten muss. In einem provisorischen Kiosk gibt es Eis, Sprudel und Süßwaren zu kaufen. Besonders 1949 ist der Eichenberger Weiher eine wichtige Alternative, da die Badeplätze und das Stadtbad (vormals Kneipp-Bad) in Gunzenhausen wegen Typhusgefahr gesperrt bleiben.

In den 1950er-Jahren ist es dann so weit: Das Bad in der Leonhardsruhstraße wird erweitert und ausgebaut. Während der Bauarbeiten durfte die Allgemeinheit nachmittags das "Höh-Bad" benutzen, das ansonsten ausschließlich den Diakonissen vorbehalten war. 1953 kann das neue Gunzenhäuser Freibad seiner Bestimmung übergeben werden. Die Freizeitanlage besteht aus einem kombinierten Schwimmer- und Sprungbecken, einem Nichtschwimmerbecken und einem kleinen Kinderplanschbecken. Eine Besonderheit für damalige Verhältnisse ist die moderne Wasseraufbereitungsanlage, die eine gleichbleibende gute Badewasserqualität garantiert.

Gunzenhausen: Badespaß in der Altmühl

© Stadtarchiv Gunzenhausen

1969 geht die Betriebsführung von der Stadt an die Stadtwerke Gunzenhausen über und noch im selben Jahr wird das Freibad umfassend renoviert. In den Folgejahren erlebt das Stadtbad einen wahren Besucheransturm: Von durchschnittlich 50 000 Badegästen im Jahr steigert sich die Zahl bis auf 120 000 und erreicht 1971 mit 180 000 den absoluten Rekord. Danach geht es deutlich bergab, was zum einen an der Eröffnung des Hallenbads "Juramare" 1972 liegt, aber auch an der Tatsache, dass in vielen umliegenden Kommunen neue und modernere Badeeinrichtungen entstehen. So fallen die jährlichen Besucherzahlen auf 37 000.

Dringender Handlungsbedarf ist also geboten. 1984/1985 wird eine umfassende Sanierung samt Um- und Neubau für insgesamt 5,6 Millionen Mark beschlossen. Nach langer Beratungsphase beginnen im Januar 1988 die Bauarbeiten und am 2. Juni 1989 wird die Einweihung des "Waldbad am Limes" gefeiert. Seither präsentiert sich die Freizeitanlage in der Leonhardsruhstraße im Wesentlichen so, wie wir sie heute kennen. Und auch die Besucher danken den Verantwortlichen für ihre Investitionen: 2017 lag die Zahl der Badegäste bei knapp 70 000.

 

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