Gunzenhausen: Freiberufler in der Krise

26.5.2020, 17:09 Uhr
Gunzenhausen: Freiberufler in der Krise

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Wie zum Beispiel Dominique Reitmeier aus Laubenzedel. Die Mutter dreier Kinder ist Trageberaterin und gibt PEKiP-Kurse in der Hebammenpraxis in Gunzenhausen. Freiberuflich wohlgemerkt. Da sie aber kein Büro und auch keine Angestellten hat, für die Ausgaben anfallen würden, hat sie keinen Anspruch auf staatliche Hilfe. Denn, so heißt es in der Pressemitteilung der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Bayern: "Voraussetzung dafür ist, dass die Einnahmen aufgrund der Pandemie voraussichtlich nicht für die Deckung der betrieblichen Ausgaben reichen."

Dominique Reitmeier muss aber nur dann für die Nutzung der Hebammenpraxis bezahlen, wenn dort tatsächlich ein Kurs stattfindet, und die Trageberatung bietet sie bei sich zuhause an. Also kann sie diese Voraussetzungen nicht erfüllen. In ihren eigenen vier Wänden darf sie zwischenzeitlich auch wieder Interessierte empfangen, die sich über Alternativen zum Kinderwagen informieren möchten. Bis dahin hat sie sich online beholfen. "Ich musste eben neue Wege gehen. Die Babys kommen ja trotzdem zur Welt, und die Eltern wollen entsprechend ausgestattet sein."

Diese neuen Wege seien zwar aufwendiger, da beispielsweise vorab ein Probepaket verschickt und danach alle Teile gewaschen werden müssen, "aber es hat funktioniert". Auch den vor Corona angelaufenen PEKiP-Kurs beendet sie online. Dafür schickt sie im Vorfeld per E-Mail Themen und Anregungen, bevor sich die Teilnehmer per Videokonferenz treffen.

Persönliches geht verloren

Wann dieses Angebot wieder analog stattfinden kann, steht noch in den Sternen: Das Konzept lebt davon, dass sich die Kinder (Beginn ist mit sechs Wochen) so frei wie möglich bewegen können. Dafür sind sie nackt, der Raum ist gut beheizt, lüften nicht möglich. "Abstand zu halten, funktioniert auch nur so lange die Kinder noch nicht allzu mobil sind", weiß die erfahrene Kursleiterin, die die momentane Situation sehr bedauert.

"Online ist besser als nichts, aber es geht doch viel Persönliches verloren." Schließlich gehört der Austausch untereinander und mit der Fachkraft ebenfalls zum Grundgedanken von PEKiP, um die Entwicklung der Kinder bestmöglich zu begleiten und zu fördern. "Es ist auch eine Art der Prävention, nicht allen Müttern geht es gut. Da helfen eine positive Rückmeldung, ein Gespräch unheimlich viel."

Es sind aber nicht nur die "echten" Begegnungen, die ihr fehlen. Es ist auch das Geld, das sie mit ihrer freiberuflichen Tätigkeit verdient. "Es ist nicht viel, aber es fehlt trotzdem", erklärt die Laubenzedlerin, die durch das Einkommen ihres Mannes nicht in eine existenzbedrohende Lage abrutscht. Etwas knapper fällt das Familienbudget dennoch aus, vor allem, weil niemand weiß, wie genau es weitergeht. "Wir sind irgendwie so eine Nische, man hat uns nicht auf dem Schirm."

Atemübungen mit Maske?

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Ganz ähnlich geht es Nancy Könnecke-Sprügel. Sie ist ebenfalls Freiberuflerin, gibt Yoga-Kurse an der Volkshochschule und in der Hebammenpraxis. "Wenn ich alleine für mich sorgen müsste, bliebe mir nur Hartz IV." Ihr Mann ist ebenfalls der Hauptverdiener der vierköpfigen Familie, "aber trotzdem – man hat sich ja etwas aufgebaut. Und jetzt fühlt es sich wie ein Berufsverbot an". Eine funktionierende Gruppe zu haben, sei für Selbstständige sehr wichtig. "Man ist froh, wenn die gut laufen. Man will nicht wieder bei Null anfangen." Es werde aber sicher so einige Teilnehmer geben, die vorsichtshalber noch länger auf Gruppenangebote verzichten, befürchtet sie.

Auch sie weiß nicht, wann es wieder "normal" losgehen kann. Yoga gilt als eine gute Möglichkeit, bewusst etwas für die Gesundheit und das Immunsystem zu tun. "Wir kommen jedoch in den Medien überhaupt nicht vor", klagt sie. Yoga sei anders als Freibäder oder Fitness-Studios kein Thema, "wir fallen hinten runter".

Dabei ist Yoga kontaktlos, und es gibt Übungen, "bei denen man nicht so schwitzen und keuchen muss", erklärt die Absbergerin. Darauf könnte man sich also durchaus einstellen. Aber: Bei Yoga geht es viel um bewusstes Atmen. Ist das mit Mundschutz überhaupt möglich? Für Nancy Könnecke-Sprügel stellt sich hier zudem die Frage: "Will ich das den Teilnehmern zumuten?"

Teilweise konnte sie auf Online-Unterricht umstellen, aber vor allem bei ihrem ganz neuen Angebot, einem Mama-Baby-Kurs, sei das schlecht möglich: zu viel Input für die Säuglinge, zu groß die Ablenkung durch das Medium. Folglich liegt er bis auf Weiteres auf Eis.

Höhere Kosten

Auch ihr Deutschkurs, den sie an der vhs gibt, findet derzeit nicht statt. Die sprachlichen Hürden seien hier für ein digitales Angebot einfach zu hoch, erklärt die Absbergerin. Um analog weitermachen zu können, dürften nur vier Schüler gleichzeitig unterrichtet werden, normalerweise sind es 12 bis 15. Die geringe Teilnehmerzahl bedeute aber höhere Kosten für den Einzelnen.

Alles andere als einfach also, aber wirklich unterkriegen lassen sich die zwei Frauen nicht. So plant Dominique Reitmeier einen neuen PEKiP-Kurs für Juli – in der Hoffnung, dass es klappt. "Irgendwie muss man ja weitermachen", sind sich die Freiberuflerinnen einig.

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