Gunzenhausen: Herz der Stadt mit Geschichte

7.4.2018, 07:02 Uhr
Gunzenhausen: Herz der Stadt mit Geschichte

© Stadtarchiv Gunzenhausen

Seit jeher gilt der Marktplatz, der seit Jahrhunderten diesen Namen trägt, als das Zentrum Gunzenhausens. Ein kleines Zwischenspiel gab es allerdings in der Nazizeit: In einer außerordentlichen Sitzung am 23. März 1933 beschloss der Stadtrat, den Marktplatz in Adolf-Hitler-Platz umzubenennen. 1945 wurde dieser Beschluss jedoch sofort rückgängig gemacht.

Seitdem lädt wieder der Marktplatz zum Flanieren und Einkaufen ein, und das auf einer durchaus beachtlichen Fläche. Schon auf dem ersten Stadtplan von Gunzenhausen, der aus den Jahren 1826/1827 stammt, erkennt man, dass der Platz innerhalb der historischen Stadtummauerung nahezu durchgängig von Süden nach Norden verläuft. Werner Mühlhäußer spricht daher nicht von ungefähr von einer "imposanten Größe", die die Bedeutung des Marktplatzes zusätzlich unterstreicht.

"Die Stadt hat gekocht"

Hier fanden die Märkte statt. Neben den Wochenmärkten — bis heute ist das donnerstägliche Treiben ein Höhepunkt in Gunzenhausen — spielten vor allem die Jahrmärkte eine bedeutende Rolle. Zwölf davon gab es im Jahresverlauf, sie dauerten mehrere Tage, manchmal sogar eine ganze Woche, und lockten zahlreiche Besucher in die Stadt, die sich bei dieser Gelegenheit mit Gütern aller Art eindeckten. "Die Stadt hat dann richtig gekocht", weiß der Archivar.

Seit dem Mittelalter war die Altmühlstadt von einer Stadtmauer umgeben, die von der weitestgehend gängigen Vier-Tor-Variante (Norden/ Osten/Süden/Westen) durchbrochen war. Diese vier Tore gewährleisteten den Zugang zur Stadt und mündeten mit ihren Hauptstraßen allesamt direkt auf dem Marktplatz. Im Norden war das Spitaltörlein zu passieren, im Osten der Ansbacher Torturm beziehungsweise Blasturm, im Süden mussten die Besucher durch den Weißenburger Torturm und im Westen stand der Brucktorturm, der über die Altmühlbrücke führte.

Geprägt wurde und wird der Marktplatz von einer ganzen Reihe wichtiger historischer Gebäude: Dazu zählt die ehemalige Stadtvogtei, das heutige Fotoatelier Braun. Der jeweilige Stadtvogt war nach dem Oberamtmann die zweithöchste Amtsperson, die den Markgraf von Brandenburg-Ansbach als Stadtherr vertrat.

Als 1789 die Hausnummerierung in Gunzenhausen eingeführt worden ist, erhielt das Haus des Stadtvogts die Nummer eins (heute Marktplatz 42). Von dort aus setzte sich die durchlaufende Hausnummerierung Richtung Süden auf der linken Straßenseite bis zum letzten Haus in der so genannten Unteren Vorstadt (heute Bereich Weißenburger Straße, Schießwasen, Auweg) fort und kehrte auf der rechten Straßenseite zurück in die Kernstadt. Weiter ging es in die Obere Vorstadt (jetzt Gerberstraße, Bahnhofstraße, Eidam-Platz). Den Endpunkt erreichte die Nummerierung wieder auf dem Marktplatz, wo schließlich das Haus mit der höchsten Nummer, der 296 (heute Drogeriemarkt Müller), direkt neben der Nummer eins zu finden war.

An der breitesten Stelle des Platzes, zwischen dem heutigen Gasthaus "Altes Rathaus" und dem Fotoatelier Braun, stand das historische Rathaus von Gunzenhausen. Ein Vorgängerbau war abgerissen und 1544 ein Neubau errichtet worden. In dem mehrgeschossigen Gebäude befanden sich unter anderem mehrere Kramläden, das Brot-, Fleisch- und Tuchhaus, die Apotheke, die öffentliche Waage, die Ratsstube, ein Tanzsaal, mehrere Registraturräume sowie ein großer Getreidespeicher. Da Markgraf Carl Friedrich Wilhelm seine exerzierende Leibkompanie besser beobachten können wollte, drängte er 1748 auf den Abbruch des Rathauses.

Seine Zusage, den Gunzenhäusern ein neues Rathaus zu bauen, scheiterte jedoch am Geld. Stattdessen ließ sich der markgräfliche Obristfalkenmeister Ernst von Heydenab ein hübsches Palais errichten. Dieses schmucke Gebäude steht am Marktplatz 49 und wird heute von der Gewerbebank genutzt.

Eine äußerst wechselhafte Geschichte verbirgt sich auch hinter den Mauern des heutigen Rathauses (Marktplatz 23): Ursprünglich bestand das Gebäude aus zwei Giebelhäusern, die durch eine überbaute Einfahrt miteinander verbunden waren. 1621 erwarb Markgraf Joachim Ernst von Brandenburg-Ansbach das Anwesen, es wurden unter anderem ein Speisesaal sowie Fürsten- und Gesindestuben eingebaut.

Dort, im so genannten Oberamtshof, wohnten von da ab die Gunzenhäuser Oberamtmänner und die Markgrafen, wenn sie die Stadt besuchten. Ab 1733 hielt sich Carl Wilhelm Friedrich sehr häufig in der Altmühlstadt auf und nutzte das Gebäude als herrschaftliches Schloss.

Gunzenhausen: Herz der Stadt mit Geschichte

© Tina Ellinger

Nach seinem Tod 1757 diente das Haus als Amtsgebäude für die Stadtverwaltung und Justizamt, war Sitz von Bezirks- beziehungsweise Landratsamt und Finanzamt. 1973 ging es an die Stadt Gunzenhausen über und beherbergt seitdem die Stadtverwaltung.

Weiter unten am Marktplatz befand sich das frühere Schulhaus, das der Stadtmagistrat nach Erwerb und Abriss von drei Bürgerhäusern am Marktplatz 43 (heute Sparkasse) in Auftrag gab. Die Einweihung wurde am 14. November 1859 gefeiert. Genutzt wurde das Gebäude in erster Linie als Volksschule, bis 1893 war darin zusätzlich die Lateinschule untergebracht. Bis 1934 drückten hier die Kinder die Schulbank, dann wurde umgebaut und die Sparkasse zog ein.

Die älteste Gastwirtschaft der Stadt befindet sich ebenfalls auf dem Marktplatz: der Gasthof "Zum Adler" mit der Hausnummer 10. 1564 ist hier der erste Wirt nachweisbar, wie aus den Archivunterlagen hervorgeht. Seit 1868 ist das Anwesen im Besitz der Familie Müller, die Hotel und Gastwirtschaft bis heute betreibt.

Gleich gegenüber, am Marktplatz 17, steht das frühere Großhandelskaufhaus Faulstich (später Zuber), das einst als Fürstenherberge diente und nun unter anderem ein Schuhgeschäft, Notariat, eine Anwaltskanzlei und Physiopraxis unter seinem Dach vereint.

Dort, wo jetzt das Kaufhaus Steingass seinen Sitz hat, stand bis 1970 die alte Schranne, die 1855 nach dem Abriss einiger Bürgerhäuser an dieser Stelle errichtet worden ist. Schon 1870 wurden weitere Gebäude dazugekauft und ein Neubau hochgezogen. Im Laufe der Zeit wurden die Räume der Schranne auf unterschiedlichste Weise genutzt: Zunächst war hier die Gendarmerie zu finden, dann bezogen 1893 Realschüler und auch das Heimatmuseum in dem Haus Quartier. Mit dem Abriss 1970 endete schließlich die Geschichte dieses markanten Gebäudes in direkter Nachbarschaft zur Spitalkirche.

 

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