Gunzenhausen: Klare Grenzen beim Smartphone setzen

9.12.2019, 06:36 Uhr
Gunzenhausen: Klare Grenzen beim Smartphone setzen

© Babett Guthmann

Der Einstieg in die digitale Welt sowie die regelmäßige Nutzung von Smartphone und Co. beginnt immer früher. Umso wichtiger seien klare Regeln, erläuterte Schaller, der als Medienberater für die digitale Bildung in den Schulamtsbezirken Weißenburg-Gunzenhausen sowie den Schulämtern Roth und Schwabach unterwegs ist.

Workshops durchgeführt

Im Vorfeld eines Workshops für die dritten Grundschulklassen der Grundschule Süd hatten Rektorin Ingrid Pappler und der Vorsitzende des Fördervereins der Schule, Andreas Henning, den Medienexperten aus Gunzenhausen zu einem Elterninformationsabend mit dem Thema "(K)ein Leben ohne Handy" eingeladen. Schaller verfügt über ein fundiertes Wissen über die digitalen Einflüsse auf Kinder. Und das nicht nur in der Theorie: Bei seinen Workshops für die Klassenstufen 3 bis 5 kommt er mit den Kindern ins Gespräch über die Erfahrungen, die sie in der digitalen Welt bereits gesammelt haben, er weiß, welche Apps genutzt, welche Spiele gespielt werden.

Doch worum geht es eigentlich den Anbietern von Apps und Spielen? Hier hat Stefan Schaller eine klare Antwort: "Es geht nicht um die Kinder, es geht um Verkaufszahlen!" Beispielhaft führt er das bei Kindern sehr beliebte Online-Spiel Fortnite (mit einer USK-Altersfreigabe ab zwölf Jahren) an. Den Anbietern gehe es nicht darum, wer gewinnt oder verliert, vielmehr solle die Verweildauer am Gerät möglichst lang sein, die Nutzer sollten möglichst eng an das Spiel gebunden werden. Und dann gebe es noch den Verkauf, der innerhalb des frei zugänglichen Spiels startet.

Das Suchtpotenzial von Fortnite sei enorm, betont Schaller, denn es gebe bei diesem Spiel kein Scheitern. Immer würden von den Algorithmen Online-Spieler zusammengeführt, die auf dem gleichen Level spielen. Anders als in der Schule – so erläutert der Pädagoge – bekomme man bei dem Spiel immer eine Dosis "gut gemacht" geliefert.

Nicht verkannt werden dürfe die Tatsache, dass kostenlose Apps dennoch bezahlt werden – und zwar mit den eigenen Daten: Wer den Nutzungsbestimmungen zustimmt, erlaubt den Zugriff auf Daten wie Name, Geburtsdatum, Kontakte, Bilder, Dokumente, Standort, Kaufverhalten, Interessen, Nutzerverhalten, Medien und manchmal sogar auf die eigene Pulsfrequenz.

Stefan Schaller lässt die Kinder, die in der Regel zwischen neun und elf Jahre alt sind, während der Workshops an der Tafel notieren, welche Apps sie nutzen. Da sind dann auch Apps wie Instagram und Snapchat (Mindestalter 13 Jahre) oder WhatsApp (Mindestalter 16 Jahre) dabei.

Die nächste Frage des Medienpädagogen ist zwangsläufig: "Wie alt seid ihr im System?" Und Kinder verstehen die Frage, denn sie müssen ja falsche Altersangaben machen – oder die Eltern tun das für sie – um bestimmte Apps nutzen zu können. Viele sind online also als 15-, 17- oder 20-Jährige unterwegs.

Falsche Geburtsangabe

Ein Junge gab einmal an, so erzählt der Medienpädagoge, im digitalen Leben 73 Jahre alt zu sein. Er hatte schlicht und ergreifend mit dem gebrauchten Smartphone vom Opa auch dessen WhatsApp-Account übernommen. Kinder sind also mit ihrem eigenen Namen und mit gefälschtem Geburtsdatum im Internet und im Chat unterwegs und hinterlassen Datenspuren.

Gunzenhausen: Klare Grenzen beim Smartphone setzen

© Jens Kalaene/dpa

43 Prozent der Sechs- bis Elfjährigen haben ein eigenes Smartphone, und wenn Eltern keine Kinder- und Jugendschutzfilter installieren, dann haben die Kinder Zugang zu allen Inhalten im Netz. Keine gute Idee, findet Stefan Schaller und zeigt, was zu sehen ist, wenn bei der Google-Bildersuche beispielsweise "nackter Mann" eingegeben wird.

Schutz vor unerwünschten Chat-Inhalten und vor in den Chat kopierten Bildern – aus Elternsicht wünschenswert, aber kaum zu erreichen. Keinesfalls dürfe ein Smartphone an ein Kind aber ohne Voreinstellungen übergeben werden. Schaller rät dazu, eine Kinder-Suchmaschine auszuwählen, das Tracking abzustellen, Kinderschutzfilter zu installieren und weitere Maßnahmen zu ergreifen, wie sie unter https://www.mib-wug.de/index.php/vortraege zu finden sind.

An Vorbildfunktion erinnert

Ihm ist klar, dass er mit solchen Forderungen nicht bei allen Eltern ankommt. Bei einer Elternbefragung gaben 41 Prozent der Erziehenden an, nicht zu wissen, was ihre Kinder mit dem Smartphone machen. Dennoch waren 90 Prozent der Meinung, sie hätten in dieser Frage keinen Beratungsbedarf. Stefan Schaller ist selbst Papa kennt die Fallstricke, die sich bei der Medienerziehung auftun. Deshalb hält er auch nichts von Patentrezepten. Dennoch wollte er am Ende seines Vortrags die Eltern auf ihre Vorbildfunktion bei der eigenen Mediennutzung hinweisen. Weiter verwies er darauf, dass es unbedingt Regeln der Mediennutzung und auch zeitliche Grenzen gesetzt werden müssen. Gemeinsame medienfreie Zeit zu verbringen sei für Kinder und Eltern wichtig.

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