Gunzenhausen: Kritik an der Grundsteuer

29.1.2018, 17:25 Uhr
Gunzenhausen: Kritik an der Grundsteuer

© Marianne Natalis

Für mindestens so "ungerecht wie die Straßenausbaubeiträge" hält Bürgermeister Karl-Heinz Fitz die Steuer, die in seinen Augen "nicht mehr zeitgemäß" ist. Was die Bürger für ihre Grundstücke bezahlen müssen, das hängt vom sogenannten Einheitsmesswert und dem Hebesatz ab. Und da gibt es nicht nur zwischen den einzelnen Kommunen Unterschiede wie Tag und Nacht, auch eine Stadt wie Gunzenhausen gleicht "einem Fleckerlteppich", formuliert es Stützer im Gespräch mit dem Altmühl-Boten. Da kann es sein, dass nebeneinander liegende Grundstücke ganz unterschiedlich bewertet sind und für das eine das Zwei- bis Dreifache gezahlt werden muss.

Wie wird die Steuer berechnet?

Die Krux liegt in der Bewertung eines Grundstücks über den sogenannte Einheitswert, der von der staatlichen Finanzverwaltung festgelegt wird. Doch dieser Einheitswert stammt aus dem Jahr 1964 (im Osten sogar aus dem Jahr 1935) und ist somit völlig überaltert. Eigentlich sollte er alle sechs Jahre neu berechnet werden. Doch nur in Neubaugebieten, oder bei Grundstücken, die neu überbaut werden, wird der neue Maßstab herangezogen. So kann es passieren, dass Nachbarn völlig unterschiedliche Bemessungsgrundlagen für ihre Grundsteuer haben. Und dagegen nun haben Bürger vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt.

Zur Ermittlung des Einheitswerts werden die Lage des Grundstücks, die Nutzung und die Art der Bebauung herangezogen. Multipliziert mit der Steuermesszahl, ergibt sich so der Steuermessbetrag. An dieser Stelle kommen die Kommunen ins Spiel. Denn die legen den sogenannten Hebesatz fest. Mit diesem Hebesatz wird wiederum der Steuermessbetrag multipliziert, unterm Strich steht die zu zahlende Grundsteuer.

Der Hebesatz ist das einzige Steuerungselement, das die Kommunen bei dieser für sie doch recht wichtigen Einnahmequelle haben. Unterschieden wird zwischen Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliche Flächen) und Grundsteuer B. In Gunzenhausen liegt der Hebesatz derzeit bei 385 beziehungsweise 370, ist damit im deutschlandweiten Vergleich recht moderat. Schon im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen gibt es Gemeinden, die den Steuermessbetrag mit einem Hebesatz von 600 multiplizieren, in Berlin liegt er bei 800 Prozent.

Im Zuge der Diskussion um die Straßenausbaubeiträge war im Stadtrat auch einmal die Idee laut geworden, man könne doch stattdessen die Hebesätze für die Grundsteuer erhöhen. In einem solchen Fall wären aber doch die, die jetzt bereits wesentlich tiefer in die Tasche greifen müssen als ihre Nachbarn, "die Gelackmeierten", so Fitz. Zudem schaffe eine Steuer, im Gegensatz etwa zu Straßenausbaubeiträgen, keinen Anspruch auf Gegenleistung, fügt Stützer an.

Wichtige Einnahmequelle

Für Gunzenhausen ist die Grundsteuer zwar nicht die wichtigste Einnahmequelle, aber mit rund zwei Millionen Euro rangiert dieser Posten im Haushalt nach dem Einkommenssteueranteil, der Gewerbesteuer und den Schlüsselzuweisungen auf dem vierten Platz. Deshalb sind Bürgermeister und Kämmerer nicht eben begeistert von der Nachricht, dass auf der Suche nach einem neuen Verfahren bis zu zehn Jahre ins Land gehen könnten. Da brauche es, betont Stützer, eine Übergangsregelung.

Der scheinbar einfachste Weg zu einer gerechteren Grundsteuer wäre, den Einheitswert für alle Grundstücke zu aktualisieren. Doch abgesehen vom Aufwand würde sich das wohl auch empfindlich auf die Mietpreise auswirken. Denn die Grundsteuer darf vom Vermieter via Nebenkosten umgelegt werden. Da bezahlbarer Wohnraum immer mehr zur Mangelware wird, will das derzeit niemand.

Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) schlägt in einem Spiegel-Interview vor, dass künftig allein der Bodenwert zählen, die Art der Bebauung nicht mehr berücksichtigt werden sollte. Diese reine Bodensteuer wird laut Süddeutscher Zeitung auch vom Deutschen Mieterbund favorisiert.

So könnte man auch den Druck auf Besitzer von unbebauten Grundstücken in den Städten und Gemeinden erhöhen. Derzeit zahlen die am wenigsten Grundsteuer. Hendricks würde sogar noch weiter gehen und den Kommunen die Möglichkeit eröffnen, für baureife, aber unbebaute Grundstücke erheblich mehr Grundsteuer zu verlangen.

Werner Stützer hält von einer alleinigen Bodensteuer aber nicht allzu viel. Die Bebauung sollte in die Bewertung schon auch mit einfließen, so der Kämmerer. So sehen es auch die Länder, die bereits 2016 einen Gesetzesentwurf im Bundesrat auf den Weg gebracht haben.

Nicht zum ersten Mal

Denn es ist nicht das erste Mal, dass die Grundsteuer für Diskussionen sorgt. Als 1996 das Bundesverfassungsgericht die Einheitswerte kippte, betraf das zunächst nur die Berechnung der Vermögens- und Erbschaftssteuer. Doch seit damals ist klar, dass auch die Modalitäten für die Grundsteuer überarbeitet werden müssen.

Wichtig wäre es aus der Sicht der Stadtverwaltung, dass man bei einer Neuregelung den Schwarzen Peter nicht den Kommunen zuschiebt. Hier sei eine bundesweite Regelung notwendig, es brauche genaue Vorgaben, sind sich der Bürgermeister und der Kämmerer einig.

Im Prinzip muss für alle rund 35 Millionen Grundstücke in Deutschland Grundsteuer bezahlt werden. Einige allerdings fallen durch ihre Art der Nutzung aus diesem Raster. So muss für Rathäuser "natürlich nicht" (Stützer) bezahlt werden, auch Schulen, Kindergärten oder Kirchen bleiben hier außen vor. Anders sieht es beim Hallen- und Freibad aus. Als GmbH sind die Stadtwerke als Betreiber der Bäder von dieser Steuerlast nicht befreit.

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