Gunzenhausen: Mit einer Tasse Kaffee Freude schenken

27.1.2020, 14:29 Uhr
Gunzenhausen: Mit einer Tasse Kaffee Freude schenken

© Foto: Reinhard Krüger

Ob alleine einen Kaffee zu genießen oder sich dazu mit Freunden zu verabreden, ist für viele Menschen eine Selbstverständlichkeit. Es kostet ja nur ein paar wenige Euro, man gönnt sich ja sonst nichts. So denken viele und handeln danach. Es gibt aber auch Menschen, die oft sehnsüchtig am Eingang eines Cafés stehen und nicht eintreten. Selbst der kleinste Kaffee kann unüberwindlich bleiben, weil schlichtweg das dazu nötige Geld nicht vorhanden ist.

Wer mit ganz wenig auskommen muss, wer den berühmten Euro oder gar Cent für eine einzige Ausgabe hin und her schieben muss, der ist in der Armutsgrenze gefangen. Und die fängt längst vor dem Erreichen des Rentenalters an.

"Purer Luxus"

Mit dem Projekt "Strichlaskaffee" will das Fachgeschäft "S-Kultur" am mittleren Marktplatz Menschen mit ganz geringem Einkommen die Möglichkeit geben, sich hin und wieder einen Kaffee zu gönnen. "Außerhalb der eigenen vier Wänden einen Kaffee zu trinken, ist für nicht wenige Menschen purer Luxus", erklärt Dr. Kerstin Schulte-Eckel, Geschäftsführerin der "S-Kultur". Diese Beobachtung hat sie bereits mit ihrem Team im Stammhaus in der Ansbacher Innenstadt gemacht und mit "großem Erfolg" den Strichlaskaffee eingeführt.

Gunzenhausen: Mit einer Tasse Kaffee Freude schenken

© Foto: Reinhard Krüger

Dahinter verbirgt sich die Idee, dass Kunden für eben eine solche Zielgruppe einen Kaffee mitbestellen. Dies wird auf einer eigenen Gutscheinkarte im Design der "S-Kultur" vermerkt, auf Fränkisch: "a Strichla gmacht". Die Gutschein-Karten werden an die Caritas oder das Diakonische Werk im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen weitergeleitet – und dort dann an Bedürftige verschenkt.

Die Idee ist nicht neu, aber darauf kommen muss man erst einmal. Gemeindereferent Martin Kellberger von der katholischen Pfarrgemeinde grübelte schon lange über so ein niederschwelliges Angebot nach, stöberte in sozialen Netzwerken und wurde fündig. Damit konfrontierte er als "S-Kultur"-Stammgast die Geschäftsführerin – und rannte bei ihr offene Türen ein. "Haben wir schon längst", jubelte sie ihm zu und erzählte, wie es in Ansbach lief. Das sollten wir in Gunzenhausen auch machen, sagten sich die beiden Protagonisten und fanden in Hasive Pachur vom Caritasverband und Irene Rottler-Steiner vom Diakonischen Werk die entsprechenden Unterstützer und Partner.

In einem Pressegespräch erläuterten die vier nun ihre Vorstellungen. "Wir wollen keine Stigmatisierung", sagte Kellberger und erklärte, dass es keine Sonder-Wertmarken geben wird, sondern solche, die bereits im Umlauf sind. Damit falle kein einziger Kunde weiter auf. Künftig stehen kleine Aufsteller an der Kaffeebar der "S-Kultur", und zusätzlich sprechen die Angestellten Kunden auf diese Aktion an. Ein künftiges Kundengespräch könnte demnach so in etwa ausfallen: "Ich hätte gerne einen Cappuccino, und ich nehme noch zwei Strichlaskaffee." 

Ein solches Heißgetränk kostet für den Spender 1,50 Euro. 30 Cent spendiert die S-Kultur dazu. Freuen dürfen sich weit mehr als 500 Bürger, denn "sie wollen so sein wie die anderen", sagte Sozialpädagogin Rottler-Steiner von der Diakonie. Für Gemeindereferent Martin Kellberger steht der Grundgedanke des christlichen Glaubens, die Nächstenliebe, dabei eindeutig im Vordergrund: "Die, die es haben, geben etwas ab, "für die Leut‘, die’s brauchen". Das Projekt kann bereits starten, weil die Verantwortlichen der "S-Kultur" während des Gespräches mitteilten, die ersten 200 Tassen komplett zu spendieren.

 

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