Gunzenhausen: Schule im Corona-Modus

25.3.2020, 17:18 Uhr
Gunzenhausen: Schule im Corona-Modus

© Peter Kneffel/dpa

"Das ist für uns alle Neuland in einer noch nie dagewesenen Situation", bringt es Susanne Weigel, Direktorin des Simon-Marius-Gymnasiums (SMG) Gunzenhausen, auf den Punkt. Sowohl Schüler als auch Lehrer hätten durchaus betroffen auf die Nachricht der sofortigen Schulschließung reagiert, vor allem die der Q 12, die kurz vor dem Abitur stehen. Auf die Schnelle habe man dann die Accounts für die Lernplattform Mebis abgefragt, damit alle Jungen und Mädchen dort auf die digitalen Klassenzimmer Zugriff haben.

Doch gleich am ersten Tag gab es einen Hackerangriff auf genau diese Plattform, so dass sie nicht erreichbar war. "Das hat uns sehr geärgert", erzählt die Schulleiterin, die daraufhin zusammen mit ihrem Team kurzerhand alle anderen Kanäle angezapft hat, um die Schüler zuverlässig mit Lernstoff zu versorgen: Per E-Mail, Handy oder sogar per Post wurde das Unterrichtsmaterial zur Verfügung gestellt. "Wir haben versucht, so flexibel wie möglich zu reagieren."

Da von diesen technischen Problemen viele Schulen betroffen waren, hat das Kultusministerium die Serverkapazitäten verstärkt, und seit Ende letzter Woche läuft es laut Susanne Weigel gut. Nur in den Stoßzeiten, etwa von 10 bis 12 Uhr, komme es nach wie vor zu Überlastungen. Für genügend Lernstoff ist also gesorgt, zudem stehen die Lehrkräfte bei Fragen zu den Aufgaben auch mit Rat und Tat zur Seite.

Das gilt auch für die Wirtschaftsschule Gunzenhausen, die kurz entschlossenen auf ihrer Homepage einen eigenen Download-Bereich für die Schüler eingerichtet hat. "Das erschien uns am einfachsten und stabilsten. Mebis war einfach zu wackelig", erläutert der stellvertretende Schulleiter Wolfgang Förtsch. In den Arbeitsaufträgen selbst werde zwar teils auf Lernplattformen wie Mebis verwiesen, aber "über die Homepage konnte sichergestellt werden, dass jeder die Unterlagen bekommt".

Hauptfächer gut abdecken

Die Lehrkräfte haben einen Plan erstellt, der vor allem die Hauptfächer gut abdeckt. "Es ist wichtig, dass die Schüler da dran bleiben", so Förtsch, der sehr zufrieden darüber ist, wie Lehrer und Schüler die Situation meistern. "Das läuft gut – im Rahmen dieser Umstände. Wir müssen einfach alle das Beste daraus machen."

Im Blick hat er natürlich auch die Abschlussprüfungen: Am 11. Mai ist Abgabetermin für die Hausarbeit im Fach Übungsunternehmen. "Hier stehen die Schüler ganz eng im Kontakt mit ihren Lehrern." Nach aktuellem Stand findet die erste schriftliche Prüfung am 1. Juli statt. Ein bisschen Zeit ist also noch, und man wird abwarten müssen, wie sich die Lage bis dahin entwickelt – und mit einem "Schuss Optimismus weitermachen".

Nach hinten verschoben wurde auch das Abitur, das jetzt am 20. Mai beginnen soll. "Das verschafft allen Beteiligten Luft", erklärt Susanne Weigel, die hofft, dass dann auch alle Klausuren noch geschrieben werden können. Zudem versichert sie, dass den Schülern, auch denen in den anderen Jahrgangsstufen, durch die Schulschließungen keine Nachteile entstehen werden. "Da wird es Lösungen geben", ist sie zuversichtlich.

Gunzenhausen: Schule im Corona-Modus

© Privat

Das sind gute Nachrichten für Denis Glotz und seine Mitschüler aus der Q 12 des SMG, die derzeit darüber nachgrübeln, ob noch alle ausstehenden Leistungsnachweise geschrieben werden, ob es genügend Vorbereitungszeit für das Abitur geben wird, ob und wie man den für das Wunschstudium benötigten Schnitt schaffen kann und ob das Studium überhaupt im Oktober beginnen wird?

"Wir sind über WhatsApp gut vernetzt und helfen uns auch gegenseitig weiter", erzählt der 18-jährige Gunzenhäuser und freut sich über die Solidarität untereinander. Ein dickes Lob verteilt er an die Schulleitung, die sich sehr schnell darum gekümmert habe, dass jeder Zugriff auf die Unterrichtsmaterialien hat, und an seine Lehrer. Die meisten von ihnen seien sehr engagiert und stehen im regelmäßigen Austausch mit ihren Schülern, meist per E-Mail oder auch über Mebis. Trotzdem fehle die physische Anwesenheit des Lehrers, meint Denis Glotz: "Es ist anders, ob dir jemand was per E-Mail erklärt oder direkt vor dir steht."

Auch die Motivation sei so eine Sache, weiß der junge Mann. "Es ist nicht ganz einfach, das alles in Eigenregie zu machen", gibt er zu. Dazu kommt, dass Mebis manchmal erst nach 19 Uhr funktioniert. Nicht jeder habe dann noch Lust, sich an den Rechner zu setzen.

Gunzenhausen: Schule im Corona-Modus

© Tina Ellinger

Doch nicht nur die Jugendlichen betreten mit dem digitalen Klassenzimmer im wahrsten Sinn des Wortes Neuland, auch ihre Lehrer müssen sich umstellen, wie Bianca Hüttinger, Lehrerin am Theresien-Gymnasium in Ansbach, erzählt. Statt in die Schule zu fahren, unterrichtet die Gunzenhäuserin ihren Q 12-Kurs nun mittels Laptop in Mathe, und zwar immer genau zu der Zeit, wenn das Fach auf dem Stundenplan steht. Vorher verteilt sie über die Plattform Schulmanager Online und per E-Mail Arbeitsaufträge und hat dann während des Unterrichts Zeit für die Fragen der Schüler. "Das ist wie ein Chat", erläutert sie.

Auch außerhalb des Stundenplans ist sie für ihre Abiturienten erreichbar, die sich "nach einem Moment der Panik wieder etwas entspannt haben, seit die Prüfungen verschoben worden sind". Das Abitur zum neuen Datum ist aus ihrer Sicht durchaus machbar, wenn ab dem 20. April tatsächlich wieder Schule wie gewohnt stattfinden kann und "sie sich alle hinsetzen und die Zeit nutzen". Derzeit könne aber niemand abschätzen, was noch alles kommt. Ihr Mann Marco, Lehrer für Englisch und Geschichte am Albrecht-Ernst-Gymnasium in Oettingen, weiß von Kollegen aus Großbritannien, dass dort die Schulen bis August/September geschlossen bleiben sollen.

Bei der Stange halten

Er selbst setzt auf E-Mail, Schulmanager Online und den digitalen Schreibtisch, um all seine Schüler zu erreichen. "Für uns sind es auch keine Ferien", betont er und ist überzeugt, "dass auch die Kinder begriffen haben, um was es jetzt geht. Das sieht man an den Rückmeldungen". Es sei jetzt wichtig, den Eifer aufrecht zu erhalten und die Jungen und Mädchen bei der Stange zu halten. Dass dies nicht eins zu eins wie in der Schule geht, erwarte auch niemand, macht Marco Hüttinger klar.

Und auch Susanne Weigel nimmt den Schülern diese Sorge: "Sie müssen nicht alles perfekt können, wenn die Schulen wieder öffnen. Es wird alles wiederholt", beruhigt die SMG-Chefin, die weiß, dass die momentane Situation die Kinder und Jugendlichen sehr wohl umtreibt. Solche Einschränkungen wie aktuell habe es für sie noch nie gegeben: "Bisher konnten sie ja immer aus dem Vollen schöpfen." Jetzt komme vieles zusammen: das Fehlen der sozialen Kontakte und der gewohnten Strukturen. Sich nun dafür zu motivieren, zuhause ohne Mitschüler und direktem Kontakt zu den Lehrern online zu arbeiten, sei sicher nicht immer einfach.

Wie Marco Hüttinger ist auch sie davon überzeugt, dass durch diesen Ausnahmezustand alle wieder enger zusammenrücken und sich unterstützen. "Das wäre", so die Schulleiterin", "allem Negativen zum Trotz eine schöne Entwicklung."