Mordprozess: "Er hat mir alles genommen"

13.5.2019, 18:16 Uhr
Mordprozess:

© Wolfgang Dressler

Es war im Jahr 1994, als eine Familie aus Kasachstan eine Bleibe in Windsbach im Landkreis Ansbach fand. Genau diese Familie ist von der vierfachen Bluttat massiv betroffen. Eine Tochter namens Olessja K., die Ehefrau des Angeklagten, ist tot. Einer ihrer Brüder sagte bereits am ersten Verhandlungstag aus. Er schilderte den angeklagten Georg K.. seimen Schwager, als Scheusal und Misshandler seiner Angehörigen (wir berichteten).

Gestern nun wurde die ältere Schwester von Olessja in den Zeugenstand gerufen. Auch sie machte eine höchst emotionale Aussage. Unter Tränen skizzierte sie, welchen Verlauf die Ehe ihrer Schwester nahm. Dabei schickte sie immer wieder giftige, ja hasserfüllte Blicke in Richtung des Angeklagten und bezeichnete ihn als "Ausgeburt des Teufels". Und: "Er hat mir alles genommen." Sie selbst war nach der Bluttat in psychologischer Behandlung, brach diese erfolglos ab, will jetzt erst einmal den Mordprozess durchstehen und dann einen erneuten Anlauf machen, um den Tod der Schwester und deren drei Kinder (zwei Jungen, ein Mädchen) zu verwinden. Doch nicht nur die Schwester, sondern auch die Eltern der getöteten Olessja leiden noch heute massiv unter der Bluttat vom Dienstag, 26. Juni, in der Bismarckstraße 31.

Nach den Worten der Zeugin pflegte sie ein sehr gutes Verhältnis zu Olessja. Die beiden Schwestern waren eng miteinander verbunden, sahen sich früher häufig und hielten in den letzten Jahren – die ältere Schwester war inzwischen in eine andere Gegend in Bayern gezogen – Kontakt per Telefongespräch oder soziale Medien, insbesondere Whats-App. Olessja hatte 2008 geheiratet, das Paar wohnte zunächst bei Olessjas Eltern und gründete dann in Neuendettelsau einen eigenen Hausstand, der nächste Wohnort war wieder Windsbach, und schließlich ließen sie sich in Gunzenhausen nieder.

Die Zeugin berichtete, dass Olessja und ihr Mann oft Streit hatten. Ihn habe alles an seiner Frau gestört, er sei dann wütend und verbal ausfällig geworden, und das vor den Kindern. Diese hätten viel zu leiden gehabt, seien immer wieder geschlagen worden, vor allem der älteste Sohn habe viel abbekommen. Der Vater habe seine Wut an den Kleinen ausgelassen. Ihre Schwester habe immer wieder blaue Flecken gehabt, da habe sie gewusst, "dass da etwas nicht in Ordnung war". Warum Georg K. immer wieder zuschlug, könne sie nicht sagen, aber dass es so war, könne sie bestätigen. Sie habe im Lauf der Jahre gerade durch Telefongespräche und Kontakte über soziale Medien mit der geliebten Schwester viel erfahren, wenn auch nur unkonkret.

Olessja schwieg lange gegenüber ihren Geschwistern, hatte Angst um die Kinder, wollte sie schützen. Dem Rat der Schwester, sich vom Ehemann zu trennen, kam sie nicht nach, auch als die Drohungen von Georg K. immer heftiger wurden. Er habe ihr einmal ein Messer gezeigt und davon gesprochen, er tue ihr etwas an, falls sie ginge. Letztlich wollte Olessja wohl nicht glauben, dass er wirklich so weit gehen würde, betonte die Zeugin. Zumal Georg K. immer wieder geäußert habe, er werde sich bessern und alles werde gut.

Erst im Juni 2018 änderte die gepeinigte Ehefrau ihre Haltung. Sie schickte der Schwester per WhatsApp Bilder der geprügelten Söhne und bekundete erstmals die feste Absicht, von ihm wegzugehen. Sie nannte nun auch Details zu den Schlägen, die sie so lange einstecken musste. Die Polizei wurde angerufen, es kam zu einem Platzverweis und schließlich einem Kontaktverbot gegen Georg K. Olessja flüchtete am Donnerstag, 21. Juni, mit ihren Kindern zu den Eltern nach Windsbach. Fatal – wie man im Nachhinein weiß – war Olessjas Entschluss, am Sonntag, 24. Juni, zur Wohnung in Gunzenhausen zurückzukehren. Es geschah der Kinder wegen, sie sollten am Montag in die Schule gehen.

"Er hat allen anderen gegenüber eine Maske getragen, zuhause aber hat er sie abgelegt", fasste die sichtbar mitgenommene Zeugin ihre Einschätzung über den einstigen Schwager zusammen. Er habe seine Frau allein für sich besitzen wollen, sie als sein Eigentum betrachtet.

Olessjas zwei jüngere Brüder sagten gestern übereinstimmend aus, dass Georg K., der damals neue Freund ihrer Schwester, auch ihnen gegenüber aggressiv war und sie schlug. Sie waren zu jener Zeit noch Kinder. Als sie heranwuchsen und stärker wurden, habe er damit aufgehört. Wenn es nicht nach seinem Willen ging, dann sei Georg K. gewalttätig geworden. Und dass er die eigene Familie tyrannisierte, habe man erkennen können.

Ein Kollege des Angeklagten malte ein ganz anderes Bild von Georg K. Man habe sich kennengelernt, angefreundet, öfter mal was unternommen. "Ich kam gut mit ihm zurecht." In Georg K.’s Familie habe es keine Beleidigungen und Schläge gegeben, vielmehr gewann er den Eindruck von einer "Vorzeigefamilie". Deshalb sein positive Wertung: "Ich hätte ihm meine Kinder blind anvertraut."

Georg K. machte sich während dieser Aussagen Notizen, sagte aber kein Wort.

Das Urteil wird für Mittwoch erwartet.

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