Projekt "Bodenständig": Kampf gegen Nährstoffracht

23.8.2019, 11:31 Uhr
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© Archivfoto: Limes-Luftbild.de

Auf der Strecke zwischen Hechlingen und Heidenheim hält die Heidenheimer Bürgermeisterin Susanne Feller im Auto kurz inne. Sie verweist auf eine Blühfläche am Straßenrand. "Die haben wir als Gemeinde dort angelegt", sagt sie. Und auch auf eine andere Sache macht sie auf der Fahrt noch aufmerksam. "Man sieht, dass hier alles sehr am Hang liegt. Das landet dann alles im Hahnenkammsee", so die Rathauschefin.

Und genau darum geht es unter anderem beim Projekt "boden:ständig". Den See vor Sedimentierung und Verlandung zu schützen. Die Stadt arbeitet an der Umsetzung, gemeinsam mit Partnern wie dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und dem Wasserwirtschaftsamt "Bis jetzt ist die Wasserqualität gut, wir haben trotz gegenteiliger Befürchtungen in diesem Jahr noch keine Blaualgen im Hahnenkammsee", sagt Gabriele Trommer vom Wasserwirtschaftsamt Ansbach. Die letzte Messung wurde am 15. Juli durchgeführt.

In der Vergangenheit habe es durchaus einige kritische Stimmen gegeben, ob die Maßnahmen überhaupt etwas bringen und zielführend seien, räumen Susanne Feller und Gabriele Trommer ein. "Man weiß natürlich auch nicht, ob es so bleibt. Es kann sich immer etwas ändern", so die beiden. Welche Faktoren dabei genau eine Rolle gespielt hätten, sei aber auch schwer auszumachen, räumt Jakob Meier, der Projektleiter von "Boden:ständig" ein.

Aber ihm ist es lieber, überhaupt mal etwas zu machen, als gar nichts zu tun. "Wir fangen jetzt eben mal an und schauen wie das fruchtet", sagt Meier. Es sind zahlreiche kleine und größere Projekte, die da am Hahnenkamm im Rahmen von "boden:ständig" gemeinschaftlich angegangen werden. Das Ziel: Der Boden- und Gewässerschutz. Mit gezieltem Landschaftsumbau und Baumaßnahmen sollen die Bemühungen erreicht werden.

Eine Grabenausleitung und der Bau eines Sedimentabsetzbeckens bei der Kirschenmühle ist beispielsweise eine der Maßnahmen, die in der Saison 2018/19 angegangen wurden. Oder die hangparallele Versickerung mit Sedimentauskämmung und Nährstofffixierung östlich der Staatsstraße 2384. Das dort in den Wegseitengraben abfließende Oberflächenwasser führt zeitweise auch Nährstoffe und Sedimente mit sich. Die Stoffe flossen bis jetzt über den Graben direkt in die Rohrach.

Im Rahmen des Projekts soll das ankommende Wasser aber in einen neuen flachen Graben ausgeleitet werden – in sicherem Abstand zur Rohrach. Dadurch soll die Nährstofffracht im Fluss verringert und die Grundwasserneubildung angeregt werden. Auch eine weitere Vernässung der Fläche mit der Etablierung wertvoller Pflanzen und Tiere ist hier möglich. "Vielleicht tun wir also auch etwas für die Artenvielfalt, sagt Jakob Meier. Gebaggert wird aktuell auch südlich von Heidenheim.

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© Foto: Micha Schneider

Dort liegt ein bislang als Grünland genutztes Flurstück, das dafür geeignet ist, die von darüber liegenden Ackerflächen abgeführten Drainagen offen aufzunehmen und auszufiltern. Die Drainagerohre werden in hintereinandergeschaltete Becken eingeleitet, mittels Versickerung wird der gelöste Phosphor in den Wänden der angelegten Becken zurückgehalten. Dieses Projekt sei dafür geeignet, um grundsätzlich zu erfassen, inwieweit gelöster Phosphor überhaupt aus Drainagen unter Äckern und Wiesen im Gebiet des Hahnenkamms austritt.

2020 sollen außerdem sechs weitere Projekte folgen. Dann soll unter anderem der Röthelweiher, der vor allem für die Zucht von Karpfen fischereiwirtschaftlich genutzt wird, inspiziert werden.

Bei Regenereignissen ist dort regelmäßig mit Eintrag von Nährstoffen und Sedimenten zu rechnen. Deshalb soll ein gedrosselter Abfluss gewährleisten, dass die Sedimente zurückgehalten werden und die Rohrach entlastet und der darunter liegende Röthelheimgraben nicht mehr so stark ausgespült wird. Dort ist ein etwa 200 Quadratmeter großes Sedimentfangbecken geplant.

Entscheidend für Ernst Dießel, den örtlichen Projektleiter, und Jakob Meier sind allerdings nicht die einzelnen kleineren Maßnahmen, sondern der Rückhalt in der Bevölkerung. Im Projektgebiet engagieren sich immer mehr Landwirte und versuchen über einen optimierten Anbau auf ihren Flächen das Erosionsgeschehen auf den Äckern so gut wie möglich zu vermeiden.

Noch einiges zu tun

"Das Wichtigste ist die Freiwilligkeit", sagt Jakob Meier. Man müsse wegkommen von dem Denken, dass alles der Staat regelt, sondern jeden Einzelnen mit ins Boot holen. Diese soziale Komponente sei entscheidend für das Projekt. "Was wir selbst nicht sehen, das sagen uns dann die Leute durch ihre Beobachtungen", so Meier, der am Ende der Rundtour nur schwer wieder dazu zu bewegen war, zum Ausgangspunkt ans Heidenheimer Rathaus zurückzukehren. "Ich komme schon", rief Meier seiner wartenden Kollegin vom Wasserwirtschaftsamt zu. Nicht nur für ihn gibt es eben noch einiges zu tun.

 

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