Relikte aus der Römerzeit: Studenten buddeln im Matsch

15.4.2011, 16:31 Uhr
Relikte aus der Römerzeit: Studenten buddeln im Matsch

© Natalis

Studenten der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg suchen bei Theilenhofen systematisch nach Spuren aus der Römerzeit. Im vergangenen Jahr haben Studenten des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Kieler Universität das Gebiet rund um das Römerbad einer geophysikalischen Prospektion unterzogen und mithilfe ihrer Messungen Erstaunliches an den Tag gebracht: Im Umfeld des römischen Kastells gab es offensichtlich eine stattliche Siedlung. Spektakulärster Fund waren sicher das Theater und das Forum, dem Dr. Carsten Mischka und seine Studenten mithilfe des Magnetfelds der Erde auf die Spur gekommen sind. Nun wird das Gebiet erneut unter wissenschaftlichem Aspekt unter die Lupe genommen. Diesmal wird im Rahmen einer Oberflächenbegehung alles eingesammelt, was auch nur im Entfernstesten aus der Römerzeit stammen könnte.

„Survey“, wie diese wissenschaftliche Herangehensweise in der Fachsprache heißt, ist neben der Ausgrabung die zweite große Methode der archäologischen Feldforschung. Initiator im Falle Theilenhofens ist Professor Dr. Günther Schörner vom Institut für klassische Archäologie an der Erlanger Universität. Schörner ist ein Studienkollege von Edgar Weinlich, dem Limesfachberater des Bezirks Mittelfranken. Und so lag es nahe, auf der Suche nach einem Forschungsfeld den alten Studienkollegen zu kontaktieren. Zwar hat Schörner bereits in der Toskana eine Ausgrabung, um dort mit seinen Studenten die Praxis zu vertiefen. Doch Italien ist weit und die Exkursionen dorthin eine logistische Herausforderung. Dabei liegt das Gute so nahe, denn auf den Äckern vor Theilenhofen finden die Studenten um Professor Schörner ideale Bedingungen. Durch die Bewirtschaftung der Felder werden immer wieder römische Bruchstücke an die Oberfläche gespült. „Der Pflug greift ins Römische ein“, schildert Weinlich die Situation, denn direkt unter der Humusschicht liegen die Spuren derjenigen, die vor 2000 Jahren Geschichte schrieben.

Auswertung in Erlangen

Mit einem 17-köpfigen Team – neben dem Professor und den Studenten ist auch sein Kollege Dr. Martin Boss mit von der Partie – untersucht Schörner nun systematisch das noch brachliegende Feld. In vier Durchgängen werden die einzelnen, zehn mal zehn Meter großen Planquadrate abgelaufen. Jede kleinste Keramikscherbe, jedes Metallstückchen landet am Ende in den hellblauen Plastiksäckchen, auf denen der Fundort genau vermerkt ist. In Erlangen werden die Bruchstücke später ausgewertet. Handelt es sich um einen Alltagsteller oder ein Stück von einem Trinkgeschirr? Gehört das Metallteil zur Ausrüstung eines Legionärs oder zu einem Schmuckstück? Diese Fragen können die Wissenschaftler tatsächlich beantworten. Wertvolle Hinweise können sie auch aus der Fundkonzentration, also der Menge an Scherben pro Planquadrat, ziehen.

Spektakulär sind die Funde in der Regel nicht, dazu sind die Stückchen viel zu klein. Doch die Scherbe, die ein Student nun seinem Professor hinhält, lässt erahnen, was für reichhaltige Schätze dort im Boden stecken. Anhand der opulenten Verzierung erkennt Schörner sofort, dass es sich um ein Teil einer Schale für besondere Gelegenheiten, aus dem Sonntagsgeschirr sozusagen, handelt. Die Ergebnisse der geophysikalischen Prospektion der Kieler Kollegen spielen zunächst für die Untersuchung der Erlanger Wissenschaftler keine Rolle. Am Ende aber sollen die Befunde zusammengeführt werden, und Schörner ist schon jetzt gespannt auf das Resultat.

Was die Kieler im vergangenen Jahr herausgefunden haben, halten Schörner und Weinlich für sehr überraschend und den aktuell bedeutendsten Fund, was Römer in Deutschland betrifft. Schörner zieht sogar den Vergleich mit Waldgirmes im Lahntal, wo man Ende des vergangenen Jahrhunderts auf die Spuren einer bedeutenden Römerstadt stieß. Das Theater und das Forum deuten darauf hin, dass es sich auch bei Theilenhofen um eine städtische Anlage mit bis zu 2500 Einwohnern gehandelt habe, so Weinlichs Vermutung. Und das „weit im Barbaricum“, also auf germanischem Gebiet.

Und ewig fehlt das Geld

Hier richtig mithilfe einer Grabung in die Tiefe zu gehen, wäre aus wissenschaftlicher Sicht natürlich hochinteressant, gibt Schörner gerne zu, allein es fehlt das Geld. Und auch Weinlich winkt bei Nachfragen sofort ab. Die Hürden für Grabungen seien „gigantisch“, erläutert der Fachmann. Man müsste dem Landesamt für Denkmalschutz nicht nur ein genaues Konzept liefern, was man sich von der Grabung verspricht, sondern auch die Finanzierung stemmen. Und die ginge in die Millionen, ist sich Weinlich sicher. Unter den gegebenen Umständen ist die Oberflächenuntersuchung bei Theilenhofen für die Erlanger Wissenschafter derzeit das Optimalste. Ein großer Vorteil ist natürlich auch, dass das Gelände nicht überbaut ist.

Noch finden die Studenten für ihre Untersuchung beste Voraussetzungen vor. Doch während einerseits der Pflug interessante Aspekte zutage fördert, leidet natürlich andererseits das Bodendenkmal unter seinem Einsatz. Deshalb hat sich das Amt für ländliche Entwicklung im Rahmen der Flurerneuerung, die derzeit rund um Theilenhofen ansteht, die Sicherung der kulturhistorischen Stätten zur Aufgabe gemacht. Wie das funktionieren soll, erläuterte Josef Roßkopf bei dem Pressetermin auf dem Acker. Bodentausch heißt das Zauberwort, so sollen die Flächen über dem Theater und dem Forum in Gemeindebesitz gelangen. Da der Ansbacher Behörde bereits Ersatzflächen vorliegen, ist Roßkopf guter Hoffnung, dass das Vorhaben gelingt und die Äcker noch heuer den Besitzer wechseln können. Eine einheitliche Grünfläche soll künftig das römische Erbe vor weiteren Eingriffen schützen. Allerdings werden so auch weitere Forschungen erschwert: Denn die Scherben bleiben dann künftig im Boden.

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