Sausenhofen hat Wandel gut bewältigt

4.9.2013, 16:16 Uhr
Sausenhofen hat Wandel gut bewältigt

© Werner Falk

Auf Häusern, Ställen, Scheunen und Geräteschuppen sind Fotovoltaikanlagen und Solarthermiemodule montiert. Das Dorf erzeugt 1,4 Megawatt und rangiert im Ranking deutschlandweit derzeit auf dem dritten Rang.
Nur mit der Windkraftanlage hat es nicht geklappt, denn die drei Investorengruppen sind nicht miteinander klargekommen, zudem hat der Regionale Planungsverband abgeblockt. Dagegen sprachen wohl auch landschaftsästhetische Argumente und die strengen Schutzbestimmungen im Naturpark Altmühltal.
Sausenhofen, das am Wochenende Kirchweih feiert, steht für das Dorf im Wandel. Von den Vollerwerbsbetrieben sind gerade einmal sechs übrig geblieben. Die größten sind Ferkelerzeuger, wie beispielsweise Friedrich Stör, der 400 Mutterschweine und an die 1700 Ferkel im Stall hat, andere halten mehr als hundert Milchkühe im Stall, außerdem gibt es eine große Biogasanlage (150 kW). Obgleich viele kleinere Höfe aufgegeben haben, gibt es aber so gut wie keinen Leerstand. Darauf ist Gemeinderat Gerhard Kirsch (47) stolz. Die Dorfstruktur heute ist so vielschichtig, wie es sich die Landesplaner nur wünschen können.

Mit hohem Aufwand restauriert

Neurologe Dr. Udo Zeiler aus Gunzenhausen hat sich eingekauft. Die Hofstelle ist zum „Reiterhof“ geworden, der Galerist Ralf Loos ist mit Herzblut derzeit dabei, mit hohem Aufwand den „Michel-Hof“ von 1581 zu restaurieren. Vor ihm hat das schon der Kinderarzt aus München getan. Dr. Erwin Hirschmann und seine Frau Anne, eine frühere SPD-Landtagsabgeordnete, haben die alte Schmiede zu einem Schmuckstück gemacht. Das etliche Jahre leer gestandene einstige Pfarrhaus (Baujahr 1732) hat der Landwirtschaftsbeamte Karl Scharvogel erworben. Im großen Garten wachsen Obstbäume und Gemüse, dazwischen weiden Schafe. Neubürgerin Heidi, die mit dem „grünen Daumen“, haben die Sausenhöfer damals kurzerhand zur Vorsitzenden des Gartenbauvereins gekürt.
Das Dorfwirtshaus gibt es noch, wenngleich der „Schwarze Adler“ auch nicht immer geöffnet hat. Karl Gutmann, der noch 60 Bullen und 100 Mastschweine im Stall hat, bewirtschaftet das Haus mit seiner Tochter Martina, einer hoch qualifizierten Hotelfachfrau, wenn es hoch kommt, dann springt auch die zweite Tochter Anja mit ein. Der Dreiseithof mit Wurzeln, die bis in das Jahr 1538 reichen, zählt zu den schönsten Anwesen in Altmühlfranken. Sogar den renommierten Denkmalpreis der Hypo-Kulturstiftung hat Gutmann dafür bekommen. Nach Absprache öffnet auch das zweite Wirtshaus im Dorf, das im Besitz einer Familie ist, die zu den ältesten fränkischen Bauernsippen gehört. Bis ins Jahr 1597 lassen sich die Bachs zurückverfolgen. Die Frau, die den „Laden“ zusammenhält, lebt bezeichnenderweise nicht in Sausenhofen, sondern in den USA.

Heilpädagogische Fachpraxis

Ungewöhnlich für ein Bauerndorf ist ein anderes Projekt: die „Kinder­arche“, eine heilpädagogische Familienwohngruppe. Hermann Hain hat vor zehn Jahren eine Hofstelle umgebaut, die sieben Jahre lang leer gestanden war. Heute leben dort fünf Buben aus Problemfamilien. Pfarrer Gerhard Schuler schwärmt: „Das Haus gibt der Gesellschaft ein menschliches Antlitz.“ Wo früher die Landmaschinen standen, da unterhält der neue Eigentümer heute zusätzlich eine heilpädagogische Fachpraxis. Sogar die Hochtechnologie hat im Dorf Einzug gehalten. Horst Stör, der aus der Landwirtschaft kommt, hat für sich die Energiewende längst vollzogen. Der von ihm entwickelte intelligente Energiespeicher gilt als sehr innovativ. Er tüftelt mit vier Mitarbeitern an individuellen Steuerungssystemen für den Sondermaschinenbau. Seine Kunden sind weltweit agierende Unternehmen.
Kirche und Schule gehören zum Dorf! Nun, die Kirche St. Michael ist den Sausenhöfern geblieben. Kunsthistoriker wie der frühere Landrat Dr. Karl Friedrich Zink führt es immer an den spätgotischen Flügelaltar, den 1493 Leo Stehelin, ein Schüler von Meister Wohlgemut, geschaffen und der den Dreißigjährigen Krieg heil überstanden hat. Die einklassige Schule allerdings ist schon seit Anfang der neunziger Jahre vakant. Die Dorfgemeinschaft hat sich ihrer angenommen, einen Trägerverein gegründet und vermietet heute das Haus beispielsweise für Hochzeiten und andere größere Veranstaltungen. Nutzer sind die dörflichen Vereine. Und von denen gibt es einige: Landjugend, Feuerwehr, Landfrauengruppe, Krieger- und Schützenverein.
Gemeinderat Gerhard Kirsch vertritt sein Dorf im 12-köpfigen Dittenheimer Gemeinderat. Er gehört zu den vielen, die zur Arbeit pendeln, in seinem Fall zur Hauptverwaltung der Diakonie Neuendettelsau. „Wir wollen das Pflänzchen Dorfgemeinschaft am Leben halten“, sagt er. Mit ihm freut sich Bürgermeister Günter Ströbel, ein Oberstleutnant der Bundeswehr, über die leicht steigende Einwohnerentwicklung im Ortsteil. Was die Vitalität des kleinen Dorfes betrifft, spielen die Sausenhöfer nicht etwa in der C-Klasse, sondern in der Champions League.

1 Kommentar