„Schlanke“ Tracht

20.7.2010, 13:10 Uhr
„Schlanke“ Tracht

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Evelyn Gillmeister-Geisenhof stell­te das Projekt „Pro Tracht“ des Be­zirks Mittelfranken vor. Sie ist die Leiterin der Trachtenforschungs- und Beratungsstelle des Bezirks Mittel­franken. Das dort angesiedelte Pro­jekt „Pro Tracht“ ist inzwischen zu einem eingetragenen Label, einer Marke, geworden. Merkendorfs Bürgermeister Hans Popp setze sich in besonderer Weise für das Projekt „Pro Tracht“ ein, dankte Evelyn Gillmeister-Geisenhof. Daher freue sie sich sehr, dass in Mer­kendorf bereits zum zweiten Mal eine Trachtenmodenschau über die Bühne geht. Trachten seien ein nach außen sichtbares Bekenntnis zur Heimat; und zwar sowohl für festliche Anlässe als auch beispielsweise zum Arbeiten in der Gastronomie. „Unser frän­kisches Schäufele brauchen wir wahr­lich nicht im oberbayerischen Dirndl servieren, sondern haben genügend eigene Alternativen“, meint die Ex­pertin.

Im Projekt „Pro Tracht“ wurden fünf Grundmodelle zu heute trag­baren Trachten weiterentwickelt, wo­bei die charakteristischen Elemente aber beibehalten bleiben, und mit fränkischen Namen versehen. In fünf Gruppen kamen daher auch die Mo­dels auf die Bühne, um die Modelle in verschiedenen Variationen zu präsen­tieren.

Leichte, fließende Stoffe statt kratzender Wolle

Die erste Gruppe zeigte Variationen der einfachen Arbeitstracht. Hier wurden in Abänderung des Original­schnitts Röcke schmäler geschnitten und Schürzen weniger breit ausgelegt, um dem Vorurteil vieler Frauen – „in einer Tracht schauen wir ja aus wie ein Fass!“ – entgegenzuwirken und eine schlankere Silhouette zu errei­chen. Gillmeister-Geisenhof wies da­rauf hin, dass auch dieses einfache Modell durchaus zweiteilig gearbeitet werden könne – wie alle übrigens.

Von der zweiten Gruppe wurden Trachten, die auf die Nürnberger Pa­triziertracht des 16. Jahrhunderts zu­rückgehen, vorgestellt. Eine solche Tracht hat sich beispielsweise auch Krautkönigin Regina Fleischner an­fertigen lassen, die ebenfalls als Mo­del fungierte.

In der dritten Gruppe ging es um die evangelische Tracht aus Mittelfran­ken. Typisch für diese war ein sehr großer Kragen, der im Projekt „Pro Tracht“ in Rüschen verwandelt wur­de, was sehr apart wirkt.

Die vierte Gruppe, die Varianten ei­ner protestantischen Tracht, ent­spricht am ehesten der Tracht, wie sie im Merkendorf des 19. Jahrhunderts getragen wurde. Ein Original ist übri­gens im Merkendorfer Heimatmuse­um zu sehen. Charakteristisch für die­se Tracht ist der sogenannte „Schnep­per“ in der Taillehinten.„Der Schnep­per war das typische Zeichen einer Tracht aus dem südwestlichen evan­gelischen Mittelfranken“, erläuterte Gillmeister-Geisenhof. Diese Eigen­heit ist auch in den modernen Exemp­laren, die „Pro Tracht“ entwickelt hat, enthalten.

Im fünften und letzten Block der Präsentation ging es schließlich um das farbenfroheste Modell, die katho­lische Tracht. Auffälligstes Detail der aktualisierten Variationen ist, dass V­förmige Falten im Rückenteil, die tra­ditionell dort angebracht waren, sehr einfallsreich durch bunte Bänder er­setzt wurden.

Evelyn Gillmeister-Geisenhof dank­te ihren gut 20 Models aus Merkendorf und Umgebung, darunter auch die neue Krautkönigin Regina I. und Ma­ria Krug mit 90 Jahren. Sie alle mach­ten in den verschiedenen Tracht-Mo­dellen eine gute Figur. Die Tracht soll für jedes Lebensalter tragbar sein und sie soll gut tragbar sein, das erläuterte Gillmeister-Geisenhof als Grundsätze der Arbeit. Deshalb werden heute ausnahmslos leichte, fließende, ange­nehme Stoffe verwendet wie Baum­wolle und Satin anstatt schwerer, kratzender Wolle. Jedes Modell ist im Hinblick auf Farbzusammenstellun­gen, Accessoires und Details variier­bar und kann an die Vorstellungen der Trägerin angepasst werden.

„Fränkische Trachten sollten auch in Franken hergestellt werden“, fin­det Evelyn Gillmeister-Geisenhof. Daher arbeitet „Pro Tracht“ für die Anfertigungen eng mit den Westmit­telfränkischen Lebenshilfe-Werkstät­ten Feuchtwangen sowie mit der Re­gens- Wagner-Stiftung und dem Be­rufsbildungswerk Nürnberg für Hör­und Sprachgeschädigte zusammen.