Fünf Wasserkraftwerke

So hilft das Fränkische Seenland bei der Energiewende

25.7.2021, 07:21 Uhr
Fränkische Turbinen erzeugen Strom im Fränkischen Seenland: Zwei Aggregate der Weißenburger Firma Ossberger verrichten seit Jahrzehnten ihren Dienst im Krafthaus am Auslass des Großen Brombachsees. 

© Jürgen Eisenbrand, NN Fränkische Turbinen erzeugen Strom im Fränkischen Seenland: Zwei Aggregate der Weißenburger Firma Ossberger verrichten seit Jahrzehnten ihren Dienst im Krafthaus am Auslass des Großen Brombachsees. 

Angesichts solcher Zahlen geht der eigentliche Zweck des Jahrhundertprojekts, das zwischen 1974 und 2000 entstand, beinahe ein wenig unter: nämlich sauberes Wasser aus dem damit reich gesegneten Süden des Freistaaats in den trockenen Norden überzuleiten. Und eine dritte Funktion ist sogar weitgehend unbekannt: An den Staumauern und Schleusen wird Strom erzeugt – und zwar so reichlich, dass damit rein rechnerisch etwa 5000 Haushalte versorgt werden könnten.

"Für uns ist das vor allem eine wasserbauliche Maßnahme", heißt es im Ansbacher Wasserwirtschaftsamt (WWA) bescheiden. Und dann erzählt etwa Helga Pfitzinger-Schiele, die Chefin der Abteilung Überleitung Donau-Main, doch mit ansteckender Begeisterung von dem komplizierten Geflecht von Gewässern und Pegelständen, von Abflussmengen und Stauzielen, von Kanal- und Brombachüberleitung.

Wasserströme und Stromerzeugung

Die Bauoberrätin, die ihren Dienst in Gunzenhausen-Schlungenhof, direkt am Altmühlsee, verrichtet, steuert mit ihren Kolleginnen und Kollegen freilich nicht nur die Wasserströme von Süd nach Nord, sondern auch die Stromerzeugung in fünf Kraftwerken: am Auslauf des Großen Brombachsee, an den Schleusen Hilpoltstein und Leerstetten des Main-Donau-Kanals und an den beiden Turbinen am Rothsee.

Wasser vom Süden in den Norden: Helga Pfitzinger-Schiele, die zuständige Abteilungsleiterin im Wasserwirtschaftsamt, zeigt im Informationszentrum Mandlesmühle, wie das Prinzip funktioniert. 

Wasser vom Süden in den Norden: Helga Pfitzinger-Schiele, die zuständige Abteilungsleiterin im Wasserwirtschaftsamt, zeigt im Informationszentrum Mandlesmühle, wie das Prinzip funktioniert.  © Jürgen Eisenbrand, NN

Obwohl der Große Brombachsee ein gewaltiges Wasserreservoir böte und auch die Fallhöhe mit 32 Metern die größte ist, wurden im dortigen Krafthaus, das sich etwa in der Mitte des Staudamms befindet, nur zwei relativ kleine Turbinen montiert. "Das hängt damit zusammen, dass hier nur relativ wenig Wasser in den Brombach und damit in die Schwäbische Rezat abgeleitet wird", erklärt Helga Pfitzinger-Schiele.

Maximal sind es 1200 Liter pro Sekunde, die Mindestmenge beträgt 300 Liter pro Sekunde, ein Einbau größerer Aggregate wäre angesichts dieser Wassermengen unwirtschaftlich gewesen. Zwar machen die beiden blau-roten Durchströmturbinen des Weißenburger Herstellers Ossberger, die seit Jahrzehnten dort zuverlässig ihren Dienst verrichten, einen gehörigen Lärm, erzeugen dabei aber maximal 315 kW elektrische Energie.

Strom auf dem Hin- und Rückweg

Etwas mehr schaffen da schon die beiden Wasserkraftanlagen am Rothsee. Dort wird umweltfreundlicher Strom gleichsam auf dem "Hin- und auf dem Rückweg" des Wassers produziert. "Hinweg" bedeutet in diesem Fall, dass das Wasser vom Main-Donau-Kanal zum Rothsee die gut 7 Meter Gefälle nutzt, um eine vertikal eingebaut Turbine anzutreiben; 14.000 Liter pro Sekunde bedeuten immerhin 750 kW erzeugter Elektrizität.

Alles im Blick: Schaltwerker Klaus Besner kontrolliert von seinem Arbeitsplatz in Schlungenhof aus die Wasserüberleitung nach Norden, und er überprüft auch, ob die fünf Wasserkraftwerke störungsfrei arbeiten.

Alles im Blick: Schaltwerker Klaus Besner kontrolliert von seinem Arbeitsplatz in Schlungenhof aus die Wasserüberleitung nach Norden, und er überprüft auch, ob die fünf Wasserkraftwerke störungsfrei arbeiten. © Jürgen Eisenbrand, NN

Auf dem "Rückweg", also vom Rothsee in die Kleine Roth, beträgt das Gefälle rund 14 Meter, im Krafthaus sind zwei Turbinen mit unterschiedlicher Leistungsfähigkeit - abhängig von den abfließenden Wassermengen - verbaut: Für die ständig abzugebende Mindestwassermenge (1200 Liter pro Sekunde) genügt eine Durchströmturbine wie am Großen Brombachsee. Größere Mengen bewältigt eine zusätzliche Rohr-S-Turbine, durch die maximal 5200 Liter pro Sekunde fließen können; bis zu 650 kW Strom können so erzeugt werden.

Einige Kilometer weiter nördlich, an der Kanalschleuse Leerstetten, werden die 23 Meter Fallhöhe genutzt, um mit 6000 Liter Wasser pro Sekunde und einer Ossberger-Durchströmturbine knapp 1000 kW Ökostrom zu erzeugen. Und am ertragreichsten Wasserkraftwerk, für das die Wasserwirtschaftler aus Gunzenhausen zuständig sind, fließen sogar 14.000 Liter Wasser pro Sekunde durch die dort montierte Francis-Turbine. So können an der Schleuse Hilpoltstein 3000 kW (3 Megawatt) Strom erzeugt und ins Netz eingespeist werden - 6,3 Millionen kWh pro Jahr.

Auch private Wasserkraftanlagen entlang von Rezat und Rednitz

Etwa 5000 Haushalte beziehen also rein rechnerisch ihren Strom aus der Wasserkraft, die mit Anlagen des Ansbacher WWA erzeugt werden. Tatsächlich sind es noch weit mehr. Helga Pfitzinger-Schiele und ihr Kollege, der Techniker und Schaltwärter Klaus Besner, der die Wasserüberleitung in Schlungenhof an mehreren Computerbildschirmen überwacht und steuert, wissen von einer ganzen Reihe privater Wasserkraftanlagen entlang von Rezat und Rednitz, deren Betrieb durch das übergeleitete Nass erst möglich gemacht wird. Und auch, dass die Betreiber immer wieder in die Erweiterung und Modernisierung ihrer Anlagen investieren.

Im Sinne der nach Fukushima ausgerufenen Energiewende blieb auch das WWA nicht untätig. So wurden die Kraftwerke Rothsee-Einleitung und Leerstetten nicht wie die anderen bereits beim Bau des Seenlands mit errichtet, sondern 2013 nachgerüstet - was die erzeugte Strommenge schlagartig fast verdoppelt hat. Und noch heuer im Herbst soll an der Schleuse Hilpoltstein eine zweite, kleinere Turbine eingebaut werden, um die Stromausbeute zu erhöhen.

Geld bleibt nicht beim Wasserwirtschaftsamt

Dass der Erlös aus der Stromerzeugung nicht in die Kassen des WWA fließt, sondern an die staatliche Landeskraftwerke Bayern GmbH, die an den Talsperren in Bayern und am Main-Donau-Kanal insgesamt 19 Wasserkraftwerke betreiben, betonen die Schlungenhöfer mit einem Schmunzeln und tragen es gelassen.

Und auch, dass ein großer Teil des in ihren Kraftwerken erzeugten Stroms dafür verwendet wird, um das Donauwasser via Main-Donau-Kanal über die Europäische Hauptwasserscheide Richtung Nordbayern zu pumpen, sehen sie pragmatisch. Immerhin müsse die Energie dafür schon nicht aus dem öffentliche Stromnetz abgezapft werden.

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