Stephanie Palm aus Meinheim schreibt Shortstorys

9.1.2019, 17:37 Uhr
Stephanie Palm aus Meinheim schreibt Shortstorys

© Lars Gläser

Ganz normale Frauen stehen im Mittelpunkt der Storys, sie könnten in der Kneipe am Nebentisch ein Bier trinken oder in der gleichen Schlange an der Supermarktkasse stehen, sie haben Familie und die unterschiedlichsten Berufe und haben eines gemein: Sie stehen alle an einem Wendepunkt in ihrem Leben. Eine will ihre Nase korrigieren lassen, eine andere einen Marathon laufen, die eine outet sich als lesbisch, die andere gewinnt der Musik ganz ungewöhnliche Seiten ab.

Wendepunkte hat auch Stephanie Palm schon einige hinter sich. Von der Fremdsprachenassistentin über Typberatung bis hin zur Buchautorin sind doch einige Schritte nötig. Ursprünglich stammt Stephanie Palm aus Meinheim, wo sie 1960 als Stephanie Schaaf das Licht der Welt erblickte. Nach dem Simon-Marius-Gymnasium vervollkommnete sie am Spracheninstitut in Erlangen ihre Kenntnisse in Englisch, Französisch und Spanisch. Doch die Sehnsucht nach ihrem Liebsten, dem Sohn des Lehrers Wolfgang Palm aus Sausenhofen, führte sie nach München, wo Uli Palm inzwischen studierte. Nach dem Abschluss ihrer Ausbildungen arbeiteten beide, sie heirateten und schließlich kam Tochter Katrin auf die Welt.

Nach deren Geburt wollte Stephanie Palm möglichst schnell wieder arbeiten, aber nicht mehr als Fremdsprachenassistentin. Beim Schwimmen löst sie auch heute noch ihre Probleme, und auch damals kam ihr, während sie ihre Bahnen zog, die "zündende Idee": "Ich mach mich selbstständig" — und zwar als Farbberaterin. Das war zu der Zeit ziemlich angesagt und ließ sich gut mit ihrer künstlerischen Ader vereinbaren.

"Wenn du in Deutschland etwas werden willst, dann musst du ein Buch schreiben", diesen guten Ratschlag eines Bekannten bekam Stephanie Palm nicht mehr aus dem Kopf. Bei einem Kongress über Physiognomie in Gunzenhausen lernte sie schließlich den Mann kennen, der dafür ihr Co-Autor werden sollte: Mit Armin Pinl veröffentlichte sie ein recht erfolgreiches Buch über "Facereading", das sogar ins Koreanische übersetzt wurde. Zunächst war das Schreiben für Stephanie Palm ein reines "Marketing Tool", denn wer ein Buch veröffentlicht, der muss was von seinem Job verstehen. Darüber hinaus bereitet ihr das Schreiben aber vor allem "persönliches Vergnügen".

Mehr und mehr nahm Stephanie Palm den ganzen Typ Mensch unter die Lupe, es folgten weitere Ratgeber, über mangelnde Aufträge konnte die Münchnerin nicht klagen. Doch dann kam 2016 der große Bruch: Botox, Permanent Make-up und was sich Menschen alles einfallen lassen, um den schönen Schein aufrecht zu erhalten, vergällten ihr die Freude an der Typberatung.

Doch was nun? Diesmal klappte das mit den zündenden Ideen beim Schwimmen nicht. Den Wendepunkt brachte diesmal ein Unfall. Zur Bewegungslosigkeit verdammt, kam Stephanie Palm auf andere Gedanken, darunter der verwegene, dass sie es doch auch einmal mit Belletristik versuchen könnte. "Typisch ich – Typberatung mit Charakter" heißt einer der Ratgeber, in dem sie bereits vor Jahren zwölf verschiedene Charaktertypen entwickelt hatte. Und rund um diese unterschiedlichen Typen spann sie nun ihre unterhaltsamen Kurzgeschichten, unterstützt von einem Schreibcoach. Ein Jahr lang arbeitete sie an dem Buch, danach war sie nach eigenen Worten "neu aufgestellt".

Wie eben auch einige ihrer Protagonistinnen. Etwa Chiara, die so gerne eine Nasenkorrektur hätte. Doch erst im Alter von 56 Jahren scheint dieser Traum in greifbare Nähe zu rücken. Mit einem Umschlag voller Geld macht sich Chiara auf den Weg nach Prag – und kommt mit erstaunlichen Erkenntnissen von dort zurück. Susanne muss erst fürchterlich auf die Schnauze fallen, dann jedoch geht sie ihr Leben mit ganz neuer Leichtigkeit an. Vroni muss sich ihrer Vergangenheit stellen, bevor sie wieder unbeschwert das Oktoberfest genießen kann und Ulrikes Fuß will nach einem komplizierten Bruch einfach nicht heilen – bis sie eine ungewöhnliche Entdeckung macht.

Wie immer nach der Fertigstellung eines Buchs fühlte sich Stephanie Palm auch diesmal richtiggehend "ausgeschrieben" und ein "nie wieder" steht im Raum. Nie wieder allerdings will sie auch als Beraterin arbeiten, diese Zeit "ist gegessen". Und sie hat auch schon neue Pläne: Als Ghostwriterin will sie nun die Geschichten von Menschen, die etwas zu erzählen haben, aber nicht schreiben können, in wohlfeile Worte fassen. Einen ersten Auftrag hat sie bereits.

Und die Belletristik? Sollte es bei diesem einen gelungenen Ausflug bleiben? Wer die Powerfrau erlebt hat, der weiß: Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

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