Streudorf: Ferienhaus nur noch bis Anfang 2021

29.6.2020, 16:44 Uhr
Streudorf: Ferienhaus nur noch bis Anfang 2021

© Marianne Natalis

So ganz wohl war den Stadträten bei der Debatte nicht, wie aus einigen Wortbeiträgen herauszuhören war. Immerhin hatte der Bauausschuss bereits zweimal Nein zu der Nutzungsänderung und der Befreiung vom Bebauungsplan gesagt, bevor er am 10. Juni seine Haltung änderte, damit die Urlauberstadt Gunzenhausen kein negatives Signal senden würde. Außerdem gibt es massiven Widerstand aus der Streudorfer Siedlung (wir berichteten). Und dann tauchte vor der jüngsten Sitzung noch der Verdacht auf, dass weiterhin für das Ferienhaus in den sozialen Medien (Facebook) Werbung gemacht wird. Dabei fußt der Beschluss des Bauausschusses absolut klar auf der Grundlage der bisher vorliegenden Buchungen in den nächsten Monaten einschließlich der Weihnachtszeit.

Daniel Hinderks (SPD) stellte fest, dass die Angelegenheit in Streudorf sich als total verfahren darstelle. In dieser Brisanz habe er das nicht erwartet. Dennoch sei er weiterhin davon überzeugt, dass die vorige Abstimmung des Ausschusses eine Art "salomonisches Urteil" gewesen sei. Es gelte jetzt, das Ganze mit Anstand zu Ende zu bringen. Hinderks appellierte an die Toleranz aller Beteiligten und meinte damit, etwas zu ertragen und zu gestatten, auch wenn man es nicht für gut heiße. Die Vermieterin des Hauses (sie lebt in Baden-Württemberg) habe "ein sehr unlauteres Gebaren an den Tag gelegt", sie werde sicher nie mehr in der Streudorfer Siedlung Fuß fassen können. Der SPD-Politiker nahm damit Bezug auf die Tatsache, dass das Haus seit 2018 ohne Genehmigung als Urlauberunterkunft genutzt wird.

Sigrid Niesta-Weiser (FDP) betonte: "Es bleibt bei unserer grundsätzlichen Ablehnung." Die Nutzung als Ferienhaus wolle man ausschließlich auf die wenigen Buchungen für die nächsten Monate begrenzen. Diese Familien täten sich in Corona-Zeiten schwer, eine andere Unterkunft zu finden, und in einem Fall habe eine Familie ein behindertes Kind. Wenn man diesen Menschen den Urlaub verwehre, würde das für sie ein "Schlag ins Gesicht" bedeuten. Im Übrigen werde es niemanden "überstrapazieren", wenn diese wenigen kleineren Familien jetzt Urlaub im besagten Haus machten. Die Erfahrungen von 2018 solle man nicht auf die jetzigen Bucher übertragen, sagte die FDP-Stadträtin mit Blick auf die Anwohner. "Mich zerreißt es gerade ein bisschen." So beschrieb Kerstin Zels den Zwiespalt, in dem sie als Stadträtin stecke. Jedenfalls wäre es gut, wenn die Gäste im Haus 109 in den kommenden Monaten nicht angefeindet, sondern ordentlich behandelt würden.

Ortssprecher Christian Brunner stellte sich hinter die Position der empörten Anwohner: Diese verstünden nicht, wie hier jemand etwas ohne Genehmigung machen könne, was jetzt sogar von der Stadt hingenommen werde. Er gehe dennoch davon aus, dass die Anwohner in den nächsten Monaten nichts gegen die Urlauber im Haus 109 unternehmen würden. Er glaube allerdings nicht, dass im Januar 2021 alles ausgestanden sei.

 

Kein Gewohnheitsrecht

 

Manfred Ortner (CSU) sagte, er könne nur an die Anwohner appellieren, die nächsten sechs Monate "mit Anstand rumzubringen". Dass sich die Hausbesitzerin danach in irgendeiner Weise auf ein Gewohnheitsrecht berufen könne, müsse ausgeschlossen sein. Das Ja des Bauausschusses gelte nur für die bereits abgeschlossenen Mietverträge. "Ich stimme im Interesse der Urlauber, die bereits gebucht haben, zu", erklärte Karl Gutmann (CSU). Zugleich sei er verärgert über die Hausbesitzerin.

Harald Romanowski (Freie Wähler) äußerte sich positiv zum in der vorigen Sitzung gefundenen "Kompromiss". Zugleich müsse er eine Lanze für die Streudorfer brechen. Die Hausbesitzerin habe eben die Anwohner vorab nicht über die Nutzung des Hauses informiert. In diese Kerbe hieb auch Herbert Gutmann (Grüne): "Das Versäumnis liegt nicht bei den Streudorfern, sondern bei der Vermieterin."

Von wünschenswerter Toleranz sprach auch Bürgermeister Karl-Heinz Fitz. Im Januar werde "Schluss und Ende" sein. Auf Gewohnheitsrecht könne sich definitiv niemand berufen. Fitz erinnerte daran, dass sich die Hausbesitzerin zunächst um eine unbefristete Nutzung als Ferienhaus bemühte (was abgelehnt wurde), dann um eine Frist bis Oktober 2021 (was ebenfalls verwehrt wurde). Jetzt gehe es bis zur Weihnachtszeit, und es gehe um die Urlauber, die gebucht hätten und sich jetzt hilfesuchend ans Rathaus gewandt hätten. Der Bauausschuss habe in seiner vorigen Situation eine Abwägung vornehmen müssen. Danach habe sich die Situation in Streudorf zugespitzt, was er sehr bedauere. Mit der befristeten Duldung sollten beide Seiten leben können.

 

Den Fehler behoben

 

Der städtische Bauausschuss befasste sich zum vierten Mal mit dem Thema. Beim dritten Mal, am 10. Juni, hatte der Bürgermeister die Angelegenheit kurzfristig vorgebracht, obwohl sie nicht auf der Tagesordnung stand. Eine Stadträtin sprach sich gegen dieses Vorgehen aus, trotzdem wurde beraten und beschlossen – ein Formfehler.

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