"Wir sind fassungslos"

Kaputte Glasscheiben, Schmierereien und verteilte Fäkalien: Fußballfans verwüsten Zug in Franken

Johannes Lenz

Nordbayern-Redaktion

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6.3.2024, 10:54 Uhr
Ultras des FC Augsburg verwüsteten die Waggons eines Regionalzuges zwischen Würzburg und Treuchtlingen.

© Go Ahead / WFL Ultras des FC Augsburg verwüsteten die Waggons eines Regionalzuges zwischen Würzburg und Treuchtlingen.

"Fußball ist unser Leben, denn König Fußball regiert die Welt", schmetterten Paul Breitner, Uli Hoeneß und ihre Teamkollegen der deutschen Nationalmannschaft vor der Weltmeisterschaft 1974 inbrünstig in die Mikrofone. Der bekannt-beliebte Schlager hat 50 Jahre nach seiner Veröffentlichung nichts an Aktualität eingebüßt: Der Sport hat sich zur Multi-Milliarden-Euro-Industrie entwickelt, Woche für Woche pilgern alleine in Deutschland Hunderttausende in die Stadien der 1. und 2. Bundesliga. "König Fußball" sorgt aber auch immer wieder für Negativschlagzeilen - etwa, wenn sich seine "Untertanen", die Fans, danebenbenehmen.

So geschehen zuletzt am vergangenen Wochenende in Franken: Am späten Samstagabend traten Ultras des FC Augsburg nach dem 6:0-Auswärtssieg ihrer Mannschaft beim SV Darmstadt 98 die Heimreise an. Dabei verwüsteten sie die Waggons eines Regionalzuges zwischen Würzburg und Treuchtlingen derart, dass sich der Betreiber Go Ahead gezwungen sah, die Geschehnisse in einer Pressemitteilung öffentlich zu machen. Arno Beugel, Geschäftsführer von Go Ahead, wird in der Mitteilung mit folgenden Worten zitiert: "Wir sind fassungslos, dass diese Leute eine solche Zerstörungswut an den Tag gelegt und sich unseren normalen Fahrgästen und unserem Personal gegenüber völlig unangemessen verhalten haben."

Szenen der Verwüstung - Lokführer belästigt?

Das Unternehmen untersuche derzeit den Vorgang und prüfe weitere Schritte. Beugel findet gegenüber den Randalierenden klare Worte: "Fremdes Eigentum zu zerstören und andere Mitreisende zu bedrohen - das hat nichts mit Sport zu tun." Auf Nachfrage unserer Redaktion beschreibt der Pressesprecher von Go Ahead Bayern, Winfried Karg, die Szenen der Verwüstung: "Die Fußballfans haben Glasscheiben zwischen den Abteilen zerschlagen, Toiletten zerstört und Urin und Fäkalien verteilt." Zudem hätten die Randalierer großflächige Schmierereien verübt, Aufkleber angebracht und die Überwachungskameras im Zug abgeklebt.

Doch die Ausschreitungen der Fußballfans hätten sich nicht nur auf die Zerstörung der Inneneinrichtung beschränkt: Einige Anhänger hätten an die Tür des Lokführers gehämmert, ihn belästigt und von der Arbeit abgehalten. Außerdem hätten die Fans auf Zwischenhalten die Türen blockiert: "Durch tatkräftiges Einwirken dieser Fahrgastgruppe hatte der Zug bis Treuchtlingen 18 Minuten Verspätung", so Karg. Sein Bedauern gilt vor allem den übrigen Reisenden: "Wenn man als normaler Reisender in den Zug gerät, ist das nicht schön."

Die Bundespolizei kann die von Go Ahead geschilderten Verwüstungen im Zug bestätigen. Ob tatsächlich Türen blockiert und der Lokführer belästigt wurden, sei laut einer Sprecherin aber noch Gegenstand der laufenden Ermittlungen. Der Lokführer müsse im Zuge dieser erst vernommen werden, aktuell kann die Polizei die Vorkommnisse deshalb noch nicht verifizieren. Auch deshalb suchen die Beamten nach Zeugen, die Angaben zu den Geschehnissen im RE 80 zwischen Würzburg und Treuchtlingen, Abfahrt am Samstagabend um 20.41 Uhr, machen können.

Züge fallen aus - womöglich bis Ende der Woche

Für den Zugverkehr auf der Strecke zwischen Würzburg und Treuchtlingen hat der Vorfall längerfristige Auswirkungen: "Die Waggons können (seit Samstagabend, d. Red.) nicht mehr im Fahrgastbetrieb eingesetzt werden, und daher mussten am 3.3. und 4.3. Züge ausfallen", schreibt Go Ahead in der Mitteilung. Die Zuggarnitur müsse in der Werkstatt repariert und gereinigt werden, was bis mindestens Ende der Woche dauern würde.

Ersatzzüge zu stellen, sei für Go Ahead laut Winfried Karg nicht ohne weiteres möglich: Aufgrund von Personalmangel habe Go Ahead seit Längerem für die Bedienung der Strecke zwischen Würzburg und Treuchtlingen das Unternehmen WFL beauftragt. WFL stelle aber nicht nur Personal, sondern auch die Züge, die auf der Strecke verkehren. Da die bereitgestellten Lokführer nicht für das Führen von Go Ahead-Zügen ausgebildet seien, müsse WFL deshalb eine Ersatzgarnitur stellen - was Stand jetzt noch nicht möglich sei: Alleine heute fallen deshalb acht Verbindungen aus, auch in den kommenden Tagen kann es zu Ausfällen kommen. Go Ahead bittet die Fahrgäste deshalb, sich vor Antritt ihrer Fahrt auf den Portalen Bayerischen Eisenbahngesellschaft oder der Deutschen Bahn AG über ihre Verbindung zu informieren.

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