Unverzichtbar für den FC Gunzenhausen

3.1.2021, 07:10 Uhr
Unverzichtbar für den FC Gunzenhausen

© Uli Gruber

Das waren noch Zeiten! Als der traditionsreiche 1. FC Gunzenhausen zur Kirchweih so namhafte Gegner wie die SpVgg Fürth oder den 1. FC Nürnberg zum freundschaftlichen Vergleich an den Schießwasen bat. Ohne entsprechende Kontakte, finanzielle Mittel und insbesondere sportliche Referenzen wäre es auch damals wohl kaum möglich gewesen, die fränkische Kicker-Elite für Gastspiele in der Provinz zu verpflichten. Gunzenhausen schaffte es. Der "Club" aus dem beschaulichen Altmühlstädtchen erfreute sich nicht nur auf lokaler Ebene eines ausgezeichneten Rufs. Für Spieler, Funktionäre und Anhänger ist es ein Privileg gewesen, diesem Verein anzugehören.

Inzwischen ist der Glanz vergangener Tage verblasst. Die erste Fußball-Mannschaft, einstiges Flaggschiff des FCG, kreuzt derzeit in eher seichterem Gewässer. A-Klasse statt Bezirksliga, noch dazu als Spielgemeinschaft mit dem SV Unterwurmbach. Nicht jedem Fan gefiel diese Entwicklung, mancher wandte sich enttäuscht ab. Hans-Jürgen Kieslich hingegen ließ nie Zweifel an seiner Treue und Verbundenheit aufkommen.

Ganze Familie ist mit dabei

Als langjähriger Aktiver, Trainer und Verantwortlicher kennt "Bubi", wie er von Freunden seit jeher genannt wird, die Mechanismen innerhalb des Vereins wie kaum ein anderer. Vom ständigen Zurückblicken und nervigen Frotzeleien, dass früher alles besser gewesen sei, hält er nichts. Kieslich ist aktuell Vorsitzender und zählt zu den Urgesteinen des 1910 aus der Taufe gehobenen FC Gunzenhausen.

Aber nicht nur er, auch der Rest der sympathischen Familie trägt vermutlich "lebenslang" das blau-schwarze Gen in sich. Bemerkbar macht sich dieser Umstand vor allem durch ehrenamtliche Arbeit. Neben Ehefrau Margarete gehören die Söhne Sven (Spartenleiter) und Manuel (zuständig für die beiden Herrenteams) samt ihren Partnerinnen Silvi und Corinna zum Stammpersonal in Diensten der Abteilung Fußball. Mit "vorab" vier Enkelkindern scheint die Nachhaltigkeitsfrage aus rein sportlichem Blickwinkel geklärt zu sein. Mila und Ben jagen der Kugel bereits hinterher. Bei Lana und dem kleinen Leo dürfte der Einstieg vermutlich nur eine Frage der Zeit sein. Stand heute sind also fünf Generationen involviert, die Ursprünge liegen indes Jahrzehnte zurück.

Tante Herta, die beliebte Wirtin

Keine Frage, die Historie des FC Gunzenhausen steht in enger Verbindung mit den Kieslichs und deren weitverzweigten verwandtschaftlichen Strukturen. So fungierte "Bubis" Oma Marta Bickel bereits in den Pionierjahren des Gunzenhäuser Tennissports auf der damaligen Anlage zwischen Schießwasen und Weißenburger Straße als "Platzwart(in)". Tante Herta Schultheiß galt darüber hinaus als beliebte und zuverlässige Wirtin des FC-Heims. Weitere "Clan"-Mitglieder brachten sich in unterschiedlichen Bereichen ebenfalls ein, stets zum Wohl des Clubs.

Unverzichtbar für den FC Gunzenhausen

© Privat

Etwas plakativ wird in vergleichbaren Fällen oft von Herzblut, Idealismus und beispielhaften Tugenden gesprochen. Die Würdigung der ehrenamtlich Tätigen erfolgt meist durch satte Lobeshymnen bei Feierlichkeiten und Jubiläen – inklusive des obligatorischen Bocksbeutels als kleines Präsent. Tatsächlich sind die erbrachten Leistungen mit Reden und Zuwendungen kaum aufzuwiegen. "Muss auch nicht sein", sagt Hans-Jürgen Kieslich bescheiden. Das Engagement diene dem Allgemeinwohl, persönliche Eitelkeiten sollten keine Rolle spielen. In Vereinen finden Menschen jeder Altersgruppe einen Hort der Zugehörigkeit. Es gilt nicht nur zu nehmen, sondern dem Kollektiv bestenfalls auch etwas zurückzugeben, so die Ansicht des FC-Vorsitzenden.

Eine Meinung, der sich Sohn Manuel vorbehaltlos anschließt. Auch seine Motivation basiert nicht auf dem permanenten Zuspruch von Schulterklopfern. Es geht um Freundschaften, Solidarität und Gemeinsamkeit. Trotzdem dreht sich im privaten Kreis nicht alles um Fußball: "Wir leben nicht nur in Blau und Schwarz!" Er selbst durchlief alle Nachwuchsteams des Vereins und sammelte dabei eine Fülle an menschlichen und sportlichen Erfahrungen.

Als Kapitän in die Kreisliga

Gern denkt der 37-Jährige zurück an sein schönstes Erlebnis als Kicker des FC Gunzenhausen. Mit der Kapitänsbinde um den Arm führte "Manu" im Frühsommer 2013 die von Jürgen Prüßner gecoachte Truppe beim 1:0 in Westheim zum Kreisliga-Aufstieg. Schütze des goldenen Tores: Manuel Kieslich auf Vorlage von Dominik Prüßner! Auch heute noch, vorausgesetzt Corona lässt in absehbarer Zeit wieder einen geregelten Rundenbetrieb zu, würde der Mittelfeldspieler im Bedarfsfall als Aktiver jederzeit einspringen.

Offenbar verfügt "Manu" über die gleiche stabile Konstitution wie Papa Hans-Jürgen. Dieser lief noch bis Ende Vierzig für die FCG-Reserve auf. In seinen besten Jahren verdiente sich der athletisch und fußballerisch gut ausgebildete Vorstopper den Respekt der Konkurrenz. So mancher gestandene Bezirksliga-Mittelstürmer biss sich an dem stets fair, aber resolut kämpfenden Defensivstrategen die Zähne aus. Selbstverständlich verstärkte er seinen FCG auch in den legendären "Kerwa"-Matches gegen das Fürther Kleeblatt und den Altmeister aus der Noris. "Bubi" Kieslich war aber nicht nur auf dem grünen Rasen präsent. Im zarten Mannesalter von 27 Lenzen startete er 1983 an der Seite von Heinz Venzke seine Funktionärs-Laufbahn, zunächst als Spartenleiter. Parallel zu seinen anderen Aufgaben, kümmerte sich der Polizist kontinuierlich um die Ausbildung des Fußball-Nachwuchses. Als 2004 die "Erste" einen Trainer brauchte, sprang Kieslich in die Bresche. Mit Erfolg, zwei Jahre später gelang als Kreisklassen-Meister der Einzug in die Kreisliga.

Seit 2016 steht "Bubi" nun an der Spitze des FC Gunzenhausen. In dieser Position will er ein "Präsident" für alle Kräfte innerhalb des Vereins sein. Nicht allein Fußball stehe im Fokus, jeder Abteilung müsse angemessen Beachtung zukommen. Ganz wichtig sei der Erhalt der zwischenmenschlichen Beziehungen. Nur so habe der "Club", auch im gedeihlichen Verbund mit Unterwurmbach, eine realistische Chance für die Zukunft.

Logisch, dass mittelfristig die Rückkehr in die Kreisklasse angepeilt werde. Die Identifikation mit den Stadtvereinen bestehe jedoch nicht mehr in dem Maß wie früher. Im Gegenteil: Das Selbstverständnis sei auf den Dörfern mittlerweile viel ausgeprägter. "Eigentlich haben wir einen Standortnachteil", beurteilen Kieslich senior und seine Söhne übereinstimmend die Lage.

Kein Mangel an Arbeit

Sven Kieslich gibt vor, wie das Manko ausgeglichen werden kann. "Sich für den FC Gunzenhausen einsetzen", lautet das Credo. Als Spieler blieb ihm der große Wurf versagt, zu seiner Zeit war die "Erste" qualitativ stark besetzt. Der 42-Jährige wohnt mit seiner Familie in Treuchtlingen. Ein erheblicher Teil der knapp bemessenen Freizeit wird dem "Club" gewidmet. Über Mangel an Arbeit kann sich der Spartenleiter Fußball nicht beklagen. Nebenher ist Sven auch als Schiedsrichter und "Bambini"-Betreuer für den FCG unterwegs.

Vor Corona wurden in der SMG-Halle während der Wintermonate regelmäßig Fußballturniere für nahezu alle Altersklassen angeboten. Auch die Planungen hierzu zählten zu seinen Aufgaben. Mit Geduld und Sorgfalt wird darüber hinaus immer wieder die örtliche Presse mit Zahlen, Daten und Fakten versorgt. Bruder Manuel ist stets mit von der Partie. Beide betonen die enorme Hilfsbereitschaft im Lager des FC Gunzenhausen. Stellvertretend für viele fleißige und unkonventionelle Helfer bei allen Gelegenheiten stehen Sven Jost und Jan Venzke. "Auf die beiden ist grundsätzlich Verlass", betonen die Brüder unisono.

Ohne Mama geht nichts

Die wirklich "gute Seele" des FC Gunzenhausen ist allerdings in den eigenen vier Wänden zu finden. Mama Margarete lässt keinen Zweifel daran, ihren Männern sowie dem Verein weiterhin loyal zur Seite zu stehen. Sie arbeitet an der Basis, von der Öffentlichkeit werden ihre Verdienste nur bedingt wahrgenommen. Niemand sieht es, wenn unzählige Trikotsätze gewaschen und getrocknet werden müssen. Beim Werben für Anzeigen in den Club-Nachrichten sind gleichermaßen ein freundliches Auftreten und Hartnäckigkeit gefragt. In ihrem Element ist Margarete als Organisatorin der traditionellen Jahreswechselfeier. Dazu gehört auch das Fechten im Vorfeld des Ereignisses.

Margarete Kieslich hört kein abfälliges Wort, wenn sie bei den örtlichen Geschäftsleuten um Spenden und Preise für die große Tombola bittet – zum Nulltarif selbstverständlich. Wer beteiligt sich an der Bewirtung bei diversen Veranstaltungen? Genau, Margarete! Als Platzkassiererin ist sie mittlerweile entlastet worden.

Viele kleine Tätigkeiten für die Belange des Vereins erfordern Wissen und Beharrlichkeit. "Manchmal ist es ganz schön anstrengend, Teil einer Fußball-Familie zu sein", verrät Margarete augenzwinkernd. Unterstützt wird sie von ihren Schwiegertöchtern Silvi und Corinna, der FCG profitiert also wesentlich von den Qualitäten eines Damentrios mit Modellcharakter. Soll noch mal einer behaupten, Frauen hätten keine Ahnung vom Fußball!

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