Wolfams-Eschenbach: Kein Stadtfest wegen Seuche

7.6.2020, 15:28 Uhr
Wolfams-Eschenbach: Kein Stadtfest wegen Seuche

© Archiv Stadt Wolframs-Eschenbach

Im Frühling und Frühsommer 1920 brach in der Wolframsstadt und später auch in der Stadt Ansbach die Maul- und Klauenseuche aus, was die vollständige Abschirmung und Verkehrsbeschränkungen der betroffenen Städte und Gemeinden zur Folge hatte. 1920 jährte sich nach den damaligen Vorstellungen das Todesjahr von Wolfram von Eschenbach, dem größten Dichters und Sohn der Stadt zum 700. Male.

Aus diesem Anlass beabsichtigte die Stadt Wolframs-Eschenbach 1920, also genau vor 100 Jahren, eine 700-Jahr-Feier im großen Stil abzuhalten. Neben einer Serenade am Vorabend des Festes, einer Festspielaufführung auf dem Marktplatz zum Thema "Die Krönung Wolframs mit dem goldenen Lorbeerkranz" und einem Kirchenkonzert war natürlich ein großer Festumzug unter dem Motto "Wolfram kehrt als Sieger vom Sängerstreit auf der Wartburg heim" mit mehr als hundert berittenen Teilnehmern geplant. Das Reiterregiment 17 aus Ansbach wollte hierzu 100 vollständige Reitausrüstungen samt Zaumzeug unentgeltlich zur Verfügung stellen und diese auch kostenlos anliefern und abholen. Das war jedoch nach den Einschränkungen im Zuge der Maul- und Klauenseuche nicht mehr möglich.

Aus all diesen Gründen wurde, nach Beratung und Abstimmung mit den zuständigen Behörden, die Jubiläumsveranstaltung mitten in den umfangreichen und schon weit fortgeschrittenen Vorbereitungsarbeiten um ein Jahr auf 1921 verschoben.

Die Organisation der Veranstaltung war gewaltig, wie das Fest 1921 zeigte. Für die über 6000 Gäste aus nah und fern mussten Unterkünfte bereitgestellt, die Verpflegung und Bewirtung sichergestellt werden. Die Behörden hatten deshalb extra erhöhte Lebensmittelrationen (Roggen, Malz für Bier und Ähnliches) zugewiesen. Alle nur einigermaßen brauchbaren Zimmer und Heuschober wurden als Quartiere für die vielen Gäste genutzt. Es häuften sich Klagen über Wucherpreise.

Auch die An- und Abreise der Besucher, die von weit her nach Wolframs-Eschenbach strömten, musste organisiert werden. Die Eisenbahn setzte dafür sogar Sonderzüge nach Bahnhof Triesdorf ein. Von dort nach Wolframs-Eschenbach wurde eine Verkehrsverbindung mit über 20 Fahrten tagsüber eingerichtet. Die Resonanz war überwältigend. Die Presse im gesamten Deutschen Reich – von Danzig bis Freiburg, von Hamburg bis Zittau – berichtete in großen Aufmachungen – teilweise mit Fotos – von diesem überregionalen Ereignis.

Kosten waren enorm

Die Kosten für das Fest waren mit über 17 000 Mark für die Zeit enorm. Trotz dieser gewaltigen Ausgaben verblieb unterm Strich ein Reingewinn von rund 5500 Mark. Dazu trugen vor allem der Verkauf von Festabzeichen (5 Mark für auswärtige und 2,16 für einheimische Gäste) bei. Diese galten gleichzeitig als Eintrittskarte für die Stadt, deren gesamten Zugänge durch historische Wachen abgesperrt und kontrolliert wurden.

Außerdem musste von jeder verkauften Maß Bier, die damals zwei Mark kostete, 20 Pfennig an das Festkomitee abgeführt werden. Auf Vorschlag des damaligen Stadtpfarrers Nikolaus Heller beschloss der Festausschuss, vom Reingewinn ein Wolframs-Epitaph für die Stadtpfarrkirche anzuschaffen. Ludwig Sonnleitner aus Würzburg schuf es 1922 nach einem Entwurf von Architekt Willy Erb.

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