Zeitreise zu den Felsenkellern Gunzenhausens

13.4.2019, 17:33 Uhr
Zeitreise zu den Felsenkellern Gunzenhausens

© Archiv Himsolt

Bis in die Fünfzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts gab es allein in Gunzenhausen 25 Felsenkeller, von denen etliche als Sommerkeller auch gastronomisch genutzt wurden. "Der Spaziergang auf den Felsenkeller war damals ein sonntägliches Ausflugserlebnis für Jung und Alt", sagt der aus Gunzenhausen stammende und in Würzburg lebende Heimatforscher Lothar Hiemeyer. Vor Mitgliedern und Freunden des Vereins für Heimatkunde Gunzenhausen stellte er in der überfüllten Adlerbräu-Gaststätte die einzelnen Keller vor.

Hiemeyer hat ein Mammutwerk hinter sich, aber auch noch vor sich. Seit vielen Jahren forscht er nach den Ursprüngen der Gunzenhäuser Gastwirtschaften vom Mittelalter bis 1945. Er gibt sich damit aber nicht zufrieden und ist auch noch den Felsenkellern auf der Spur. Was er bisher an Ergebnissen gesammelt hat, füllt etliche Aktenordner.

Seine Recherchen will der 80-jährige Heimatfreund in zwei Büchern veröffentlichen. Was ihn nicht zum Abschluss kommen lässt, das ist die Tatsache, dass er immer wieder auf neue Quellen stößt. Von den ursprünglich 25 Kellern sind drei nicht mehr vorhanden (Himmlerskeller, Braunskeller, Spitzbartskeller), sieben Kellereingänge sind mit Erdreich verschüttet, 15 sind zwar noch begehbar, aber öffentlich nicht zugänglich.

Was die Felsen- oder Sommerkeller betrifft, so gehen seine Erkenntnisse bis ins Jahr 1802 zurück, einige Kaufverträge bis auf 1744. Für die Zeit davor fehlen die sicheren Quellen weitgehend. "Viele Unterlagen sind vernichtet worden und haben die Zeitläufe nicht überstanden", musste er enttäuscht zur Kenntnis nehmen. Dennoch ist er im Gunzenhäuser Stadtarchiv und auch im Staatsarchiv fündig geworden, bei den Staatsforsten stieß er auf viel Kooperationsbereitschaft und auch von der Stiftung Hensoltshöhe, die in den Fünfzigerjahren viele Keller im Burgstall erworben hat, erfuhr er Unterstützung. Soweit sie zugänglich sind, hat Lothar Hiemeyer sie erkundet und dokumentiert.

Beliebte Lustbarkeiten

In der Regel dienten die Sommerkeller der Lagerung von Bier, aber auch von landwirtschaftlichen Produkten. Viele von ihnen waren bewirtschaftet. Die ersten Erwähnungen stammen aus den Jahren 1744 und 1751, später – so um 1828 – werden Kegelbahnen und Lauben genannt (am Spitzbartskeller, Himmlerskeller, Braunskeller, Meyerhuberskeller, Postkeller, Lehnerskeller und Bärenwirtskeller). Die Gunzenhäuser Brauereien (unter anderen Röschel, Braun, Müller, Lehner, Finkler), die einen Keller gepachtet hatten, vergaben die Nutzung an ansässige und "ambulante" Wirte. Sehr beliebt waren die sonntäglichen Konzerte und sonstigen Lustbarkeiten.

21 der 25 Keller konzentrierten sich an der heutigen Frickenfelder Straße am Rande des Burgstalls und am südlichen Hang. Etliche sind den alten Gunzenhäusern noch namentlich geläufig: der Finklerskeller, der Braunskeller, der Müllerskeller oder der Postkeller. Traurige Berühmtheit erlangte der Braunskeller, in dem am 16. April 1945 die Menschen Schutz gesucht hatten und 140 bei einem Bombenangriff ihr Leben verloren. Ein Notkrankenhaus war im Müllerskeller (heute Haus Bethanien) untergebracht.

Vier Kellereingänge ordnet der Forscher dem Reutberg zu. Hiemeyer hat die Sissyphusarbeit nicht gescheut, um alle Besitzverhältnisse zu ermitteln. Aufgezeichnet sind unter anderen die auswärtigen Brauer Sameth aus Windsfeld, Leonhard Zeh, Adam Schroedel aus Pflaumfeld sowie die Brauerswitwe Barbara Heumann aus Neuenmuhr. In einem der drei Felsenkeller am Reutberg war nach dem Krieg eine Champignonzucht.

Streitigkeiten gab es am Gentnerskeller (später Müllerskeller) zeitweilig mit der Spielgruppe "Kreuz im Altmühltal", die dort ihre Freilichtbühne hatte. Die Nachkommen der Familie Röschel, die den Keller 1853 einrichtete, sind bis heute im Besitz der Immobilie.

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