Harald Lesch fordert in Lauf Taten statt Worte

10.11.2019, 20:47 Uhr
Harald Lesch fordert in Lauf Taten statt Worte

Die 600 Karten für die Veranstaltung im Laufer CJT waren in kürzester Zeit ausverkauft und diejenigen, die es geschafft hatten, sitzen am Sonntagvormittag um elf Uhr in der Turnhalle des Gymnasiums und blicken mit Ehrfurcht auf den Mann im weinroten Pullover, der normalerweise auf dem Fernsehbildschirm in ihrem Wohnzimmer zu sehen ist.

Harald Lesch, Professor für Astrophysik an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Dozent für Naturphilosophie, stellte in Lauf sein neues Buch "Wenn nicht jetzt, wann dann?“ vor, dass er zusammen mit Klaus Kamphausen verfasst hat.

10 Tonnen CO2 pro Kopf sind zu viel

Der Untertitel "Handeln für eine Welt, in der wir leben wollen", beschreibt das Ziel des Buches. Es soll die Leser davor warnen, die Brisanz des menschengemachten Klimawandels zu unterschätzen und ist ein Ratgeber, welche Maßnahmen jeder selbst ergreifen könnte, um die Erderwärmung zu verlangsamen.

"Aktuell produziert jeder Deutsche zehn Tonnen CO2 im Jahr. Um die Ziele des Pariser Klima-Abkommens zu erreichen, dürften es nur noch zwei Tonnen im Jahr sein", sagt Lesch. Das Lesen aus dem Buch ist schnell abgehakt. Nach ein paar Zeilen zum Einstieg startet Lesch seinen Vortrag über die aktuelle Erderwärmung und deren Auswirkungen, die wissenschaftlich bewiesen seien.

"Wenn wir unseren Energieverbrauch und den Austoß von Emissionen nicht verringern, werden Holland, Dänemark und Küstenstädte wie Venedig im Jahr 2100 unter Wasser stehen. Die Gletscher Grönlands werden geschmolzen sein und eine Fläche von 2000 Kilometer über und unter dem Äquator wird aufgrund der Hitze unbewohnbar sein“, sagt Lesch und zeigt dazu eine Grafik, die den Temperaturanstieg der letzten 100 Jahre anhand wachsender roter Flecken auf dem Globus darstellt.

"Die Auswirkungen sind bereits zu spüren. Wenn der nächste Sommer in Deutschland erneut so heiß wird, wie die letzten beiden, ist die flächendeckende Trinkwasserversorgung in Deutschland gefährdet. Schon jetzt pumpen sich Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland–Pfalz gegenseitig Wasser zu. Es wird nur nicht darüber geredet“, sagt Lesch.

Klimarat und Fernsehstar

Der Moderator zahlreicher Fernsehsendungen wie „Leschs Kosmos“ und „TerraX“ steckt seit Jahren viel Energie in das Thema Klimawandel. Er ist Mitglied des bayerischen Klimarats und gibt in seinen Sendungen regelmäßig Tipps, wie die deutsche Bevölkerung anhand von Maßnahmen wie erneuerbaren Energien und mehr Effizienz selbst handeln kann. „Kommunen sollten sich besser vernetzen, den Nahverkehr stärken und Nachbarn können Genossenschaften bilden, um die Energie ihrer Solarzellen auf dem Dach zu teilen“, sagt Lesch.

Ob die deutschen Maßnahmen nicht hinfällig seien, wenn China und Indien in einigen Jahren ihren CO2-Austoß vervielfacht haben, fragt ein Zuschauer in der Diskussionsrunde. „Deutschland ist im weltweiten Vergleich ganz vorne mit dabei, in Sachen Umweltverschmutzung. Wir sollten nicht den moralischen Zeigefinger heben, sondern müssen Vorbild sein. Wenn wir handeln und neue Technologien entwickeln, können wir auch die Schwellenländer motivieren, uns zu folgen“, sagt Lesch.

Am Ende seiner Präsentation belohnt das Publikum nicht nur die 90 Minuten Vortrag, sondern vor allem seinen jahrelangen Einsatz für eine umweltbewusste Gesellschaft mit minutenlangem Applaus und Standing Ovations.

Lesch verbeugt sich lächelnd und geht noch kurz auf seine Motivation ein, jahrelang gegen Windmühlen zu kämpfen. „Die Leute fragen mich, ob ich irre sei, jeden Tag wie Sisyphos die gleiche Kugel den Berg hochzurollen. Doch wer oben am Berg ankommt, hat die schönste Aussicht. Der Einsatz für die Umwelt ist der befriedigendste Teil meiner wissenschaftlichen Arbeit. Ich rolle gerne die Kugel jeden Tag wieder hoch“, sagt Lesch.

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