Dirigent im Morlock-Stadion: "Franken können und wollen singen"

19.12.2019, 12:18 Uhr
Dirigent im Morlock-Stadion:

© Stefan Hippel

Gerald Fink ist Bundeschorleiter des Fränkischen Sängerbundes. Der 50-jährige Kantor der evangelischen Kirche in Herzogenaurach hat auch überregionale Bekanntheit als Komponist und Organist. Seit 2016 ist Fink künstlerischer Leiter des Chorzentrums Franken, das im alten Prälatenbau des Klosters Weißenohe entstehen soll.

Herr Fink, hoffen Sie auf noch mehr Besucher als im vergangenen Jahr?

Gerald Fink: Ich glaube es sogar, weil die Premiere so eine positive Resonanz in allen Medien gehabt hat.


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Muss man gut singen können, um im Max-Morlock-Stadion bestehen zu können?

Fink: Nein, man muss nicht schon ein Chormitglied sein. Jeder soll kommen, ob Jung oder Alt, erfahren oder nicht erfahren. Jeder bekommt im Eintrittspreis inbegriffen ein Heft, in dem alle Strophen drinstehen. Wer unsicher ist, kann ja erstmal zuhören und dann bei der zweiten oder dritten Strophe mitsingen.

Warum funktionieren Weihnachtslieder sogar in einem Sportstadion?

Fink: Zunächst: Franken können singen und wollen singen. Und obwohl es letztes Jahr stark geregnet hat, war es trotzdem toll. Viele Familien waren gekommen, Omas haben mit ihren Enkeln gesungen. Zum anderen: Zwar wollen die Menschen den ganzen Glitter in der Vorweihnachtszeit, aber hier geht es, trotz des großen Stadions, doch auch um etwas anderes. Es rührt die Menschen an, sich einfach so, nur zum Singen, zu begegnen. Eine solche Gemeinschaft schafft kein anderes Medium.

"Letztes Jahr war ich schon ziemlich aufgeregt"

Dirigent im Morlock-Stadion:

© Foto: André De Geare

Aber wie kann es funktionieren, ein ganzes Stadion zu dirigieren? Die Entfernungen sind groß.

Fink: Letztes Jahr war ich schon ziemlich aufgeregt. Ich habe Wert darauf gelegt, dass wir ganz ohne Begleitung singen, das heißt, dass man sich nicht hinter einer lauten Karaoke-CD oder so etwas verstecken kann. Sondern dass du die Stimmen deiner Nachbarn hörst, aber der Nachbar natürlich auch deine Stimme. Das ist anfangs für manche vielleicht mit einer gewissen Scham verbunden. Insofern war mir nicht ganz klar, ob es gelingt, dass dieses Stadionrund schön und gleichmäßig miteinander singt. Das Erhebende für mich war, dass es tatsächlich ein vollkommener Einklang war.


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Hatten Sie Befürchtungen, dass es wegen der Schall-Entfernungen zu Missklängen kommen könnte?

Fink: Ja schon. Aber es hat sich als unbegründet herausgestellt.

Wie haben Sie es erreicht, dass der Einsatz in den verschiedenen Blöcken immer gestimmt hat.

Fink: Wir hatten Chöre aus allen 13 Sängerkreisen des Fränkischen Sängerbundes in bestimmte Blöcke eingeteilt. Die sind gekommen aus ganz Franken, etwa aus Coburg und Würzburg. So wusste ich, dass überall Sänger sind, die mich aus der Ferne sehen, und die wissen, was zu tun ist.

Und dann ist da ja noch der große "Ansingechor" in Block 7, wo auch Sie stehen.

Fink: Genau. Wir werden das so machen wie letztes Jahr. Der Ansingechor mit rund 200 Sängerinnen und Sängern aus Nürnberg wird zunächst relativ laut über die Lautsprecher zu hören sein. Sobald aber die Menschen im Stadion mitsingen, wird der Chor herunter geregelt, damit er keine Dominanz hat. Das hatte letztes Jahr schon hervorragend geklappt. Die Maßgabe war, wenn es kritisch wird, wird der Lautstärkepegel des Ansingechors angehoben, damit es wieder zusammenkommt. Aber das war schon nach dem zweiten oder dritten Lied überhaupt nicht mehr notwendig.

Wie kam es überhaupt zu dieser doch sehr wagemutigen Aktion?

Fink: Im Stadion von Union Berlin gibt es ja so etwas schon länger. Vergangenes Jahr hat Bürgermeister Christian Vogel nun Günther Schubert, den Vizepräsidenten des Fränkischen Sängerbundes, angesprochen, ob wir so ein Singen, veranstaltet von der Betreibergesellschaft des Max-Morlock-Stadions, musikalisch unterstützen würden. Ich habe das dann als Chorleiter des Fränkischen Sängerbundes in die Hand nehmen dürfen und etwa 200 Nürnberger Sängerinnen und Sänger eingeladen, den Hauptchor zu bilden.

Ferdinand Schwartz als besonderer Gast 

Verraten Sie uns schon etwas über das Programm beim Adventssingen?

Fink: Zusammen mit dem Publikum singen wir ausschließlich einstimmige Lieder. Zusätzlich gibt es vom großen Ansingechor drei schöne mehrstimmige Lieder in vierstimmigem Satz. Es sind auch wieder die Nürnberger Barockbläser dabei, die zu Beginn eine Fanfare spielen. Es sind mit ganz wenigen Ausnahmen Lieder auf Deutsch: Es sind die ganz klassischen Lieder von "Alle Jahre wieder" bis "Lasst uns froh und munter sein", also die eher kindgemäßen Lieder, aber auch inhaltlich anspruchsvollere Lieder wie "Herbei, oh Ihr Gläubigen" oder "Zu Bethlehem geboren". So sehr viele wirklich bekannte Weihnachtslieder gibt es übrigens gar nicht, wenn man rund 20 Lieder im Programm haben will.

Das Singen wird eine besondere Freude sein...

Fink: ... hoffentlich für das Nürnberger Christkind, das auch dabei sein wird. Benigna Munsi hat heuer ja schon viel Aufmerksamkeit bekommen. Außerdem liest ein Kind die Weihnachtsgeschichte. Das Adventssingen ist kein Gottesdienst, aber natürlich sind Advent und Weihnachten ein christliches Thema, und deswegen werden auch der evangelische Stadtdekan Jürgen Körnlein und sein katholischer Amtsbruder Hubertus Förster dabei sein. Als besonderer Gast wird Ferdinand Schwartz begrüßt. Der junge Musiker ist insbesondere durch ein Youtube-Video von seinem spontanen Auftritt mit Coldplay im Münchener Olympiastadion bekannt geworden. Außerdem singt zusätzlich ein Kinderchor. Es wird also sehr abwechslungsreich.

Dürfen wir das letzte Lied des Adventssingens verraten?

Fink: Na gut. Es ist wie immer "Stille Nacht, heilige Nacht"

Der Eintritt zum Adventssingen kostet 5 Euro. Für jedes verkaufte Ticket wird 1 Euro an "MUBIKIN – Musik für ein starkes Leben" gespendet. In dem Programm unterrichten ausgebildete Musikpädagoginnen der Musikschule Nürnberg im Tandem mit den Erzieherinnen und Lehrkräften in Kita und Schule. Einlass ins Stadion ist um 16.30 Uhr, Beginn ist um 18 Uhr. Enthalten im Ticket ist Kerze, Programmheft und die Anreise mit dem VGN (Zone 100 und 200).

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