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Felix Löwe ist der "Glöckner von Herzogenaurach"

10.8.2021, 14:28 Uhr
"Glocken sind Instrumente": Felix Löwe neben der großen Glocke von 1425 in der Magdalenakirche in Herzogenaurach. Darüber hängt die Sturm- und Feuerglocke von 1681 sowie die Magdalena- und die Georgsglocke von 1949.

© Matthias Kronau, NN "Glocken sind Instrumente": Felix Löwe neben der großen Glocke von 1425 in der Magdalenakirche in Herzogenaurach. Darüber hängt die Sturm- und Feuerglocke von 1681 sowie die Magdalena- und die Georgsglocke von 1949.

Der Aufstieg ist schwer, zumindest sehr eng. Wer hinauf will zu den Glocken von St. Magdalena, muss eine alte, steile Holztreppe hochkraxeln, einige Passagen sind mehr Kletterei als Treppensteigerei. Doch Felix Löwe ist gerne hier oben, immer mal wieder zumindest, um die vier Glocken im Turm anzuschauen und zu pflegen. Er stellt sich neben die große Glocke von 1425. "Das macht mich schon ehrfürchtig, zu überlegen, wie viele Leute aus verschiedenen Zeiten diese Glocke schon gehört haben."

Felix Löwe ist Hobby-Kampanologe, also Glockenkundler. "Keiner weiß, woher ich dieses Hobby habe", sagt der 20-Jährige. "Meine Oma hat immer gesagt: Jeder hat 'an anderen Klopfer." Aber Löwe hat eine Vermutung, warum er sich "schon für Glocken interessiert hat, als ich drei oder vier Jahre alt war".

Sein Vater war Bauleiter beim Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche, und es ist wahrscheinlich, dass Kirchenarchitektur und damit auch die Glocken immer wieder Thema in der Familie waren. 2003 wurden die sieben Glocken der Frauenkirche geweiht. Vielleicht brachte dies in dem kleinen Felix etwas zum Klingen.

Auf alle Fälle: Für die Mutter war es irgendwann nicht mehr ganz einfach, den kleinen Sohn an einer Kirche vorbeizubringen. Denn klar war: Es musste gewartet werden, bis der Glockenschlag ertönte. "Wenn es Viertel vor 12 Uhr war, musste halt 15 Minuten gewartet werden", schmunzelt Felix Löwe, der in Ottendorf-Okrilla bei Dresden aufgewachsen ist.

Schon bald, nachdem er in die Schule kam, begann er, systematisch die Glockenklänge von Kirchen aufzunehmen. "Glocken sind sakrale Instrumente", betont Löwe, "sie tragen die christliche Botschaft hinaus". Zusammen mit der Geschichte, die alte Glocken erzählen, sind die tonnenschweren Instrumente für Löwe faszinierende Objekte. Mittlerweile hat sich viel Wissen angesammelt, Felix Löwe drückt das so aus: "Ich würde mich als jemanden bezeichnen, der ein bisschen Ahnung von Glocken hat."

Das weiß man inzwischen in der Stadt. Mittlerweile betreut Felix Löwe, der erst vor einem Jahr nach Herzogenaurach gezogen ist und eine Lehre als Verwaltungsfachangestellter bei der Stadt absolviert, die Einstellungen aller Kirchenglocken, von den katholischen in St. Magdalena, St. Otto und St. Josef bis zu denen in der evangelischen Kirche. "Man hat mich schon den Glöckner von Herzogenaurach genannt", lacht Felix Löwe, und ja, das dürfe auch so geschrieben werden.

Der Glockenkundler nimmt seit geraumer Zeit auch am Projekt "creative sound scape" teil, bei der eine Glockendatenbank entsteht, so dass Infos und Klänge zu möglichst allen Kirchenglocken abgerufen werden können. Felix Löwe sammelt, ausgerüstet mit einem Aufnahmegerät, die Glockenklänge der mittelfränkischen Kirchen. Auch auf seinem youtube-Kanal "Bennoglocke" sind viele Glocken zu hören, zusammen mit detailreichen Informationen und Fotos der Glocken und der dazugehörigen Kirche. Wobei sich Felix Löwe keineswegs nur auf Mittelfranken beschränkt. Natürlich ist der Kampanologe in ganz Deutschland und auch im Ausland unterwegs.

Andere sammeln als train- oder planespotter Fotos von Zügen oder Flugzeugen, Felix Löwe fängt Glockenklänge ein. Nur ein skurriles Hobby? "Eine Frau aus Herzogenaurach, die seit vielen Jahren in den USA wohnt, hat mir geschrieben, wie sehr sie sich gefreut hat, die Glockenklänge aus der Heimat zu hören", erzählt Felix Löwe. "Seitdem weiß ich endgültig, dass ich das Richtige mache."

TIPP: Natürlich hält sich Felix Löwe nicht nur in Kirchtürmen auf. Seit einem Jahr wohnt er in Herzogenaurach ("Ich fühle mich sehr wohl hier"), und er hat das Freibad für sich entdeckt. Klein und fein ist es, "und die Fachwerkarchitektur hat was". Das Höchstadter Freibad sei natürlich etwas größer, unter anderem mit 50-Meter-Becken und Wellenbecken, aber das sei dann doch ein Stück weit zu fahren. Auch das Hallen-Freizeitbad Atlantis würde er gerne nutzen, "aber das hat ja derzeit wegen Corona geschlossen". Vielleicht erklingen am Atlantis dereinst Begrüßungsglocken, wenn wieder geöffnet wird.

Das Herzogenauracher Freibad.

Das Herzogenauracher Freibad. © EDUARD WEIGERT

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