Herzogenaurach: Haarscharf am Gefängnis vorbei

25.12.2019, 13:57 Uhr
Herzogenaurach: Haarscharf am Gefängnis vorbei

© Ulrich Schuster

Das ist während der gesamten Verhandlung alles andere als klar. Denn das Gericht ist davon überzeugt, dass der 38-jährige Angeklagte aus Heilbronn, der sich zurzeit in U-Haft befindet, seinen Lebensunterhalt zeitweise durch Trickdiebstähle finanziert hat. 38 Fälle prüfte die Staatsanwaltschaft, doch nur drei Fälle schafften es letztlich in die Anklage. Gemeinsam mit einem Kumpel soll der 38-Jährige den sogannten Wechselgeldtrick angewandt haben. In einem Fall hat der Komplize vor einer Arztpraxis in Erlangen einen Mann angesprochen und darum gebeten, ihm eine Ein-Euro-Münze zu wechseln. Als der Mann hilfsbereit seine Geldbörse zückte, hielt der Komplize einen Stadtplan über dessen Hände und klaute unbemerkt 160 Euro aus dem Geldbeutel.

Im zweiten Fall bat der Komplize eine 73-Jährige auf dem Rewe-Parkplatz in Herzogenaurach darum, ihm eine Zwei-Euro-Münze zu wechseln. Als die Frau ihren Geldbeutel öffnete, griff der Komplize kurz rein, die 73-Jährige verbat sich das aber sofort. Dennoch hatte dies gereicht, um die EC-Karte zu entwenden. Die PIN-Nummer hatte der Komplize zuvor im Rewe-Markt ausgespäht, als die Herzogenauracherin an der Kasse mit ihrer EC-Karte bezahlt und dazu ihre PIN-Nummer eingetippt hatte. Mit der Karte und den ausgespähten Daten schickte der Komplize den Angeklagten dann los, um an einem Geldautomaten in Neustadt/Aisch 1000 Euro abzuheben.

Der Angeklagte fungierte in beiden Trickdiebstahls-Fällen nur als Fahrer, das betont seine Verteidigerin mehrfach. Eine Mittäterschaft liegt dennoch vor. Denn der Angeklagte hat gewusst, was sich abspielt. Außerdem wurde auch die Beute jeweils geteilt. Das gibt der Angeklagte vor Gericht auch zu. Unklar bleibt, warum die beiden Komplizen von Heilbronn nach Erlangen bzw. Herzogenaurach gefahren sind. Laut dem Angeklagten hätten sie eigentlich nur nach Autos schauen wollen, um damit zu handeln. Konkrete Tatpläne habe es nicht gegeben.

"Ich glaube Ihnen kein Wort", sagt indessen Richterin Griem. Sie meint, die beiden seien gezielt unterwegs gewesen, "um Leute zu beklauen". Wo sein Komplize, gegen den gesondert ermittelt wird, abgeblieben sei, will Griem mehrfach wissen. Der Angeklagte behauptet jedoch, keine Ahnung zu haben. Das bedauert Griem, denn "das wäre vor Gericht hilfreich gewesen". Abschließend überlegt die Richterin noch, ob es gut sei, den Angeklagten "wieder auf die Bevölkerung loszulassen".

Solche Gedanken macht sich auch der Staatsanwalt, bringt eine einschlägige Vorstrafe und ein aktuelles Urteil des Amtsgerichtes Erlangen wegen Diebstahls aufs Tapet und betont auch die "gängige Masche" des Trickdiebstahls, bei dem bewusst schwache Opfer ausgesucht würden. Er beantragt eine einjährige Freiheitsstrafe ohne Bewährung.

Die Verteidigerin dagegen verweist auf das "vollumfängliche Geständnis" und dass ihr Mandant durch die U-Haft einen nachhaltigen Hafteindruck gewonnen habe. Es tue ihrem Mandanten leid und er schäme sich. Mit dem Urteil kann der 38-Jährige nun an Weihnachten zu seiner Familie zurückkehren. Neben der Bewährungsstrafe muss er noch 500 Euro zahlen und 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

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