Interessantes Geschäft kann nicht öffnen

Herzogenaurach: Neuer Brautmodenladen scheitert an Bebauungsplan

21.8.2021, 12:25 Uhr
Herzogenaurach: Neuer Brautmodenladen scheitert an Bebauungsplan

© Linda Carina Grandpair, NN

Seit Jahrzenten verfolgt der Stadtrat mit wechselnder Besetzung und Mehrheiten, jedoch einig in diesem Punkt, das Konzept, die Innenstadt nicht veröden zu lassen. Als ein Bekleidungs-Discounter vor rund 15 Jahren aus der Hauptstraße ins Gewerbegebiet an der Erlanger Straße zog, stellte der Stadtrat 2005 einen Bebauungsplan auf, der Sortimente entsprechend der „Ulmer Liste“ – wie Bekleidung - zur Ansiedlung in der Innenstadt verpflichtet.

Pia-Malou Schichler war gut vorbereitet. Sie hat einen Businessplan, suchte ein geeignetes Objekt, hatte Inventar gekauft. Einige Brautkleider, Sofas, Schränke, Empfangstresen hatte sie aus einem Vorgänger-Brautmodengeschäft übernommen, suchte eigentlich nur noch nach der passenden Miet-Immobilie. 180 000 Euro nahm sie als Kredit auf.

Sabine Schichler (l.), die Mutter der Geschäftsgründerin und Pia-Malou Schichler (r.) schilderten die Hürden, denen sie sich unversehens gegenüber sahen. 

Sabine Schichler (l.), die Mutter der Geschäftsgründerin und Pia-Malou Schichler (r.) schilderten die Hürden, denen sie sich unversehens gegenüber sahen.  © her-brautmoden-20210813-135804_app11_00.jpg, NN

Ein Makler zeigte ihr das Geschäft mit genügend Parkraum für Kunden, die gezielt anfahren, in Herzogenaurach an der Erlanger Straße in der Nähe zweier Tankstellen. Die Unternehmensgründerin und ihre Familie hielten es für perfekt – die rund 300 Quadratmeter Verkaufsraum wären da, die Voraussetzungen erfüllt.

Die Familie begann sogleich, einen neuen Fußboden zu legen und die großen Schaufenster mit UV-Schutzfolien zu bedecken, damit die ausgestellten Kleider nicht ausbleichen. Pia-Malou Schichler kündigte ihren Job in Hamburg, plante ihren Umzug nach Herzogenaurach.

Das ehemalige Puma-Outlet, später Matratzen Concord, an der Erlanger Straße in Herzogenaurach. Ein Bebauungsplan vom 2005 schreibt vor, dass innenstadtrelevantes Sortiment ab der Bebauungsgrenze nicht ansiedeln darf. Der Brautmoden-Laden konnte daher an dieser Stelle nicht eröffnen. 

Das ehemalige Puma-Outlet, später Matratzen Concord, an der Erlanger Straße in Herzogenaurach. Ein Bebauungsplan vom 2005 schreibt vor, dass innenstadtrelevantes Sortiment ab der Bebauungsgrenze nicht ansiedeln darf. Der Brautmoden-Laden konnte daher an dieser Stelle nicht eröffnen.  © Edith Kern-Miereisz, NN

Am 5. Juli 2021, wenige Wochen vor geplanter Eröffnung des Brautmoden-Geschäfts, erhielt sie einen Anruf des Bauamts Herzogenaurach. Ihr wurde auseinandergesetzt, dass sie in dieser Immobilie ihr Brautmodengeschäft nicht eröffnen dürfe. Die Begründung bezog sich auf den Bebauungsplan von 2005 und das „zentrumrelevante Sortiment".

Nach dem ersten Schock konsultierte die junge Existenzgründerin Anwälte und die Industrie- und Handelskammer, die ihr jedoch wenig Hoffnung machten. Sicherlich wolle sie keinen jahrelangen Rechtsstreit beginnen, hieß es.

Auch Herzogenaurachs Bürgermeister German Hacker verwies auf den Bebauungsplan, von dem keine Abweichung möglich sei. Auch sei es nicht Aufgabe des Gewerbemeldeamts zu kontrollieren, ob ein Geschäft den Bedingungen entspricht. Den NN gegenüber zog er den Vergleich mit Baugesuchen im Außenbereich, jenseits der Bebauungsgrenze. Auch im Fall des Praktiker-Gebäudes habe die Stadt im Übrigen verschiedene Nutzungsideen untersagen müssen.

Ebenfalls an Altbürgermeister Hans Lang, der den Bebauungsplan damals unterschrieben hatte, wandte sich Pia-Malou Schichler, allerdings, trotz seines Einsatzes, ebenso vergeblich.

„Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, das ist richtig“, räumt sie selbstkritisch ein, sieht jedoch schon einen gewissen Widerspruch mit dem Bekleidungsdiscounter gegenüber.

Auch die Versuche des Amts für Stadtmarketing, zusammen mit der jungen Unternehmerin, adäquate Räume innenstadtnah zu finden, waren nicht von Erfolg gekrönt. Die vorgeschlagenen Objekte hatten maximal 170 Quadratmeter – zu klein für die Zwecke des Brautmodenladens. Im Hinblick auf ihre Klientel, die via Internet aufmerksam wird und auch von weiter her anfährt, seien auch geschäftsnahe Parkplätze unverzichtbar, argumentiert die junge Unternehmensgründerin. Immerhin entließ der Vermieter sie aus dem Vertrag, kann sie aufatmen.

Durch Kontakte tat sich für die junge Unternehmerin nun kurzfristig eine Alternative auf: Rund zehn Kilometer von Herzogenaurach entfernt, an der Nürnberger Straße 49 in Langenzenn – sie selbst stammt gebürtig aus dem Landkreis Fürth – konnte sie ein passendes Objekt mieten, Parkplätze unbegrenzt.

Eine Auswahl der Brautkleider-Kollektion, die die Geschäftsgründerin bereits gekauft hatte. 

Eine Auswahl der Brautkleider-Kollektion, die die Geschäftsgründerin bereits gekauft hatte.  © Linda Carina Grandpair, NN

Ihre 300 Brautkleider, Schleier, Gürtel, Pullis, Oberteile, Unterwäsche, Taschen finden nun doch zeitnah einen Platz. Die Zusammenarbeit mit der Schneiderin Kathrin Gebhard aus Herzogenaurach kann weitergehen – die „Arbeit an ihrem Traum“, wie es Pia-Malou Schichler nennt. Perspektivisch will sie auch Schnittdirektricen anstellen.

Denn ob im Farbton Ivory, in leichtem Puderton, im Boho-Stil oder doch Prinzessin – Paare wollen heiraten, Frauen träumen von „ihrem Kleid des Lebens“, zumal mit Corona nicht klar sei, was noch kommt.

„Ich bin noch ganz gut rausgekommen“, zieht sie nun Bilanz, „doch im ersten Moment brach eine Welt zusammen. Mein Geschäft war auf Herzogenaurach mit den internationalen Bürgern zugeschnitten, ist ja eine tolle Stadt.“

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