Drei Angeklagte vor Gericht

Polizisten in Herzogenauracher Obdachlosenunterkunft attackiert

2.7.2021, 12:25 Uhr
Drei Angeklagte mussten sich vor dem Erlanger Amtsgericht verantworten.

© Ulrich Schuster Drei Angeklagte mussten sich vor dem Erlanger Amtsgericht verantworten.

Die Liste der Vorwürfe gegen die Angeklagten ist lang: gefährliche Körperverletzung, tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung, versuchte Gefangenenbefreiung. Es war also ganz schön was los im April des vergangenen Jahres. Vor dem Polizeieinsatz hatte sich in einer Obdachlosenunterkunft in Herzogenaurach am Abend ein Streit entzündet. Ein Bewohner monierte, dass sein Zimmerkollege Besuch von zwei Freundinnen und einem Freund hatte - und das trotz der damals geltenden Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen. Dafür kassierte der Bewohner vom Zimmerkollegen zwei Faustschläge ins Gesicht.

Der Geschlagene alarmierte den Hausmeister, der rief die Polizei. Weil sich der Schläger weigerte, seine Personalien zu nennen, wollte ihn ein Polizist nach Ausweispapieren durchsuchen. Jedoch verhielt sich der Schläger aggressiv und wehrte sich gegen die polizeilichen Maßnahmen, indem er um sich trat und schlug und sogar zu beißen versuchte. Er sitzt an diesem Tag nicht auf der Anklagebank, sein Fall wurde gesondert behandelt.

Situation eskalierte

Die drei Angeklagten allerdings mischten sich zu diesem Zeitpunkt ein. Eine heute 19-jährige Weisendorferin wollte ihrem damaligen Freund zu Hilfe kommen und attackierte den Polizisten, der diesen festhielt. Die beiden anderen Angeklagten, eine 16-jährige Herzogenauracherin und ein 30-Jähriger gingen ebenfalls auf die Polizeibeamten los. Weil die Situation so eskalierte, forderten die drei Polizisten Verstärkung an. Vier weitere Polizeibeamte rückten an.

Einer von ihnen wurde sofort, als er die Wohnung betrat, von der 16-Jährigen und dem 30-Jährigen unvermittelt und wechselseitig mehrmals mit den Fäusten ins Gesicht geschlagen. Als seine Kollegen ihm zu Hilfe kamen, gelang es ihnen mit vereinten Kräften, die beiden Randalierer zu Boden zu bringen und zu fixieren - nicht ohne dass die beiden sich massiv wehrten. Während des ganzen Geschehens beleidigten alle Beteiligten die Einsatzkräfte zudem aufs Übelste.

Schläger entschuldigen sich

Der attackierte Polizist erlitt durch die Faustschläge eine leichte Gehirnerschütterung mit Schwindel, eine Schwellung am Auge sowie Schmerzen. Dienstunfähig war er aber nach eigener Aussage nicht, die Beschwerden hielten etwa einen Tag lang an. Vor Gericht entschuldigen sich die beiden Schläger bei dem Polizisten.

Dass sich alles so zugetragen hat, gestehen die drei Angeklagten vor Gericht. Dieses vollumfängliche Geständnis, das eine umfangreiche Beweisaufnahme erspart, rechnet Richterin Simona Hemmelmann ihnen auch hoch an. Die 16-Jährige lässt verlauten, dass sie es sehr bedauere, sich so verhalten zu haben. Ihr Verteidiger schiebt es auf die "Gruppendynamik", sie sei ein bisschen angetrunken gewesen und habe sich verleiten lassen mitzumachen. Auch die 19-Jährige gibt zu: "Das war dumm von mir." Sie habe nur ihrem Freund helfen wollen, die Emotionen seien mit ihr durchgegangen. Wenngleich sie laut ihrem Verteidiger bei dem Tumult ja ohnehin nur "eine Randfigur" gewesen sei. Und der 30-Jährige bringt als Entschuldigung noch vor, er sei nach zwei Flaschen Wodka erheblich alkoholisiert gewesen und könne sich nicht mehr an alles erinnern.

Einschlägige Vorstrafen

Dennoch wiegen die Vorwürfe insgesamt schwer. Bei dem 30-Jährigen, der sich wegen eines anderen Deliktes bereits in Haft befindet, spricht außerdem das Bundeszentralregister eine deutliche Sprache. Zehn teils einschlägige Vorstrafen verlängern seinen Gefängnisaufenthalt nun um ein Jahr und vier Monate.

Die 19-Jährige verurteilt das Schöffengericht zu einer Jugendstrafe von einem Jahr auf Bewährung, weil sie schon vier Einträge im Erziehungsregister und bereits einmal zwei Wochen Dauerarrest abgesessen hat. "Nun liegt es an Ihnen, wieder auf den richtigen Weg zu kommen", mahnt Richterin Hemmelmann. Zusätzlich muss die 19-Jährige mit Bewerbungen nachweisen, dass sie sich um einen Ausbildungsplatz bemüht, sich von Alkohol und Drogen fernhalten sowie 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

Bei der 16-Jährigen mit erst zwei Einträgen im Erziehungsregister will das Gericht noch keine "schädlichen Neigungen" unterstellen. Zwei Wochen Dauerarrest halten Hemmelmann und die Schöffen für ausreichend als "Schuss vor den Bug". Dazu kommen ebenfalls 100 Stunden gemeinnützige Arbeit und drei verpflichtende Drogenberatungsgespräche.