Stadt will vermieten

Seelhaus in Herzogenaurach mit neuer Seele

4.6.2020, 17:08 Uhr
Die Vorfreude steigt: Oliver Reiß, Bürgermeister German Hacker, Dirk Raffegerst und Albert Geinzer vom Bauamt im Zimmer mit der Bohlen-Balken-Decke.

Die Vorfreude steigt: Oliver Reiß, Bürgermeister German Hacker, Dirk Raffegerst und Albert Geinzer vom Bauamt im Zimmer mit der Bohlen-Balken-Decke.

Bei einer Begehung des Seelhauses mit den Architekten Oliver Reiß, Nürnberg, und Dirk Raffegerst, Scheßlitz, zeigte sich erneut, dass es sich bei der Sanierung des Doppelhauses um ein schwieriges, aber lohnenswertes Unterfangen gehandelt hat.

Das gotische Fachwerkhaus von insgesamt zehn mal 13,25 Metern ist über die Jahrhunderte immer wieder baulich verändert worden, sodass immer wieder zu entscheiden war, was in welche Zeit gehört und was sinnvollerweise erhalten werden sollte. "Wir sind nicht so vorgegangen, dass nur das älteste erhalten bleiben soll", so Oliver Reiß. Vielmehr seien alle vier Bauphasen (1457/58, 18., 19. und 20. Jahrhundert) gleichermaßen beachtet worden.

Die künftigen Mieter werden in Wohnungen wohnen, die jede für sich einen eigenen Charme hat. Moderne Ausstattung mit Einbindung in die erhaltenswerte Substanz. In einem Zimmer ist das besonders deutlich zu sehen.

Eine Bohlen-Balken-Decke wurde überarbeitet, die im 18. Jahrhundert als Zwischendecke eingezogen wurde. Es schließt sich eine Nische an, in der eine moderne Küche eingebaut wird.

Schönes Wohnambiente auf jeweils knapp 90 Quadratmetern also, allerdings drumherum kein Garten und auch kein Stellplatz. Wer hier einmal einziehen wird, ist noch nicht klar. Die Stadtverwaltung könnte sich auch vorstellen, ein spezielles Mietmodell für immer wieder wechselnde Bewohner zu unterstützen, etwa Referendare. Aber, so war zu hören, entschieden ist da noch nichts. Auch die Mietpreise stehen noch nicht fest.

Leider, so die Bauverwaltung, sind nur wenige Archivalien zum Seel- und Siechhaus vorhanden. In den letzten Jahren wurden aber einige denkmalpflegerische Voruntersuchungen durchgeführt. Das verformungsgerechte Aufmaß entstand 1995/96, im Jahr 2005 wurde eine restauratorische Befunduntersuchung erstellt. 2007 folgte ein Tragwerkgutachten und Dämmkonzept.

Aufgrund des Baualtersplans der Befunduntersuchung konnten wesentliche Rückschlüsse auf Bauzeit und Umbauphasen gezogen werden. So entstand das Fachwerkhaus 1457/58 zunächst als Wohnhaus. Das Datum konnte durch eine dendrochronologische Untersuchung einzelner Dachsparren festgelegt werden.

Vermutlich erst in späterer Zeit wurde es zum Seelhaus als Sozialstiftung zur Pflege armer und kranker Bürger. Dies geschah in Zusammenhang mit der Gründung der Sebastiansbruderschaft auf Initiative des Ortspfarrers im Jahr 1496.

Der Nordgiebel wurde im 18. Jahrhundert erneuert, im 19. Jahrhundert einige Erdgeschosswände. Das 20. Jahrhundert brachte dann noch diverse kleinere Umbauten und Vormauerungen.

Die aktuelle Sanierung bringt das lange Jahre stiefmütterlich behandelte Gebäude wieder auf Vordermann. Dass eine nachhaltige Sanierung nicht zum Spottpreis zu haben sein würde, war allen klar. Auch, dass mit Mieteinnahmen die Investition nicht zu refinanzieren ist. Für die Stadt und den Stadtrat geht es neben der reinen Nutzung als Mietobjekt darum, einem architektonischen Schmuckstück im denkmalgeschützten Ensemblebereich um die Pfarrkirche zu neuem Glanz und Leben zu verhelfen.

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